«Chuenägele» mit «visch&fogel»

13.11.2023 | Sepp Zurmühle
Theater_Chuenägle (35)

Sepp Zurmühle

Pro Senectute AR und drei kantonale Spitex-Organisationen haben zusammen mit «visch&fogel» eine musikalische Theaterproduktion mit grossem Tiefsinn und spitzem Humor auf drei Ausserrhoder Bühnen gebracht. Sehr zum Gefallen der hunderten Besucherinnen und Besucher in unserem Kanton.

Nach Aufführungen in Wolfhalden und Herisau begrüssen Sabrina Steiger, Geschäftsleiterin Pro Senectute Appenzell Ausserrhoden und Roman John, Geschäftsführer Spitex Rotbachtal, das Publikum im sehr gute besetzten Lindensaal an diesem Samstag, 11. November, um 14 Uhr.

Für alle …

Mit den drei Theateraufführungen danken die vier kantonalen Sozialen Organisation ihren Mitarbeitenden, den Freiwilligen, den Spenderinnen und Spendern, aber auch der Klientel und den Gemeinden für die grosse Unterstützung und gute Zusammenarbeit. Gleichzeitig nutzen sie die Gelegenheit das breite Angebot von Spitex und Pro Senectute einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen.

Nebst den geladenen Gästen aus den eigenen Reihen waren alle Ausserrhoderinnen und Ausserrhoder herzlich eingeladen. Sabrina Steiger von Pro Senectute hat dieses Theaterstück nach Ausserrhoden geholt und die Spitex-Organisationen haben spontan und gerne mitgemacht. «Nur so war es möglich bei uns drei Theateraufführungen zu realisieren.» Die Gastgeber-Organisationen haben bewusst keinen Eintrittspreis definiert, sondern auf eine freiwillige Kollekte gesetzt: «Uns allen ist es wichtig, ein grosses Dankeschön an alle auszudrücken. Und wir freuen uns, Themen aus unserem Alltag in einer künstlerischen Form, auf tiefgründige und humorvolle Weise den Menschen näher zu bringen.»

Roman John dankt seinerseits Pro Senectute und allen drei Spitex-Organisationen für die «stets hervorragende Zusammenarbeit und die kurzen, unkomplizierten Wege – welche speziell für den älteren Menschen – das A und O im Alltag bedeuten».

Mehr als musikalisches Theater

Frau Schneebeli (Vreni Achermann) sitzt wartend auf ihrem Rollator in ihrer Wohnung. Sie zupft Schneeflocken aus ihrem Federkissen und «schneit» vor sich hin. Die Atmosphäre wirkt stumpf, kühl und traurig.

Eine Nickne*erlein-Statue, ein altes Foto von Pater Josef und ein Revolver erinnern sie an ihre Vergangenheit. Und an die früheren Zeiten, als sie noch gebraucht wurde und aktiv als Verkäuferin in der Metzgerei ihres Vaters arbeitete. Sie, die heute «alte Schachtel», wie sie sagt, «hat keine Aufgabe mehr».

So wartet sie – wie jeden Morgen – auf Frau Fröhlich von der Spitex. Zum grossen Schrecken von Frau Schneebeli klopft stattdessen ein dunkelhäutiger Mann an die Türe, weil Frau Fröhlich wegen eines Burnouts ausfällt. In gebrochenem Deutsch: «Ich heisse Sadio Cisshoko und bin die Stellvertretung von Frau Fröhlich. Haben Sie noch nie einen schwarzen Schneemann gesehen? Ein Vulkan hat mich ausgespuckt. Hier bin ich und pflege Sie. Salam aleikum!“

Nach anfänglicher Angst und Skepsis zeigt sich nach und nach, dass «Schiisocke», wie ihn Frau Schneebeli anspricht, ein begnadeter Musiker ist, der ein wunderschönes Instrument spielt.

Musik ist besser

Frau Schneebeli, oder eben «Schneeflocke», beginnt sich mit den wärmenden, sanften Tönen einer fernen Kultur langsam für das Neue und Fremde zu interessieren, das sie anfänglich beinahe zu Tode erschreckt hat. Sie beginnt gar auf Senegalesisch zu parlieren und unterhält sich freudig mit «Schwarzlocke». So finden Schneeflocke und Schwarzlocke schrittweise ihre gemeinsame Sprache, nämlich die des Herzens und der Musik.

«13 Minuten Musik hilft mir mehr als Tabletten.» Schneeflocke will statt Pillen schlucken lieber Musik hören. Jetzt wünscht sie sich vom Betreuer «etwas Lüpfiges fürs Gemüt» und er solle weiter singen für sie. Doch dies wird nicht von der Krankenkasse bezahlt. Schneeflocke unternimmt alles, um sich diese Therapie verschreiben zu lassen. Bald kommt sie auf die Idee, dass sie sogar ein Konzert in der Kirche mit dem Musiker und Sänger aus Senegal initiieren möchte. Bei der Diskussion, wem der Benefit zufliessen soll, beginnen die Religionen und Kulturen wieder zu trennen. Doch nicht für lange, denn Schneeflocke hat eine Aufgabe gefunden und sprüht vor neuem Leben.

Von der Kälte in die Wärme

Ein Minimum an Bühnenbild und Requisiten stehen im Raum. Umso grösser ist die Bühnenpräsenz der Künstlerin und des Künstlers. «Chuenägele» beschreibt, wie sich zwei Menschen durch Einfühlungsvermögen, gegenseitigem Respekt, einer gewissen «Federleichte», Humor und Musik näher kennen lernen. Das Trennende tritt in den Hintergrund. Ja daraus werden gar neue Kräfte frei und «Schneeflocke» blüht regelrecht auf.

Theaterproduzent Hans Troxler aus Willisau (LU) erklärt den Titel «Chuenägele» als «den Empfindungszustand, den man erlebt, wenn man von eisiger Kälte wieder an die Wärme kommt». Eine Metapher, die den tiefgründigen Inhalt des Stücks auf den Punkt bringt. In diesem Musiktheaterstück werden weitere Themenbereiche, wie beispielsweise Rassismus, Religionen, Überzeugungen, Kolonialismus angesprochen. Sinnbildlich dafür hängt das Kreuz im Raum und «Schneeflocke denkt an die unmögliche Liebe zum Priester Josef zurück. Eine grosse Symbolkraft übt die kleine Satue des Nickne*erleins aus. Wie verkehrt, wirft Schiisocke zu Beginn gar eigenes Geld hinein und lächelt nickend mit dem Kopf… Immer wieder verteidigt auch er seine eigene Kultur und Lebenswelt.

EinzigARTiges Theater

Vreni Achermann hat ein Stück mit Humor und grossem Tiefgang geschrieben und steht selber auf der Bühne. Sadio Cisshoko ist mit seiner – im Saal anwesenden – Frau und den beiden Kindern in der Ortschweiz zuhause. Zusammen sind sie ein einzigartiges Bühnenpaar und bieten brillantes und ergreifendes Musik-Theater. Sie berühren die Herzen des Publikums vom ersten Moment an mit Schauspielkunst, Tanz, Gesang, Musik und feinster Komik sowie humorvollen Wortspielen.

Sadio Cisshoko spielt dabei auf seiner selbst gebauten Kora. Er stammt aus einer senegalesischen Griot-Familie. Das sind afrikanische Geschichtenerzähler, Musiker und Erhalter uralter Traditionen.

«visch&fogel» ist die Verbindung zwischen der Schauspielerin und Theaterautorin Vreni Achermann und dem Produktionsleiter Hans Troxler. Dieser feste Kern mit Sitz in Willisau (LU) schliesst sich je nach Produktion mit andern Kunstschaffenden zusammen und entwickelt künstlerische Projekte.

Das Stück «Chuenägele» wird seit März 2022 aufgeführt: heute in Teufen bereits zum 32. Mal in elf Kantonen. Rund 4000 Personen durften sich bisher vom tiefsinnigen Theaterstück «Chuenägelen» begeistern lassen. Weitere Aufführungen folgen in Brugg, Dagmersellen und Luzern.

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