Die Zukunft heraufbeschwören

19.06.2025 | Timo Züst

Das Schiesssportzentrum Teufen (SSZ) ist 13 Jahre alt. Betrieben wird es von der Genossenschaft SSZ. Diese hielt am Mittwochabend ihre 14. GV ab. Die Vorzeichen für die Versammlung waren eigentlich ganz gut. Mindestens für SSZ-Verhältnisse. Vor knapp einem Jahr hatte man sich mit der Gemeinde Teufen nämlich auf einen Vergleich geeinigt. So konnte ein Gerichtstermin abgewendet und eine Art «Schlussstrich» unter die zähen Verhandlungen gezogen werden. Ein Besuch bei der 14. GV zeigt aber: Das SSZ steht nach wie vor auf wackeligen Beinen.

An den Wänden und von der Decke hängen Andenken und Auszeichnungen. Sie erinnern an vergangene Schiesssportveranstaltungen. Allerdings passt kaum etwas davon zur heutigen Veranstaltung. Weder die Distanzen noch die Waffen stimmen. Hier in der Schützenstube des 300-Meter-Schiessstands stehen Armee-Waffen und Feldschiessen im Vordergrund. Im Nebengebäude, ein halb-unterirdischer Betonschlauch, wird hauptsächlich mit Luftpistolen und -gewehren sowie kleinkalibrigen Waffen geschossen. Zwar sind auch Pistolen mit einem Kaliber von 9 mm im Einsatz – sie werden aber hauptsächlich von Polizistinnen und Polizisten bedient. Die Rede ist vom Schiesssportzentrum Teufen (SSZ). Es wurde im Jahr 2012 eröffnet und dient seither Sportschützen und Polizeikorps als Trainingsstätte. Geführt wird es von einer Genossenschaft, die an diesem Mittwochabend ihre 14. GV abhält. In der erwähnten Schützenstube. Hier stehen gekühlte Getränke und ein Wasserkocher mit Wienerli bereit. Für das traditionelle «Wienerli-Bankett» nach der Versammlung. Zuerst aber der ernste Teil des Abends. Diesen eröffnet Heinz Bolliger, Präsident der Genossenschaftsverwaltung, mit einer Art Kampfansage an die Zukunft. «Seit meiner Zeit als Nationaltrainier weiss ich: Der Wille allein entscheidet. In diesem Sinne machen wir weiter und werden auch Erfolg haben.»

Der Befreiungsschlag

Das SSZ war jahrelang ein beliebtes Thema in der Lokal- und Regionalpresse. Auch die TP hat dazu zahlreiche Artikel veröffentlicht. Und eigentlich war der Inhalt immer in etwa der gleiche: SSZ und Gemeinde Teufen werden sich nicht einig. Zankapfel war die finanzielle Schuld des SSZ gegenüber der Gemeinde (siehe Kasten). Vergangenen Sommer dann der «Befreiungsschlag»: Man hat einen aussergerichtlichen Vergleich unterzeichnet. Dessen Inhalt: Die Parteien haben sich auf eine Darlehensschuld geeinigt (einen Teil davon hatte das SSZ bereits überwiesen), die Amortisation der Restschuld ist klar geregelt und der bestehende Baurechtsvertrag wird angepasst – von den verbleibenden 88 auf 60 Jahre (nun 59).

«Wir sind nach wie vor zufrieden mit dieser Vereinbarung. So haben beide Seiten endlich Klarheit. Und die Genossenschaft kam ihren finanziellen Verpflichtungen bisher auch nach», sagt Gemeinderat Urs Spielmann (Finanzen). Er ist einer der beiden Gäste an der GV in der Schützenstube. Und er muss sich für einmal kaum Kritik anhören. Zwar wünschen sich einige Genossenschafter nach wie vor finanzielle Unterstützung für den SSZ-Betrieb seitens der öffentlichen Hand. Aber man hat auch Verständnis für die schwierige Position der Gemeinde. Mindestens seit dem klaren Volks-Nein zur SSZ-Initiative im November 2019. Ausserdem überwiegt das Wohlwollen über die unterzeichnete Vereinbarung. Beim Genossenschafts-Präsidenten sind auch persönliche Sympathien für den Gast aus dem Gemeinderat auszumachen: «Er ist der erste von der Gemeinde, der sich am Tag der offenen Tür auch wirklich für die Anlage interessiert und beispielsweise nach Lüftung und Technik gefragt hat.» Also alles im grünen Bereich? Nicht wirklich. Denn die Schuld gegenüber der Gemeinde ist nicht das einzige Problem des SSZ.

Die Vorgeschichte

Die Gemeinde Teufen hat mit der Genossenschaft Schiesssportzentrum (SSZ) Teufen im Jahr 2011 einen Baurechtsvertrag über 100 Jahre abgeschlossen und ihr ein grundpfandgesichertes Darlehen gewährt. Der Baurechtsvertrag gibt der Genossenschaft das Recht, die Indoor-Schiessanlage zu betreiben. Die grundsätzliche Situation ist somit klar: Kommt die Genossenschaft SSZ ihren finanziellen Verpflichtungen (Baurechtszins und Darlehensamortisationen) nach, kann sie die Schiessanlage noch fast 90 Jahre lang nutzen. Zu Diskussionen um den Fortbestand des Schiesssportzentrums ist es zwischen der Gemeinde und der Genossenschaft SSZ gekommen, weil letztere ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr vollumfänglich nachkam. Zum Thema SSZ war im November 2019 auch die Bevölkerung befragt worden. Die Genossenschaft hatte eine Volksinitiative lanciert, deren Annahme die Gemeinde ermächtigt hätte, das SSZ mit bis zu 52’000 Franken jährlich zu unterstützen. Die Teufner Stimmbevölkerung erteilte diesem Anliegen am 24. November 2019 aber eine deutliche Absage: mit 1708 zu 475 Stimmen. Im Nachgang hatte die Gemeinde die Genossenschaft SSZ im Jahr 2020 dann schriftlich aufgefordert, bestehende Ausstände zu bezahlen. Ein letztes Mal im Herbst 2020. Weil die Genossenschaft SSZ die Ausstände nicht beglich, sah sich die Gemeinde gezwungen, zu Beginn des Jahres 2021 die Betreibung einzuleiten. Die Genossenschaft SSZ erhob dagegen Rechtsvorschlag. Von Seiten der Gemeinde wurde anschliessend beim Kantonsgericht ein Gesuch auf provisorische Rechtsöffnung eingereicht. Mit dem Unterzeichnen der aussergerichtlichen Vereinbarung im Juli 2024 wurde diese Rechtsstreitigkeit beiseite gelegt.

Betrieb läuft, Altlasten belasten

Während die Genossenschafter in der Schützenstube ihre Abstimmungskarten heben, wird im SSZ nebenan geschossen. Oder eher: Es wird trainiert. Am Dienstag und Mittwoch ist jeweils die «Schiesssportschule Ostschweiz» zu Gast. Sowieso ist es keine Seltenheit, dass hier Betrieb herrscht. «Die laufenden Zahlen fürs 2025 sehen sehr gut aus. Wir haben bisher Umsätze von rund 100’000 Franken generiert – bei Belastungen von rund 50’000 Franken», sagt Finanzchef Heinz Rusch.

Gleichzeitig muss er aber auch zugeben, dass man die Einnahmen aus dem Schiessbetrieb für 2024 noch deutlich zu hoch budgetiert hatte. Statt der angepeilten 85’000 Franken wurden nur 71’598 eingenommen. «Wir haben das Budget für 2025 aber gleich belassen und werden es heuer ziemlich sicher erreichen.» Trotz des gut laufenden Schiessbetriebs steht die Genossenschaft finanziell aber nach wie vor auf wackeligen Beinen. Auch für 2025 rechnet sie – wie 2024 – mit einem negativen Ergebnis. Das liegt vor allem am Schuldenberg, den sie seit Jahren mit sich trägt. Da sind einerseits die Zins- und Amortisationszahlung. Und andererseits die Anteilsscheine und Darlehen der Genossenschafter. Insgesamt «schuldet» das SSZ auch hier über 400’000 Franken. Das sind zwar alles Gläubiger «aus den eigenen Reihen», die ihr Geld vermutlich nicht plötzlich per sofort zurückfordern werden. Aber eine Genossenschafterin erinnert: «Das ist eine tickende Zeitbombe. In einem Erbfall kann so ein Darlehen – wenn es denn nicht sauber geregelt ist – ein echtes Problem werden.»

Und das ist nicht die einzige «Zeitbombe», die das SSZ entschärfen muss. Auch die personelle Situation ist angespannt. Zwar bestätigt die GV an diesem Abend die dreiköpfige Verwaltung noch einmal in ihrem Amt – Präsident Heinz Bolliger, Finanzchef Heinz Rusch, Aktuar Michael Kipperer – eine nachhaltige Lösung ist das aber nicht. «Ich bin in meinem 83. Altersjahr. Ich bin zwar noch fit, aber in diesem Alter muss man einfach immer damit rechnen, dass etwas passiert. In diesem Sinne rufe ich die Kantonalverbände dazu auf, in ihren Reihen nach einer passenden Person zu suchen», sagt Präsident Heinz Bolliger. Er ist, – das wissen hier alle – trotz starkem Willen und nach wie vor lauter Stimme, das grösste Klumpenrisiko des SSZ. In mehrfacher Hinsicht.

Auch während eines „ernsten“ Anlasses darf man mal eine gute Geschichte erzählen: Hier geht es gerade um einen Schiesswettkampf in Sarajewo in den 80er-Jahren.

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