











Vor einer Woche musste die Wanderung noch wegen Regen verschoben werden. Doch heute, am 12. Juni, zeigt sich ein herrlicher Frühsommertag mit Temperaturen gegen 30 Grad. So ist denn für alle Teilnehmenden klar: wenig Kleider, aber genügend zu trinken, kommt in den Rucksack.
Gleich beim Bahnhof Waldstatt führt Wanderleiterin Mägi Koller die Gruppe Richtung Badtöbeli hinunter. Die meisterhaft geschnitzte Holzskulptur eines «Rollewybs» (Vorrolli) bringt das in Waldstatt sehr aktiv gelebte Silvesterklausen gleich zu Beginn zum Ausdruck.
Mägi Koller erzählt unterwegs interessante Details zum Dorf und zum Holzweg.
Der Themenweg Holz
Waldstatt ist ein «junges Dorf». Erst 1720 wurde hier eine eigene Kirche gebaut und man löste sich von Herisau. Das Dorf zählt heute knapp 1900 Bewohnende und liegt grösstenteils am Südhang. Es ist mit den sonnig gelegenen Dörfern wie Rehetobel und Teufen vergleichbar. Zum 300-jährigen Jubiläum im Jahr 2020 wurde der Themenweg Holz erstellt https://www.holzweg-waldstatt.ch/.
Auf diesem sind heute 25 Mitglieder der Wandergruppe Tüüfe unterwegs. Sie sehen und erleben die Badtöbelibrücke, den Emma Kunz Pavillon, die Holzwerkstatt, die grosse Rundbank, die beiden Riesenlinden, die Kügelibahn, die Holzkegelbahn, die Langbank und die picknicken bei der Feuerstelle Grund. Bilder sagen mehr als Tausend Worte…
Blumers Badtöbelibrücke
Sie ist das Ergebnis von Glück und Unglück und vor allem ein eindrückliches Beispiel der Appenzeller Holzbaukunst. Während eines Sturms 1990 fällt eine Tanne auf den alten Badtöbelisteg und macht ihn unpassierbar.
In einer spektakulären Aktion werden später die Bauteile einer neuen Brücke aus Holz mit einem Super Puma Helikopter angeflogen und auf die beiden temporären Zwischenpfeiler gesetzt. Das Dach wird nachfolgend vor Ort erstellt.
Die Brücke, welche seither auf einer Länge von 42 Metern frei gespannt ist, hat der lokale Holzpionier Hermann Blumer entworfen. Nicht ohne Grund wird er auch der «Godfather des modernen Holzbaus» genannt: https://www.ubm-development.com/magazin/hermann-blumer-interview/.
Wie bei der Kapellbrücke in Luzern sind auf den Querbalken der Brücke Fototafeln angebracht, mit eindrücklichen Holzbauwerken aus aller Welt, die alle der Feder des Holzbau-Ingenieurs aus Waldstatt entstammen.







Emma Kunz Pavillon
Vorbei am Seniorenheim Bad Säntisblick sind bereits die Umrisse des farbigen Holzpavillons zu sehen. Dieser kleine, begehbare, dreidimensionale Holzbau steht für das Thema Heilung und wurde, inspiriert durch die streng geometrische Zeichnung «Werk Nr. 393» von Emma Kunz, ebenfalls von Hermann Blumer geplant.
Emma Kunz war eine Schweizer Heilpraktikerin, Radiästhesistin und Künstlerin (1892-1963). Ihre letzten Jahre lebte und wirkte sie in Waldstatt. Der errichtete Emma Kunz Pfad ist Teil des Holzwegs. Das Emma Kunz Zentrum in Würenlos will Erkenntnisse und Forschungsergebnisse sowie das Bildwerk von Emma Kunz für die Nachwelt erhalten. Mehr Informationen dazu unter: https://www.emma-kunz.com/.
Wanderparadies
Die heutige Wanderung ist sehr abwechslungsreich und führt meist auf Schotter- und Wiesenwegen von einem Höhepunkt zum anderen. Seien dies Bauten oder eindrückliche Lindenbäume auf dem Holzweg oder einfach die herrliche Landschaft, mit immer wieder tollen Aussichtspunkten. Zum Glück gibt es heute wiederholt längere schattige Passagen und es weht eine leichte Brise, denn so richtig an die Sommerhitze gewohnt ist noch niemand.
Unterwegs sind auch einige Kindergarten- und Schulklassen zu sehen. Eine davon hat den geplanten Picknickplatz im Grund denn auch vor uns erreicht. Kein Problem; wir können den Platz gut miteinander teilen. Beim Mittagessen den spielenden Kindergärtlern zuschauen ist herzerwärmend und inspirierend zugleich.
Nach dem längeren und steilen Aufstieg hier hinauf geniessen wir den Schatten und die neue Energie, die in unseren Adern zu fliesst beginnt.
Einige Mitglieder wandern danach zurück nach Waldstatt, alle anderen weiter über den Hörnlipass und den Nieschberg und eine Umleitung bis nach Herisau. Total werden es mehr als 12 Kilometer mit 360 m Aufstieg und 440 m Abstieg sein. Dabei sind die langen Treppen ganz am Schluss, in praller Sonne hinauf zum Oberdorfkafi Knöpfel, noch nicht einmal mitgerechnet. Umso grösser ist der Genuss der kühlen Getränke vor der Heimfahrt und vermutlich für die meisten die kühle Dusche zuhause.

























