Am 11. Dezemberhaben die evangelischen Kirchbürger/innen Verena Hubmann zur neuen Pfarrerin in einer 50-Prozent-Anstellung gewählt. Für die Suche nach einem Nachfolger für Axel Fabian, der als Spitalseelsorger ans Kantonsspital Winterthur wechselte, wurde eine Pfarrwahlkommission eingesetzt.
Verena Hubmann wirkt bereits seit zwei Jahren als Pfarrerin in der Kirchgemeinde Teufen. Mit grossem Engagement hat sie 2009 Pfarrer Axel Fabian während seines Studienurlaubs vertreten und ist anschliessend als Entlastung für dessen Tätigkeit in der Strafanstalt geblieben. Verena Hubmann wurde 1967 geboren und hat einen unkonventionellen Werdegang: Nach ihrer Erstausbildung zur Übersetzerin war sie als Familienfrau und Pflegeassistentin in der Betreuung von dementen älteren Menschen tätig, später studierte sie Theologie, wurde 2008 zur Pfarrerin ordiniert und ist seither in einem 50%-Pensum für Schwellbrunn und als «Chummer-z’Hilf» im ganzen Kanton tätig.
Der Beruf Pfarrerin ist für sie ein Traumberuf, eine wirkliche „Berufung“: Nahe bei den Menschen, nahe bei den existenziellen und spirituellen Fragen, denen sie sich von Berufs wegen widmen kann. Mit ihrer zugewandten Art und den fundierten Predigten, empathischen Beerdigungen und warmherzigen Begegnungen hat sie die Teufner Herzen bereits erobert. Sie liebt an ihrem Beruf, dass sie in die profit- und leistungsorientierte (Wirtschafts)Welt andere Aspekte einbringen kann, im Bewusstsein, dass vieles geschenkt ist oder aus Gnade geschieht.
In ihrer knappen Freizeit singt sie gerne im Chorprojekt St. Gallen und schätzt genussvolle Geselligkeit. mhe
Foto: Erich Gmünder
Verena Hubmann über Gott und die Welt:
LEBENSMOTTO: Geteilte Freude ist doppelte Freude, geteiltes Leid ist halbes Leid.
FREIZEIT: Singen, Tanzen, mit lieben Menschen zusammen sein, fein essen, Kino
KIRCHE IST FÜR MICH: Raum der Begegnung, wo Menschen ihre vielfältigen Gaben und Begabungen, aber auch ihre Fragen und Anliegen einbringen können und sich auf den Weg machen zu Gott, zu sich selber und zu einander und so miteinander und stetig am Gewebe des Gottesreiches hier auf Erden knüpfen und weben.
LIEBLINGSESSEN und –GETRÄNK: Pasta in allen Variationen und dazu ein feines Glas Rotwein, mit viel Sonne aus dem Süden!
BUCH FÜR DIE INSEL: «Die Farbe Lila» von Alice Walker, wo die schwarze Shug erklärt, wie sehr Gott sich mit den schönen Blumen etc. Mühe gibt, unsere Aufmerksamkeit zu wecken und uns Freude zu bereiten, und wie sehr Gott sich freut, wenn wir mit offenen Augen durchs Leben gehen und Freude haben an den vielen kleinen schönen Dingen im Alltag.
ANFANG DES TAGES: Ich stehe auf, strecke und recke mich, spüre meinen Körper und wie ich gestimmt bin, lasse den Blick aus dem Fenster in die Weite schweifen – was ist für Wetter, wie ist die Stimmung draussen? – dann nehme ich ein paar tiefe Atemzüge, sage „Danke, dass ich lebe!“ und «Gib mir Kraft für diesen Tag!»
AUSKLANG DES TAGES: Am liebsten trinke ich mit meinem Partner einen Tee und tausche aus, was wir an diesem Tag alles erlebt haben. Auch wenn ich allein bin, ist es mir wichtig, den Tag Revue passieren zu lassen.
ERSTE ERINNERUNG AN DIE KIRCHE: Ich hatte eine wunderbare Sonntagschullehrerin, die ich von Herzen gern hatte und die mir die biblischen Geschichten nahe brachte. Dazu kam, dass manche Sonntage autofrei waren, so dass wir Kinder auf dem Nachhauseweg die Strasse als Spielplatz nutzen konnten und uns frei und glücklich fühlten. Verena Hubmann über: …
KIRCHE UND POLITIK: Für den Zürcher Reformatoren Zwingli hatte die Kirche ein Wächteramt inne, d.h. sie erhob die Stimme, wenn die Menschen unter Misswirtschaft oder Ungerechtigkeit zu leiden hatten. Ich glaube, wir haben von unserem christlichen Hintergrund her diese Aufgabe immer noch. Manche Leute sagen, die Kirche solle ihre Finger aus der Politik raushalten. Aber wir Christinnen und Christen sollten unseren Glauben nicht nur im stillen Kämmerlein oder im Elfenbeinturm kultivieren, sondern daraus die Kraft und den Mut schöpfen, auf ein gutes, gerechtes, menschliches Zusammenleben aller hinzuwirken. …
«HERR GOTT»: Für mich ist Gott weder männlich noch weiblich. Für mich ist Gott Liebe, Licht, die Quelle unseres Lebens. Darum verzichte ich wenn immer möglich auf Formulierungen wie „Herr“ oder „Vater“ im Zusammenhang mit Gott. Wenn ich solche Sprachbilder benutze, dann versuche ich, beide Aspekte zu nennen: Gott sorgt väterlich und mütterlich für uns. …
MENSCHENRECHTE: Das sind für mich absolut verpflichtende Werte. Schon Jesus stellte den Menschen über alles. Und es schockiert mich, dass auch bei uns in der Ausländerpolitik mit der bereits realisierten und noch weiter angestrebten Verschärfung der Gesetzgebung eine Verletzung der Menschenrechte mit breiter Zustimmung hingenommen wird. Das ist für mich zutiefst unchristlich! …
«ALLMÄCHTIG»: Ich brauche keinen allmächtigen Gott. An unserem christlichen Glauben beeindruckt und berührt mich gerade, dass Gott aus dem Himmel, der Allmacht, der Unantastbarkeit herabsteigt, Mensch wird und das Menschsein bis in die letzte Konsequenz in Leiden, Sterben und Tod hinein mit uns teilt. Der mit-gehende, mit-leidende Gott ist die Liebe, die uns – auch in allem Schweren – wieder aufstehen und leben lässt. …
HEILIGER GEIST: Für mich ist alles vom göttlichen Geist durchdrungen, belebt, bewegt, inspiriert. Wenn wir uns dieser Kraft öffnen, erfahren wir in unserem Leben, in unserem Alltag auf wundersame Weise Führung, Geborgenheit, Mut. Der göttliche Geist, der auch in uns ist, verbindet uns mit Gott, mit allen Menschen und überhaupt mit allem, was lebt.