Kloster Wonnenstein und die «Causa Scolastica»

30.10.2025 | Timo Züst
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Das Kloster Wonnenstein aus der Luft. Inzwischen hat sich das Bild etwas verändert: Klosterkirche und Pächterhaus wurden renoviert. Foto: Archiv / 2021

Seit 2021 ist das Kloster Wonnenstein ohne Glaubensgemeinschaft – zum ersten Mal in seiner 646-jährigen Geschichte. Wenn man von den beiden «Fluchten» von 1524 (Reformation) und 1712 (Toggenburger Krieg) absieht. Leer ist das Kloster aber erst seit wenigen Tagen. Denn nach dem Tod der letzten Kapuziner-Oberin Schwester Gabriela im Januar 2020 verblieben noch drei Nonnen im Kloster. Ab 2021 war es dann nur noch eine: Schwester Soclastica. Und sie wollte auf keinen Fall gehen. Trotz Aufforderungen zum Umzug zu einer anderen Gemeinschaft durch ihre neue Oberin, den Bischof und den Papst.

Die Gründe für die Weigerung zum Auszug von Sr. Scolastica – wie so oft, wenn sich eine Auseinandersetzung über Jahre hinzieht – sind vielfältig. In ein zwei Sätzen lassen sie sich kaum zusammenfassen. Für die Rhetorik der Presse, die sich diesem Thema seit Jahren widmet, gilt das nicht. Hier ist die Sache einfach: Die arme mittellose Sr. Scolastica wird von den reichen «Bodanern» aus dem Kloster vertrieben.

Der Übername für die Mitglieder der Studentenverbindung Bodania wird dabei benutzt, weil das Kloster Wonnenstein im Jahr 2014 in einen zivilrechtlichen Verein umgewandelt wurde. Er heisst mit vollständigem Namen: Verein Kloster Maria Rosengarten Wonnenstein. Und seine Gründung wurde von den Altherren ebenjener Verbindung angestossen. Das Ziel war die Existenzsicherung des geschichtsträchtigen Klosters als religiöser, spiritueller und kultureller Ort. Dabei setzte man von Anfang an auf Transparenz, legte seine Pläne offen (auf www.wonnenstein.ch abrufbar) und sicherte sich sowohl zivil- als auch kirchenrechtlich ab. Das zeigt sich auch in den zwei zivilrechtlichen Prozessen, die Sr. Scolastica während der vergangenen Jahre gegen den Verein verloren hat. Und durch die Rückendeckung aus Rom. Zudem lassen die Statuten des Vereins wenig Spielraum für «eigennützige Interpretation», und im Vorstand sind sowohl der Kanton Appenzell Innerrhoden als auch das Bistum und die Ordensgemeinschaft (zwei Schwestern / Kloster Maria Hilf) vertreten.

Unser Ziel war zu helfen. Schon damals war abzusehen, dass diese Gemeinschaft und damit das Kloster irgendwann ausgelebt sein wird.

Trotzdem wurde der Verein von einer eigens dafür gegründeten Interessensgemeinschaft und der Presse während der vergangenen Jahre immer wieder öffentlich kritisiert – die Vorwürfe waren teilweise heftig. Mit dem Auszug von Sr. Scolastica vor wenigen Tagen ist dieses turbulente Kapitel nun abgeschlossen. Wie geht es weiter? Wird das Kloster bald wiederbelebt? Und was hinterlassen diese ständigen Angriffe? Die TP hat mit dem Präsidenten des Vereins Kloster Wonnenstein, Andreas C. Brändle, gesprochen.

Herr Brändle, in welcher Funktion reden Sie mit mir?

Als Präsident des Vereins. Ich bin also Ihr Ansprechpartner für alle weltlichen Belangen rund um das Kloster Wonnenstein. Der Verein ist Besitzer und Verwalter der Immobilien und des Vermögens des Klosters. Wir sind aber eine «zweigeteilte» Organisation.

Sie sprechen vom Kirchenrechtlichen.

Genau, dafür bin nicht ich, sondern Schwester Angelika Scheiber vom Kloster Maria Hilf zuständig. Sie wurde nach dem Tod von Schwester Gabriela als ausserordentliche Oberin eingesetzt und ist damit auch die direkte Frau Mutter von Schwester Scolastica.

Wegen ebenjener Schwester telefonieren wir ja miteinander. Inzwischen ist sie bereits ausgezogen. Damit ist das Kloster jetzt tatsächlich leer.

Richtig. Im Augenblick ist es unbewohnt.

Hätten Sie das im Jahr 2020 gedacht? Dass es fünf Jahre dauern und so viel «böses Blut» fliessen wird bis zu diesem Punkt?

Nie. Wir sind im Jahr 2012 auf die Schwestern zugegangen. Unser Ziel war zu helfen. Schon damals war abzusehen, dass diese Gemeinschaft und damit das Kloster irgendwann ausgelebt sein wird. Das bedeutete auch, dass besonders herausfordernde Zeiten auf die Schwestern zukommen und die Zukunft des Klosters alles andere als gewiss war. Wir stiessen deshalb die Gründung des Vereins an und bereiteten uns auf einen langen Prozess in drei Phasen vor.

Die wären?

Die erste Phase war die Unterstützung der Schwestern in allen weltlichen Belangen. Dabei ging es in erster Linie um die Gebäude, sprich den Unterhalt und die nötigen Sanierungen. Aber auch um die Vermögensverwaltung und den sinnvollen Umgang mit Landreserven.

Sie sprechen auch vom Gewerbeland an der neuen Teufner «Gewerbestrasse».

Genau. Dieses Land war im Besitz des Klosters und drohte, irgendwann rückgezont zu werden. Damit einhergegangen, wäre natürlich ein extremer Wertverlust. Mit dem erfolgreichen Verkauf dieses Landes an lokale Unternehmen konnten wir Geld für die Klosterkasse generieren. Hier möchte ich noch anfügen: Kein Franken davon floss in die Sanierung der Klosterkirche. Diese wurde vollständig durch Spenden, Stiftungen oder Beiträge finanziert.

Und die zweite Phase?

Das ist der Übergang. Also die Zeit zwischen den Glaubensgemeinschaften. Dabei geht es vor allem darum, eine neue Gemeinschaft zu finden und erfolgreich anzusiedeln. Aber auch um die Entwicklung des gesamten Areals im Sinne unseres Masterplans. Also um die bereits erfolge Sanierung der Klosterkirche und des Pächterhauses sowie die noch anstehende Renovierung der Klosteranlage – inklusive Klosterschenke und möglichen Wohn- oder Gewerberäumen.

Andreas C. Brändle ist Präsident des Vereins Kloster Wonnenstein und verantwortet mit dem Vorstand die weltlichen Geschicke des Klosters. Hier posiert er in der totalsanierten Klosterkirche. Foto: Archiv

Diese «Zeit zwischen den Glaubensgemeinschaften» hat sich jetzt etwas länger hingezogen als gedacht. Haben Sie bereits eine Nachfolge-Gemeinschaft im Auge?

Ja.

Das war jetzt ein kurzes Ja.

(lacht). Stimmt. Noch kann ich dazu nicht mehr sagen. Wir werden aber zu gegebener Zeit informieren.

Vor einem Einzug wird wohl so oder so noch intensiv saniert werden müssen. In welchem Zustand ist denn die Klausur?

Nun, das grundlegende Problem ist, dass sich die Ansprüche an die Unterkünfte mit der Zeit geändert haben. Das gilt auch für Nonnen. Eines der Kernthemen ist die Grösse der Zellen. Sie sind für heutige Bedürfnisse viel zu klein. Ausserdem hat jede Gemeinschaft ihre spirituellen Eigenarten – auch diese müssen berücksichtigt werden.

Anders gesagt: Es werden wohl Investitionen in Millionenhöhe nötig sein.

Wir reden hier von einem historischen und denkmalgeschützten Gemäuer. Das heisst, wir können keinen Hammer in die Hand nehmen, ohne dass uns die Denkmalpflege über die Schulter schaut. Das ist nicht per se schlecht, und wir sind über diesen Umstand auch nicht unglücklich. Bisher haben wir immer gute Lösungen gefunden. Aber diese Lösungen sind halt auch oft eher teurer.

Also mehrere Millionen. Wie steht es denn mittlerweile um das Vermögen des Klosters? Können Sie diese Investitionen noch selber stemmen?

Ja, wir gehen auch von Investitionen in Millionenhöhe aus. Aber wir glauben, dass wir, wenn wir etwas Glück haben und die ganze Sache nicht doch deutlich teurer wird als erwartet, das Ganze selber finanzieren können. Mit Ausnahme der Beiträge aus der Denkmalpflege, für die wir natürlich dankbar sind.

Das betrifft auch Mitglieder der Studentenverbindung Bodania, die überhaupt nichts mit dem Kloster am Hut haben. Sie werden teilweise privat angefeindet.

Gilt das auch für den Rest des «Masterplans»?

Wir hoffen es. Dessen Umsetzung werden wir parallel zur Ansiedlung der neuen Glaubensgemeinschaft vorantreiben. Eines der Kernelemente ist die Gastronomie, also die Wiedereröffnung einer «Klosterschenke». Dafür – und für andere Elemente des Plans – lancieren wir demnächst eine Ausschreibung. Gleichzeitig wird schon bald das totalrenovierte Pächterhaus zur Miete ausgeschrieben. Das wird dann einige Einnahmen generieren.

Wann könnte die neue Gemeinschaft denn frühestens einziehen?

Das kann ich noch nicht sagen.

Eine grobe Schätzung?

(lacht). Ich schätze nicht gerne.

Okay, okay, dann eine andere Frage: Die für rund 5 Mio. Franken totalsanierte Klosterkirche ist seit Mai 2024 wieder offen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Betrieb bis jetzt?

Grundsätzlich sind wir sehr happy. Vor allem mit der Renovation an sich. Der Betrieb der Kirche ist momentan allerdings noch etwas eingeschränkt. Das hat natürlich mit der fehlenden Glaubensgemeinschaft zu tun. Aber auch damit, dass wir den kulturellen Aspekt nicht allzu fest forcieren. Leider kosten kulturelle Anlässe vor allem Geld und generieren wenig. Dazu bräuchten wir eine weitere Art gemeinnütziger Verein. Aber wir hoffen, dass sich dieser Aspekt, also der der Kultur, während der weiteren Belebung des Areals mitentwickelt. Alles in allem: Es war ein sehr guter Start und wir sind auf jeden Fall zufrieden.

Mir ist ein Säntis von den Schultern gefallen.

Ich will doch noch einmal auf die «Turbulenzen» der vergangenen Jahre zurückkommen. Ich habe heute Vormittag die Presseberichte quergelesen. Es sind sehr viele. Und sie zeichnen (fast) alle das gleiche Bild: das der bösen, ja habgierigen «Bodaner». Oft zwischen den Zeilen, manchmal aber auch ziemlich geradeheraus. Gehen diese ewigen Angriffe nicht an die Substanz?

Doch, ganz klar. Das Ganze hinterlässt auch nicht nur Spuren bei uns, also den Vereinsmitgliedern, sondern auch bei anderen Mitgliedern der Studentenverbindung Bodania, die überhaupt nichts mit dem Kloster am Hut haben. Sie werden teilweise privat angefeindet. Auch für uns war es eine sehr schwierige Zeit. Aber wir haben uns entschieden, uns auf die Aufgabe zu konzentrieren und die aggressive Kommunikationsart unserer Gegner nicht zu spiegeln. Ausserdem ist uns wohl etwas zu eigen, was man heute immer weniger antrifft: Wir geben nicht auf. Wir haben uns entschieden, hier Verantwortung zu übernehmen und jetzt ziehen wir das auch durch.

Sie sprechen von ihren «Gegnern». Auch von dort sind Angriffe nicht angenehm, aber irgendwie erwartet man das ja. Was ist mit der Presse? Wie haben Sie die journalistische Berichterstattung erlebt?

Als absolut enttäuschend. Das war teilweise wirklich lausig. Uninformiert, schlecht recherchiert, nur sehr wenig Respekt vor den Fakten. Dass uns kaum je eine Journalistin oder ein Journalist um unsere Einschätzung gebeten hat, spricht Bände. Und man konnte gut beobachten, wie sehr sich die verschiedenen Zeitungen teilweise abschreiben. Aber auf alles haben wir gar nicht mehr reagiert. Auch aus Selbstschutz.

«Jänu», ist man geneigt zu sagen. Jetzt ist immerhin eine Art Schlusspunkt erreicht. Das muss eine grosse Erleichterung sein.

Und wie, mir ist ein Säntis von den Schultern gefallen. Wir haben zum Glück auch sehr viele positive Rückmeldungen und Glückwünsche erhalten – das macht Mut.

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