Glaube an das Gute im Menschen nicht verloren

04.07.2016 | Erich Gmünder
kurt ulmann strafanstalt gmuenden horvath (29)
kurt ulmann strafanstalt gmuenden horvath (8)

Bildbericht: Erich Gmünder

Nach 15-jähriger Tätigkeit hat Kurt Ulmann, Direktor der Strafanstalt Gmünden am 20. Juni die Schlüsselgewalt an seine Nachfolgerin Alexandra Horvath übergeben. «Der Strafvollzug liegt mir am Herzen», sagt Kurt Ulmann, der auf zahlreiche Pionierleistungen zurückblicken darf, mit denen er sich schweizweit für die Re-Integration von Strafgefangenen stark gemacht hat.

Zentrales Element sind die eigenen Werkstätten, die jährlich einen Umsatz von 1,2 Mio Fr. erwirtschaften und die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben erleichtern sollen. «Es riecht nach Essen» Der Ausbau der Küche machte es möglich, dass die Mahlzeiten nicht mehr von auswärts (Haus Unteres Gremm) angeliefert, sondern vom eigenen Küchenteam produziert werden, unter Anleitung eines Küchenchefs. «Jetzt riecht es bei uns nach Essen, und wir können so auch individuell auf die Essensgewohnheiten und religiösen Vorschriften ausländischer Insassen eingehen.»

Auch der Einsatz der (externen) Therapiehunde war 2005 schweizweit ein Meilenstein. «Den Hunden ist es egal, was die Insassen für eine Vorgeschichte haben. Wir dürfen oft erleben, dass Insassen ihre versteinerte Miene ablegen und sich öffnen, wenn die Vierbeiner wedeln und sich streicheln lassen.»

Kurt Ulmann schwebt vor, dass Insassen künftig gar in einer Wohngruppe zusammenleben und sich so auf den realen Alltag vorbereiten können. Hinter all diesen Entwicklungen steht die Überzeugung, dass alle Menschen immer wieder eine Chance verdient haben. «Ich habe den Glauben an die Menschen nicht verloren.»

Kurt Ulmann ist dankbar, dass er bei Erreichen der ordentlichen Pensionierung abtreten kann. Keine Selbstverständlichkeit, wie er mit Blick auf andere Institutionen in diesem Land sagt, wo der Strafvollzug oft zum Spielball der Politik wird. Und er ist auch froh, dass es in seiner Amtszeit keine gravierenden Vorkommnisse gab, welche die Beziehung zur Nachbarschaft belastet hätten.

[grauer-kasten title=“Zwei Gefängnisse“ text=“ Ein Markstein war die Inbetriebnahme des neuen kantonalen Gefängnisses 2007. Damit gibt es auf dem Areal zwei Gefängnisse: eines mit offenem Strafvollzug und ein geschlossenes für U-Häftlinge, für Ausschaffungen und den Vollzug von vorzeitigen Haftstrafen für Täter, die in eine geschlossene Anstalt versetzt werden müssen, was eine Anpassung des Sicherheitslevels nötig machte.“ ]

Abschalten und aufladen

Der Beruf eines Anstaltsdirektors sei ein «super Job» und so vielseitig wie kaum ein anderer Beruf, erfordere aber 365 Tage im Jahr 24 Stunden Einsatzbereitschaft. Die Batterien hat Kurt Ulmann beim Musizieren aufgeladen; er war Spielführer in der Armee, dirigierte Blasmusikvereine – und entdeckte mit 60 ein neues Instrument: das Alphorn.

In seinem Ferienhaus hoch über Teufen, das zum Ganzjahreswohnsitz geworden ist, nimmt er es oft hervor und entlockt ihm je nach Gemütsstimmung traurige oder fröhliche Melodien. Als nächstes Projekt steht jetzt der Bau eines eigenen Alphorns zuoberst auf der Liste.

Der Türknauf


kurt ulmann strafanstalt gmuenden horvath (29)

Statt Schlüssel überreichte Kurt Ulmann seiner Nachfolgerin einen antiken Türgriff. Ein Relikt des Altbaus, das ein früherer Gefängniswärter wie seinen Augapfel gehütet und ihm einst zu treuen Händen übergeben hatte. Ein Türknauf statt Schlüssel, an einem Ort, wo Schlüssel vor allem die Bedeutung von Einschliessen haben – eine Symbolik, die zum Verständnis von Kurt Ulmann als Anstaltsdirektor passt. Wie ein roter Faden zieht sich durch seine insgesamt fast 30-jährige Tätigkeit im Strafvollzug (zuerst Saxerriet, dann Gmünden) das Thema Re-Integration: Die Gefangenen sollen die Strafe nicht einfach nur absitzen, sondern Kompetenzen erwerben, damit sich ihnen in der Gesellschaft wieder Türen auftun. EG

[grauer-kasten title=“Leitbild: «Strafanstalt = Strafe gestalten»“ text=“ Im Gespräch listet Kurt Ulmann einige Projekte auf, die vorrangig diesem Ziel dienten. Einige Beispiele: Projekte Kunsthandwerk (2001), Maltherapie, interne und externe Weiterbildung für Insassen (2002), Spezialvollzug (früher Krankenabteilung, Inbetriebnahme 2002), Sport und Freizeit mit eigenem Freizeitleiter, Interne psychologische Sprechstunde (2003), Aufbau eines eigenen Küchenteams, Drogenprophylaxe (2004), Therapiehunde (2005), neues Leitbild «Strafe gestalten» (2006), Bau Lagerhalle für industrielle Fertigung (2009), ISO-Zertifizierung (2012/2015), Psychiatrischer Dienst (2013), Gesundheitsdienst mit eigener Pflegefachfrau (2014). EG“ ]

Die letzten Tage als Anstaltsdirektor


 

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