Neugierig?
Am 6. Dezember wird die Wohngruppe «Edelweiss » im Haus Lindenhügel offiziell eröffnet. Von 10 bis 15 Uhr haben alle Interessierten die Möglichkeit, die Räumlichkeiten anzuschauen und sich selbst einen Eindruck von der Wohngruppe zu verschaffen.
Gerade werden Licht und Brandschutztüren installiert. Setzt ein Handwerker die Bohrmaschine an, surrt kurz der ganze Lindenhügel. Unter laufendem Betrieb ein Altersheim umzubauen, ist herausfordernd. Und weil eine Baustelle immer Unerwartetes mit sich bringt, ist auch nie ganz absehbar, wann der Umbau dann wirklich zu Ende ist. Inzwischen ist aber klar: Bis zum 6. Dezember wird die geschützte Wohngruppe fertig sein. Für die neue Wohngruppe wurden bestehende Zimmer sukzessive geleert und die Belegung des Hauses Lindenhügel vorübergehend etwas runtergefahren. Das Herzstück der geschützten Wohngruppe ist der grosse Aufenthaltsraum mit neuer Küche. «Hier werden die Bewohnenden die meiste Zeit sein.» Auf dem grossen Balkon, der von hier aus zugänglich ist, sollen Hochbeete entstehen. Der Teppich im Gang musste einem glatten und «stolper-sicheren » Holzboden weichen, die Wände sind in einem Pastellgrün gestrichen. Die Zimmer wurden nicht renoviert, nur die Fenster und Türen zum Balkon mit Schlössern versehen.

Hauswechsel nicht mehr nötig
Im Dezember können also fünf neue Bewohnerinnen und Bewohner einziehen. Oder umziehen. Denn: «Ein wichtiger Aspekt ist, dass unsere Bewohnenden nun endlich nicht mehr das Haus wechseln müssen, um in eine geschützte Gruppe zu kommen.» Das erklärt Geschäftsführerin Ursina Moser. Schon einige Male hat sie erlebt, dass jemand vom Lindenhügel ins Haus Unteres Gremm (HUG) umsiedeln musste. Dort gibt es bereits drei geschützte Wohngruppen. «Das war immer sehr herausfordernd für die betroffene Person und ihre Angehörigen», erinnert sie sich. Dass Umzüge anstrengend sind, liegt in der Natur der Sache. Packen, organisieren, putzen, einen vertraut gewordenen Ort verlassen, um sich dann am neuen erstmal zurechtzufinden. Das alles braucht Zeit. Der Umzug in eine geschützte Wohngruppe hängt aber auch immer mit einer fortgeschrittenen Demenz- Erkrankung zusammen. Eine «mittlere oder schwere Demenz» sind Voraussetzung für die Aufnahme in eine geschützte Wohngruppe, erklärt Ursina Moser.
Herausfordernde Betreuung
Im mittleren Stadium einer Demenz weisen Betroffene häufig eine räumliche und zeitliche Desorientierung auf, die Erinnerung an Kernereignisse des Lebens nimmt ab, genauso das Sprachverständnis. Oftmals entwickeln Menschen mit einer Demenz in dieser Phase auch einen sehr starken Bewegungsdrang. Bei fortgeschrittener Krankheit kommen dann häufig auch weitere körperliche Symptome wie Gangunsicherheiten, der Verlust der Sprache oder Inkontinenz hinzu. Ursina Moser sagt dazu: «Es ist, als würde ein geliebter Mensch langsam von der Welt, die sie kannten, Abschied nehmen. Das ist für die Angehörigen schon sehr schwer.» Während die Betreuung einer Person mit Demenz zu Hause anfangs noch bewältigbar ist, wird das zunehmend belastender bis hin zu unmöglich für die Familie. Eine geschützte Wohngruppe bietet da Hand. Enge individuelle Betreuung, ein gut strukturierter Tagesablauf, gemeinsame Mahlzeiten und individuell angepasste Aktivierung wie Backen, Spielen oder Bewegung ermöglichen ein würdevolles Leben mit Demenz.





«Geschützt», nicht «geschlossen»
«Familienmitglieder, Freunde und Bekannte dürfen jederzeit zu Besuch kommen», sagt Ursina Moser. «Ausser während der Essenszeiten. » Da sind Ruhe und Ungestörtheit besonders wichtig. In den geschützten Wohngruppen essen alle gemeinsam. Und es wird auch, anders als bei den anderen Heimbewohnenden, am Tisch geschöpft. Und eben: Die neue Wohngruppe im Lindenhügel mit dem Namen «Edelweiss» ist «geschützt », nicht «geschlossen». Mit diesem Wording will Ursina Moser die negative Konnotation von «geschlossener Wohngruppe» etwas abschwächen. Aber Tatsache ist: Niemand kommt aus der geschützten Wohngruppe ohne Code raus. «Wenn möglich, gehen wir jeden Tag raus an die frische Luft mit den Bewohnenden der geschützten Wohngruppen», sagt sie. «Aber halt begleitet.»
Die Sache mit der Freiwilligkeit Oft braucht es mehrere Gespräche mit Angehörigen einer an Demenz erkrankten Person, bis eine Entscheidung gefällt wird. «Alle wünschen sich immer, dass die erkrankte Person freiwillig und am besten auch mit etwas Freude auf die geschützte Wohngruppe kommt.» Während ihrer bald achtjährigen Arbeit als Geschäftsführerin habe sie es aber noch nie erlebt, dass ein Übertritt in die geschützte Wohngruppe wirklich freiwillig erfolgt. Weil die Betroffenen selbst zu diesem Zeitpunkt medizinisch und gesetzlich in der Regel gar nicht mehr als urteilsfähig gelten, müssen Angehörige gemeinsam mit medizinischem Fachpersonal entscheiden, wann ein Einoder Übertritt stattfindet. Für einen geliebten Menschen zu entscheiden, ist immer schwer.
Hilfe holen lohnt sich
Wünschen würde sich Ursina Moser, dass früher Hilfe gesucht und angenommen wird. «Oftmals gibt es einen langen Leidensweg, bis die Familie endlich Entlastung bekommt.» Demenz zeigt sich in ganz unterschiedlichen Formen. «Bei einigen Erkrankten können belastende Verhaltensweisen auftreten. Für Angehörige ist es auf Dauer kaum zu bewältigen, dies allein zu Hause aufzufangen.» Wer Familienmitglied einer Bewohnerin oder eines Bewohners der geschützten Wohngruppe ist, wird zu regelmässigen Gesprächen eingeladen. Und das Heim informiert auch proaktiv und spontan im Alltag, wenn dies notwendig ist. «Da legen wir dann einfach eine Ansprechperson fest.» Sie schmunzelt und sagt: «Wenn es in einer Familie acht Kinder gibt, würden natürlich gerne gleich alle persönlich informiert werden. Aber das können wir beim besten Willen nicht bewerkstelligen. »
Zwei Plätze frei
Drei der fünf Plätze auf der geschützten Wohngruppe sind bereits vorreserviert. Zwei können also noch belegt werden. Aber: «Das kann sich immer sehr schnell ändern», sagt Ursina Moser. Sie bietet auf Anfrage auch Führungen durch die Wohngruppe an. Jedoch nur, wenn akutes Interesse besteht und ein baldiger Eintritt tatsächlich in Frage kommt. Grund dafür ist, dass Ursina Moser die Bewohnenden schützen will. «Hier ist das Zuhause dieser Menschen. Das möchten wir, so gut es geht, immer respektieren.» nek