
Die Situation ist schon fast märchenhaft harmonisch. Ein Infrastrukturprojekt, das Kosten in Millionenhöhe verursacht, zu Bauarbeiten im direkten Umfeld einer der Hauptverkehrsachsen führt und einen Wildkorridor von nationaler Bedeutung queren muss. Trotzdem sind sich die beiden Kantone sowie Teufen und die Stadt einig: Das braucht es. Die Rede ist von der Velohauptverbindung zischen Niederteufen und dem Riethüsli. Damit soll die heute unbefriedigende Situation für Velofahrende endlich verbessert werden. So weit, so gut. Nur: Die Sache ist nicht ganz einfach. Denn auf dieser Strecke müssen gleich mehrere komplexe Probleme gelöst werden. Eines davon ist das Wattbachtobel. Die Idee, darüber ab dem Parkplatz bei der Liebegg eine Brücke zu schlagen, ist nicht neu. Nur so lässt sich die Enge beim Ortseingang umfahren, ohne dass mehrere Liegenschaften erst von der öffentlichen Hand gekauft und anschliessend teilweise rückgebaut werden müssten. Nun wird aus der Idee – mindestens visuell und im Modell – ein bisschen Realität.
Über die Grenze
In der Stadt ist ab morgen (bis 21. November) das Siegerprojekt eines entsprechenden Studienauftrags ausgestellt. Es heisst «linea silens», was soviel wie «leise Linie» bedeutet. Es schlägt eine 104 Meter lange Stahlbrücke vor, die sich in einer S-Kurve und einem leichten Gefälle von rund 6 Prozent über den Wattbach schlängelt. Am Mittwochnachmittag wurde die kleine Ausstellung in den Gängen des Amtshauses, auch die fünf anderen Vorschläge sind zu sehen, eröffnet. Dabei kamen nicht nur die Projektautoren, sondern auch die Politik zu Wort. AR-Regierungsrat Dölf Biasotto, Teufens Gemeindepräsident Reto Altherr und Stadtrat Mathias Gabathuler (i.V. für Markus Buschor) überboten sich dabei mit Lob – für die Velobrücke und das zukunftsweisende Gesamtprojekt der Velohauptverbindung. Sie sprachen von «visionärer, kantonsgrenzen-übergreifender Zusammenarbeit», der «Mobilität der Zukunft» oder der «Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger». Einige Fragen blieben dabei aber offen: Wann wird die Brücke gebaut? Was kostet sie und wer bezahlt? Wie weit ist das Projekt für den oberen Teil der Velohauptverbindung? Und wie geht die Route nach der Brücke weiter? Die TP hat diese Fragen nach der Präsentation mit Kantonsingenieur Urban Keller und Gemeindepräsident Reto Altherr besprochen.

Baustart nach 2028?
Ein Stichwort fällt bei diesem Projekt immer wieder: Agglomerationsprogramm. Dabei handelt es sich um eine Liste von Projekten, die die Regionen – bzw. die Agglomerationen – beim Bund zur Prüfung einreichen. Ihr Kernziel ist das Bewältigen und Optimieren der Verkehrsflüsse. In Bern werden die Ideen der Regionen auf gewisse Kriterien geprüft und priorisiert. Ein Projekt, das der Bund als besonders zielführend einstuft, kann mit teils grosser finanzieller Unterstützung rechnen – es muss aber auch in einem bestimmten Zeitraum umgesetzt werden. Das gilt auch für das erste Teilprojekt der Velohauptverbindung. Es betrifft den Bereich von Niederteufen bis zur (angedachten) Wattbachbrücke. Der Bund hat einer entsprechenden Eingabe im Aggloprogramm der 4. Generation zugestimmt, inkl. eines Beitrags von 40 Prozent an die anrechenbaren Kosten (gedeckelt bei 4 Mio. Franken). «Daran hat sich nichts geändert. Wir hoffen nun, dass das Projekt im ersten Halbjahr 2026 genehmigt werden kann. Dann brauchen wir von Bern nur noch die Finanzierungsvereinbarung. Anschliessend könnten die Bauarbeiten beginnen», sagt Kantonsingenieur Urban Keller. Aber: Ganz ist die Planung noch nicht abgeschlossen. Den Knackpunkt bildet die Kreuzung in der Lustmühle. Wie sollen Velofahrende sie künftig überqueren bzw. sicher auf den talseitig verbreiterten Veloweg gelangen? Ein Ansatz ist eine Unterquerung der Hauptstrasse – aber nicht der einzige. «Am wichtigsten ist für uns, dass das Projekt rasch vorangetrieben wird. Wir setzen uns also für eine Lösung ein, die eine möglichst rasche Umsetzung verspricht», sagt Gemeindepräsident Reto Altherr. Welche das sein wird und wie genau sie aussieht, können die zwei heute noch nicht sagen.
Das letzte Puzzleteil
Was aber klar ist: Das heute vorgestellte Projekt der Velobrücke wurde im Juni 2025 als Teil des Agglomerationsprogramms der 5. Generation eingereicht. Dieses wird derzeit vom Bund geprüft – mit den entsprechenden Feedback rechnet der Kanton im Frühjahr 2026. «Ich schätze die Chancen für eine gute Bewertung als sehr hoch ein. Das Projekt entspricht schliesslich genau der Grundidee der Aggloprogramme», sagt Urban Keller. Bis die elegante Stahlbrücke mit zwei Trägern und Dreiecksprofil dann aber gebaut werden kann, wird es noch eine Weile dauern. Immerhin: Der Umsetzungshorizont der «5. Generation» ist von 2028 bis 2032. Und die weiterführende Projektierung kann natürlich bereits jetzt angegangen werden.
Es gibt aber noch einen weiteren Wermutstropfen: Bei der Planung des letzten Teilstücks der Velohauptroute wurden bisher wohl noch kaum Fortschritte gemacht. Oder mindestens nicht kommuniziert. Sie soll dereinst nach der Brücke hinter den Wohnhäusern und den Tankstellen entlang der Teufener Strasse bis zur Quartierstrasse «Im Grund» führen. Ohne dieses letzte Puzzleteil wären die Velofahrenden nach dem Überqueren der Brücke gezwungen, wieder in die Teufener Strasse einzuspuren. Während der Kanton AR für die ersten beiden Teilprojekte der Route den Lead innehat, ist für das dritte die Stadt St. Gallen verantwortlich. Entsprechend bedeckt halten sich Kantonsingenieur und Gemeindepräsident diesbezüglich auch. Reto Altherr sagt nur: «Uns ist klar, dass die Route nur als Ganzes funktioniert und wir hoffen deshalb, dass auch das letzte Stück rasch realisiert werden kann.»