Erich Gmünder
Die Aufhebung des Fussgängerstreifens zwischen UBS und Bahnhofgebäude gibt in den K0mmentarspalten der Tüüfner Poscht online zu reden. Warum diese Lösung trotzdem sicherer ist als wenn der Fussgängerstreifen beibehalten würde, erklärt Urs Kast, stv. Kantonsingenieur im Tiefbauamt des Kantons Appenzell Ausserrhoden.
„Es ist nicht einzusehen, warum gerade hier die Markierung entfernt wurde… es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein entsprechender Unfall geschieht.“ – „Muss zuerst ein Unfall passieren, bis die zuständigen Personen merken, dass dies kein Zustand ist?“ – so die besorgten Stimmen in unserer Kommentarspalte.
Urs Kast ist Sicherheitsbeauftragter für das Kantonsstrassennetz und kennt diese Sorgen. Er sagt, dass es hier keine ideale Lösung gibt und erinnert im Gespräch mit der Tüüfner Poscht an die grundsätzlichen Kriterien für sichere Fussgängerstreifen.
Einen Fussgängerstreifen gibt es dann, wenn ein ausgewiesener Querungsbedarf besteht – das sei hier der Fall. Für ihn sind aber zwei andere Kriterien entscheidend: Es muss ein abgesicherter Wartebereich vorhanden sein, und der Fahrzeugführer muss den Fussgänger rechtzeitig erkennen, und das sei hier beides nicht der Fall.
Er schildert die Situation anhand des Fotos mit den wartenden Bussen beim Bahnhof, die bereitstehen zur Abfahrt Richtung St. Gallen. „Sie sehen die schwarzen Schatten links neben dem äussersten Bus, wo der Fussgängerstreifen wegradiert wurde: Der Fussgänger läuft hier direkt auf den stehenden Bus zu. Wie sollen beispielsweise Kinder reagieren, wenn ihnen der Autofahrer den Vortritt lässt? Sollen sie nun queren und mitten auf der Strasse anhalten, oder um den Bus herumlaufen? Eine gefährliche Situation, die Kinder überfordert. Das hat dazu geführt, dass wir uns gesagt haben, unter dem Strich ist es mehr Sicherheit, wenn wir den Streifen wegnehmen und dafür im Gegenzug das Tempo drosseln.“
Auch eine Verschiebung des Streifens zwischen die provisorischen Haltestellen wurde geprüft. Es zeigte sich aber, dass die erforderlichen Sichtweiten nicht erreicht werden können.
Noch einmal anders präsentiert sich die Situation auf dem zweiten Bild, wo der Bus vor der UBS anhält, um die Leute aussteigen zu lassen, bevor er Richtung Lindenkreisel weiterfährt. „Die Leute queren hinter dem Bus die Strasse. Der Autofahrer aus Richtung Linde kann so die Leute nicht rechtzeitig erkennen. Wenn wir hier immer noch den Streifen hätten, könnten die Passagiere mit dem grössten Recht passieren, ohne sich umzusehen, und Sie als Autofahrer hätten keine Chance, weil Sie den Fussgänger viel zu spät sehen. Das war der Grund, dass wir uns gesagt haben, dieser Fussgängerstreifen bringt hier nichts, er gaukelt eine Scheinsicherheit vor, da der Fussgänger sich in falscher Sicherheit wiegt, weil der Autofahrer gar nicht rechtzeitig bremsen kann.“
Temporär Tempo 30
Diese Überlegungen war laut Urs Kast der Grund, dass gleichzeitig mit der Aufhebung des Fussgängerstreifens auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit temporär auf 30 km/h gesenkt wurde. Eine entsprechende Verkehrsanordnung wurde anfangs April publiziert.
Diese gilt während der Bauzeit, solange der Ersatzbus fährt sprich bis 6. Oktober. Gleich anschliessend, bei der Wiederaufnahme des Bahnbetriebs am 7. Oktober soll wieder Tempo 50 gelten und der Streifen wieder aufgemalt werden.
Umfangreiche Vorabklärungen
Die Platzierung der provisorischen Haltestellen für die Ersatzbusse beim Bahnhof und der UBS war vorgängig von den Appenzeller Bahnen, zusammen mit Postauto und unter Mitwirkung von Kanton und Gemeinde bei Begehungen vor Ort abgeklärt worden, sagt Urs Kast. Im Interesse der Kundenfreundlichkeit habe man darauf geachtet, dass die Umsteigewege zwischen Bahn und Bus kurz seien. Auch Alternativen wurden geprüft, beispielsweise die Verlegung der Haltestelle bei der UBS weiter Richtung Linde. Doch dabei bestünde die Gefahr, dass die Passanten trotzdem nicht den Fussgängerstreifen benützen würden, sondern gleich den kürzesten Weg über die Strasse Richtung Bahnhof einschlagen würden.
„Es gibt keine perfekte Lösung“
Für die Sorgen der Teufner hat Urs Kast grosses Verständnis. „Wir nehmen diese wirklich ernst und sind uns auch bewusst, dass es nicht die perfekte Lösung ist. Aber es ist nun mal so, dass wir – einmal mehr – nicht alle Bedürfnisse unter einen Hut bringen.“ Vieles hänge auch davon ab, dass sich die Autofahrer an Tempo 30 halten würden. Die Polizei werde hier künftig noch vermehrt ein Augenmerk darauf haben und allenfalls mit Radarkontrollen präventiv für eine bessere Einhaltung der Limiten sorgen, falls dies notwendig wäre.
Für Urs Kast ist es letztendlich sicherer, wenn der Fussgänger weiss, dass er keinen Vortritt hat und sich entsprechend vorsichtig verhalten muss, als wenn er sich auf dem Fussgängerstreifen in falscher Sicherheit wiegt. „Fussgängerstreifen und Bushaltestellen vertragen sich hier einfach nicht. Appenzell Ausserrhoden wurde bisher zwar glücklicherweise verschont, aber wir wissen aus anderen Kantonen, dass an solchen Situationen schon gefährliche Unfälle passiert sind.“
Autofahrer und Buspassagiere sind gefordert
Der Ball liegt nun nicht nur bei den Autofahrern, sondern auch bei den Passagieren selber. „Wenn der Bus sich entleert und die Passagiere sich abwesend mit Kopfhörer oder handyierend über die Strasse bewegen, da bleibt einem nur die Möglichkeit stehen zu bleiben…. zu hoffen, dass keiner in das stehende Auto latscht“, schreibt ein Autofahrer in unseren Kommentarspalten.