Zweite Chance für den Liebegg-Tunnel?

03.04.2025 | Timo Züst

Am 24. November stimmte die Schweiz über den Bundesbeschluss 2023 über den Ausbauschritt für die Nationalstrassen ab. Und lehnte ab. 52,7 Prozent sagten «Nein». Knapp 45 % der Stimmbevölkerung waren an die Urne gegangen. Teil der Vorlage waren zwei Ostschweizer Tunnel-Projekte. Der Fäsenstaubtunnel im Kanton Schaffhausen sollte eine zweite Röhre erhalten. Und für den Rosenberg war eine dritte Tunnelröhre vorgesehen. Weiter sollte beim Areal Güterbahnhof ein neuer Autobahnzubringer entstehen. Nicht Teil des Ausbauschritts, aber direkt daran gekoppelt, ist der Bau des Liebegg-Tunnels. Befürworter des Projekts erhoffen sich durch diesen direkten Anschluss an die Autobahn von der Liebegg auf Ausserrhoder Boden eine nachhaltige Lösung der Verkehrsproblematik bzw. des Staus im Gebiet Riethüsli.

Ist die Vision vom Liebegg-Tunnel Geschichte? So hatten sich die Planer das Tunnelportal in der Liebegg vor der Abstimmung vom 24. November 2024 vorgestellt. Der Tunnel war zwar nicht Teil der abgelehnten Autobahn-Ausbauschritte – ist aber direkt daran gekoppelt.

Nun, ein halbes Jahr nach der Abstimmung, versucht ein «ostschweizerischer bürgerlicher Schulterschluss» die Ostschweizer Projekte doch noch durchzubringen. Ihr politisches Mittel: die Standesinitiative. Eine solche kann von jedem Mitglied eines Kantonsparlaments eingereicht werden. Heisst sie eine Mehrheit des Parlaments gut, wird sie nach Bern überwiesen, wo sich National- und Ständerat damit befassen. In Ausserrhoden ist diese Einreichung nun erfolgt – von Kantonsrat Werner Giezendanner (Teufen, parteilos) und Kantonsrätin Karin Jung (Herisau, FDP).

Sie fordern im Initiativtext konkret: «Unveränderte Aufnahme dritte Röhre Rosenbergtunnel (inkl. Zubringer Güterbahnhof) und zweite Röhre Fäsenstaubtunnel im nächsten Bundesbeschluss über den Ausbauschritt für die Nationalstrassen.» Ihre Argumente für die Annahme der Standesinitiative: Alle betroffenen Ostschweizer Kantone, also AR, AI, SG, SH und TG, hätten am 24. November 2024 geschlossen «Ja» gesagt.

Einerseits hat die Ostschweiz grossmehrheitlich ‘Ja’ gesagt und andererseits wurde sie in vorangegangenen Ausbauschritten zu wenig berücksichtigt.

Werner Giezendanner, Kantonsrat

Gegen dieses Vorgehen war rasch Kritik laut geworden. Der Volkswille werde missachtet, so die Tonalität im gegnerischen Lager. Darauf entgegnet Werner Giezendanner: «Das sehe ich überhaupt nichts so. Einerseits hat die Ostschweiz grossmehrheitlich ‘Ja’ gesagt und andererseits wurde sie in vorangegangenen Ausbauschritten zu wenig berücksichtigt.» Es sei deutlich weniger investiert worden als in allen anderen Regionen. Ob der Kantonsrat von Ausserrhoden seiner Meinung ist, wird sich bald zeigen. Bisher ist die Standesinitiative (Art. 160, BV) – im Kantonsratsgesetz von Appenzell Ausserrhoden als Parlamentarische Initiative (Art. 57) aufgeführt – noch für keine Sitzung traktandiert. Sie wurde aber von 35 Parlamentsmitgliedern (insgesamt: 65 Mitglieder) unterschrieben. Darunter auch fünf der sieben Teufner Kantonsräte. Die TP hat bei ihnen – und Gemeindepräsiden Reto Altherr – nachgefragt.

Als ÖV-Fan und Klappradfahrer setze ich mich gleichermassen für Verbesserungen im öffentlichen Verkehr und bei den Radwegen ein.

Roger Stutz, FDP

Roger Stutz (FDP): Die Schweizer Stimmbevölkerung hat mehrheitlich gegen den Autobahn-Ausbau gestimmt – das müssen wir berücksichtigen. Dennoch halte ich es für essenziell, den Verkehr in seiner Gesamtheit (motorisiert, Rad- und Bahnverkehr) zu analysieren und weiterzuentwickeln. Ein Nein bedeutet für mich nicht grundsätzlich ein Nein zur Weiterentwicklung der Straßeninfrastruktur. Als ÖV-Fan und Klappradfahrer setze ich mich gleichermassen für Verbesserungen im öffentlichen Verkehr und bei den Radwegen ein. Die Standesinitiative fördert wichtige Ostschweizer Projekte – etwa die dritte Röhre in St. Gallen, den Zubringer Güterbahnhof, den Zubringer Appenzellerland mit der Umfahrung Herisau oder die Engpassbeseitigung in Schaffhausen. Ich unterstütze sie, da sie den Strassenverkehr verbessert.

Der Volksentscheid sollte respektiert und nicht in dieser Form filetiert werden.

Alexander Assmus, GLP

Alexander Assmus (GLP): Die geplante Standesinitiative unterstütze ich so nicht. Der Volksentscheid sollte respektiert und nicht in dieser Form filetiert werden. Es erscheint zu einfach. Besser wäre, es als Anstoss zu verstehen, über flexible Formen der Mobilität nachzudenken und diese auszuprobieren. Die Voraussetzungen dafür sind in der Ostschweiz in der Regel gut, denn der ÖV ist gut ausgebaut.

Nur 3.6% der Ausgaben für den Nationalstrassenbau seit 1990 sind in die Ostschweiz geflossen.

Philipp Kessler, FDP

Philipp Kessler (FDP): Ich begrüsse die Standesinitiative und werde sie ausdrücklich unterstützen. Die Ostschweiz bildet bei der Nationalstrassenfinanzierung aktuell das Schlusslicht. Nur 3.6% der Ausgaben für den Nationalstrassenbau seit 1990 sind in die Ostschweiz geflossen. Die Nationalstrassen sind aber neben der Schiene der wichtigste Verkehrsträger und für ein funktionierendes Transportnetz unerlässlich. In unserem Kanton würde sich die Engpassbeseitigung sodann namentlich in der Entlastung der Herisauer Quartiere auswirken, aber auch von verbesserten Infrastrukturen in den Nachbarkantonen könnte die Ausserrhoder Bevölkerung profitieren. Es stimmt zwar, dass auf gesamtschweizerischer Ebene die Engpassbeseitigung sehr knapp mit 52% Neinstimmen abgelehnt wurde. Augenscheinlich war dabei jedoch, dass der Nein-Anteil in jenen Kantonen besonders hoch war, die entweder erst kürzlich noch selbst von einem Ausbau profitierten (bspw. Jura) oder in denen kein Engpassbeseitigungsprojekt vorgesehen waren (z.B. Tessin). Die Ostschweizer Kantone stimmten der Vorlage hingegen geschlossen zu, da hier ein Bedarf für solche Projekte besteht.

Das Vorgehen finde ich trotz des Nein an der Urne okay.

Hans Koller, FDP

Hans Koller (FDP): Ich unterstütze die Standesinitiative klar. Mit dem geplanten Tunnel werden Engpässe beseitigt und auch Quartiere vom Verkehr entlastet. Zudem ist es schon längst überfällig, dass unser Kanton einen direkten Zugang zur Autobahnen erhält. Das Vorgehen finde ich trotz des Nein an der Urne okay. Viele befürworteten die Vorlage – vor allem in der Ostschweiz – und ich glaube, es war gar nicht allen bewusst, was sie mit diesem Nein alles bewirkten.

Nachgefragt beim Gemeindepräsidenten

Herr Altherr, was ist Ihre Haltung zur geplanten Standesinitiative? Ist sie unterstützungswürdig?

Tatsache ist, dass die Schweizer Stimmbevölkerung den Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen abgelehnt hat. Tatsache ist aber auch, dass eine Verkehrsproblematik besteht und interkommunal und interkantonal dringend Lösungen gesucht sind. Im Sinne einer offenen Lösungssuche begrüsse ich die Standesinitiative.

Was sagen Sie zur bereits geäusserten Kritik an diesem Vorgehen? Missachtung des Volkswillens etc. …

Gesucht sind umsetzungsfähige und nachhaltige Lösungen. Dazu braucht es auch Offenheit. Wir dürfen uns den Tatsachen nicht verschliessen

Warum ist dieses Thema aus Teufner Sicht eigentlich wichtig? Und gäbe es auch Alternativen zur Behebung der Verkehrsprobleme?

Die verkehrsmässige Erschliessung des Appenzeller Mittellandes und Teilen des Hinterlandes und des Inneren Landes, also nicht nur von Teufen, basiert wesentlich auf der Achse St. Gallen – Lustmühle. Nach dem Nein zur STEP Vorlage haben wir den Kanton Appenzell-Ausserrhoden ersucht, die geplanten Massnahmen zu überprüfen und die Auswirkungen auf die Pförtneranlage und die Verkehrsentwicklung gemeinsam mit der Gemeinde erneut zu analysieren. Ziel soll es sein, eine Lösung zu finden, die den neuen Rahmenbedingungen gerecht wird und die langfristige Verkehrsinfrastruktur optimal berücksichtigt. Eine Antwort ist derzeit noch offen.

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