Zurück auf der grossen Bühne

21.09.2021 | Timo Züst
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Die beste Milchkuh von Walter Graf «Omara» (Mitte) zwischen ihren Stallgenossinnen. Foto: tiz Die Viehschau fiel letztes Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer. Heuer findet sie wieder statt: Am 23. September präsentieren die Teufner Landwirte ihre Kühe auf dem Zeughausplatz. Und es gibt auch etwas Besonderes zu feiern: Die Viehzuchtgemeinschaft (VZG) Teufen wird 125 Jahre alt.

Das Programm

Die Viehschau findet am Donnerstag, 23. September, auf dem Zeughausplatz statt. Die Landwirte fahren mit den Kühen bis spätestens 9.30 Uhr auf. Wer ihnen dabei zuschauen will, sollte sich vor 9 Uhr am Strassenrand einfinden. Am Vormittag finden die Rangierungen der einzelnen Abteilungen statt. Die Jungzüchter-Prämierung ist um 10.30 Uhr. Die Spezial-Wettbewerbe beginnen ab 13.45 Uhr, ab 16 Uhr machen sich Kühe und Landwirte wieder auf den Heimweg. Der für den 25. September geplante Jübiläumsabend wurde aufgrund der Corona-Regelungen abgesagt.
Omara ist etwas scheu. Sie streckt das Maul lieber zwischen den Gitter-Stangen durch. Erst als ihr Walter Graf beruhigend die Hand hinhält, hebt sie stolz den Kopf und stellt die Ohren auf. Für die Bescheidenheit gibt es eigentlich keinen Grund: Omara ist die produktivste Kuh im Stall von Landwirt Walter Graf. «Das hier habe ich vom Schweizerischen Braunviehzuchtverband in Zug bekommen.» In der Hand hält er ein eingerahmtes Foto von sich, Omara und Partnerin Rösli. Der Grund für die Auszeichnung: Omara hatte damals, im Frühjahr 2019, Lebensleistung von 100’000 Kilogramm Milch erreicht. So produktiv sind nur wenige Kühe. Der Durchschnitt liegt bei rund 30’000 Kilogramm. «Ich hatte noch nie eine, die so lange so gut Milch gab. Und ihr geht es nach wie vor gut. Sie ist jetzt bei 120’000, vielleicht schafft sie es sogar auf 125’000.» Walter Graf ist Präsident der Viehzuchtgemeinschaft (VZG) Teufen. Derzeit kümmert er sich nicht nur um seinen Hof im Schönenbüel, sondern organisiert mit dem zuständigen OK auch die nächste Viehschau – inklusive Jubiläumsfest. Denn die VZG ist heuer 125 Jahre alt. Das lockt einige Landwirte mehr an die Schau als sonst: Statt der 213 Kühe, die 2019 auffuhren, sind für den 23. September knapp 270 Tiere von neun Landwirten angemeldet. «Das ist schön. Und nach dem Corona-Ausfall im 2020 wird der Tag sowieso eine besondere Freude.» Laktationen und Miss-Wahl Walter Graf ist gut vorbereitet. Auf dem Holztisch in der Stube seines Appenzellerhauses liegen die Protokolle der vergangenen Viehschauen und diverse Zeitzeugnisse aus der 125-jährigen Geschichte. Eine Excel-Tabelle bietet eine Übersicht der Tiere an der jüngsten Viehschau 2019. «Beim Einteilen halten wir uns an die Schauvorschriften des Kantons. Pro Abteilung sollten es nicht mehr als 25 sein – sonst wird es unübersichtlich », erklärt Walter Graf. Am meisten Kühe gibt es in der Klasse «1. Laktation». Das bedeutet: Die Kühe geben nach der Geburt ihres ersten Kalbs auch zum ersten Mal Milch. Darauf folgen die 2., 3., 4. und 5. Laktation. Und dann gibt es noch die Ausnahme-Kühe, die eine Lebensleistung (LL) von über 50’000 oder gar über 100’000 Kilogramm erreichen. In der letzten Kategorie – zu der auch Omara gehört – gab es 2019 nur zwei Tiere. «Natürlich braucht es die richtige Betreuung und die richtige Zucht für so einen Erfolg. Aber es gehört schon auch etwas Glück dazu. Die Kuh muss gesund bleiben, das ist das wichtigste.» Am häufigsten fotografiert werden bei einer Viehschau allerdings nicht die erfolgreichsten Milchkühe, sondern die «Missen». Ab diesem Jahr werden jeweils eine Kuh der Rasse «Original-Braunvieh» und eine von «Brown-Swiss» ausgezeichnet. «Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Milchproduktion sicher wichtiger. Aber es ist trotzdem etwas Spezielles, wenn man eine Miss im Stall hat.»
Walter Graf mit seiner Kuh «Omara» und Partnerin Rösli. Foto: Braunvieh Schweiz Im Strukturwandel Beim 100-jährigen Jubiläum der VZG Teufen im Jahr 1996 besammelten sich über 550 Kühe von 20 Ausstellern auf dem Zeughausplatz. Heuer werden mit 270 Kühen zwar deutlich mehr als 2019 erwartet – trotzdem ist der Rückwärtstrend offensichtlich. Und ein Blick in den Katalog der Viehschau 1996 zeigt: Die Landwirtschaft in Teufen befindet sich schon länger im Wandel. Darin schreibt Aktuar Johannes Enz beispielsweise: «Etwa ab Mitte der 80er-Jahre kam es zur grossen Umwälzung. Immer mehr wurde vom biologischen Landbau gesprochen. Der Landwirtschaft wurde die Schuld an der Produktion von Überschüssen zugeschoben. Von den grossen Leistungen der Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten spricht kaum jemand. Mit komplizierten Massnahmen wird versucht, die neue Richtung anzugeben (…). Was hat dann in dieser neuen Landschaft die Viehzucht und damit die Viehzuchtgemeinschaft noch für eine Aufgabe? Diese Frage stellt sich ernsthaft.» Darauf folgt eine tabellarische Übersicht der Tier- und Mitgliederbestände der VZG Teufen. Bei der Gründung waren 14 Landwirte mit 56 Kühen mit von der Partie. In den ersten 50 Jahres ihres Bestehens nahm die Zahl der Mitglieder stetig zu. Der Rekord wurde im Jahr 1950 mit 109 verzeichnet. Von da an ging es wieder rückwärts – heute sind es noch 21. Gleichzeitig nahmen die Anzahl Kühe und die Milchleistung stetig zu. Ein eindeutiges Zeichen für den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Johannes Enz schrieb dazu im Jahr 1996 unter dem Titel «Ausblick»: «Heute ist bald jeder Nichtlandwirt Sachverständiger in agrarpolitischen Fragen und Spezialist auf den Gebieten der Ökologie und des Tierschutzes (…). Sinkende Produktepreise auf nach wie vor hohem Produktionsniveau (Boden, Gebäude, Maschinen, Arbeitskräfte, Auflagen für Ökologie und Tierschutz) machen den Bauern zu schaffen (…). Eine sogenannte Neuorientierung der Landwirtschaftspolitik ist in vollem Gange.» Dieser Umbau hat sich auch nach 1996 fortgesetzt. Und so – vermutet Walter Graf – wird es noch weitergehen: «Wir können heute froh sein, haben wir noch neun Landwirte, die zur Viehschau kommen und so viele Tiere mitnehmen. Es ist schwierig zu sagen, wie es in 10, 20 Jahren aussieht. Der Aufwand für die Schau bleibt auf jeden Fall gleich gross.» Tagwache ist um 4 Uhr «Die Viehschau ist immer ein sehr schöner Tag. Besonders wegen des Kontakts zur Bevölkerung. So können wir uns mal wieder in einem guten Licht zeigen», sagt Walter Graf. Das ist einer der Gründe, warum man den Anlass trotz Jubiläum nicht auf den Samstag verlegt hat: So haben auch die Schulen die Möglichkeit, bei der Auffuhr und anschliessenden Viehschau zuzuschauen. «Gerade für die Jungen ist das eine wertvolle Erfahrung. » Für den Landwirt ist eine Viehschau aber auch immer mit viel Aufwand verbunden. Die Arbeit beginnt schon einige Tage zuvor – mit dem Einhagen der Route. Am Vortag werden die Kühe bereits ein erstes Mal gewaschen. Der Wecker von Walter Graf wird am 23. September dann gegen 4 Uhr klingeln. So reicht die Zeit noch für das Melken und erneute Putzen der Tiere. «Das ist dann jeweils etwas nervig, wenn sie sich in der Nacht wieder dreckig gemacht haben.» Darauf folgt das Frühstück mit den Sennen – kurz vor 9 Uhr ist Abmarsch.  tiz

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