

Monica Dörig
Das Wirken von Kurator Ueli Vogt im Zeughaus Teufen wurde in einer speziellen Dokumentation festgehalten. Das Buch wurde am vergangenen Sonntag präsentiert und Ueli Vogt nach elfjährigem wucherndem Wirken verabschiedet.
Es war der letzte Auftritt des bisherigen Kurators Ueli Vogt im Zeughaus Teufen. Als letzten Akt präsentierte er zusammen mit Mitherausgeberin Maria Nänny ein Buch, das sein elfjähriges Schaffen dokumentiert und spiegelt. Gestaltet hat es «Hausgrafiker» Samuel Bänziger zusammen mit den Kunstbuchverlegerinnen Larissa Kasper und Rosario Florio (Jungle Books).
Das Flüchtige sichtbar machen
Man habe bewusst das Medium Buch gewählt, da digitale Inhalte für Viele unsichtbar bleiben oder irgendwann verschwinden, sagt die Projektverantwortliche, Maria Nänny, Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin aus Bühler. «Von den mehr als 60 Ausstellungen zwischen 2012 und 2022 ist eine schier unüberblickbare Menge professioneller, beauftragter und beiläufig entstandener Bilder geblieben», erzählte sie bei der Buchvorstellung. Das Flüchtige aus diesen Jahren sichtbar zu machen, sei eine Absicht hinter dem Buch. Seit 2012 sammelten sich auch Presseartikel, Postkarten, Plakate, Einladungskarten an. In «1xZHT» sind 11 000 Fotos versammelt, sowie Texte von Kreativen, Stiftungsräten, Kuratoren, Schreibenden, Weggefährten und Gästen. «Wie das Netzwerk, das das Zeughaus umspannt und die Menschen, die darin wirkten, sind die Texte vielstimmig» – eine Auslegeordnung des Ausstellungmachens in der Provinz, des Entwickelns neuer Formate. Ueli Vogt hat sowohl den ländlichen Raum als auch das Ungenaue und das Unberechenbare immer als Chance verstanden. In Anlehnung an sein Schaffen nannten die Buchgestaltenden das 429 starke und erstaunlich leichte Buch «Zwischenbuch».
Leuchtturm in der Region
Mit seiner ungewöhnlichen Art, Kunstschaffenden eine Plattform zu bereiten, die Baukunst in den Fokus zu rücken, die Wege zur Kunst für unterschiedlichste Menschen zugänglich zu machen (unter anderem mit 645 Führungen) und mit seiner Erfindung der Zwischenstellungen – spontan und prozesshaft gestaltete Übergänge zwischen den Ausstellungen – machte Ueli Vogt den einst weissen Fleck auf der Ausserrhoder Kunstlandkarte zu einem Leuchtturm für zeitgenössisches Kunstschaffen in der Region. «Die Kernkompetenz des Menschen ist das Ungenaue» lautet ein geflügeltes Wort von Ueli Vogt. Anna Beck Wörner und Angela Kuratli, zwei Kunstvermittlerinnen, haben ein «ungenaues Register» erstellt, das die Fülle an Erinnerungen im Buch strukturiert: Es beginnt mit Abgründen und Abweichungen und endet bei Zufall und Zwischenstellung, und es liest sich wie konkrete Poesie. Ueli Vogt hat den Grafikern und Verlegerinnen sein ganzes Archiv zur Verfügung gestellt. «Wir wollten bewusst dieses Viele zeigen, und nicht zehn Highlights herauszupfen», erklärten sie. «Eigentlich findet man eine fast elfjährige Ausstellung – und vielleicht auch sich selber – zwischen zwei Buchdeckeln».
Chaos, Dissonanz, Ungenaues
Zur Vernissage des Buches und zum Abschied von Ueli Vogt sind am Sonntagnachmittag viele Freunde und Freundinnen der Institution und des scheidenden Kurators ins Zeughaus gekommen, viele Kunstschaffende und Mitwirkende, Stiftungsräte, Kuratoren, Vertreter von Kulturstiftungen und -ämtern und der Ausserrhoder Kulturdirektor Alfred Stricker. Stiftungsratspräsident Matthias Tischhauser begrüsste sie unter dem Dach, dort wo auch das Vermächtnis der Baumeister Grubenmann ausgestellt ist. Er gab bekannt, dass sich Ueli Vogt als Abschiedsgeschenk ein Bild von Hans Schweizer aussuchen darf. Der frischpensionierte Kurator des Kunstmuseums und der Kunsthalle Appenzell, Roland Scotti, hielt die «Überraschungsrede ». Er bedauerte, dass eine Zusammenarbeit mit Vogt nicht möglich war – zu unterschiedlich waren Aufgaben und Ausrichtungen in ihren Häusern. Für Scotti sei das Zeughaus eine Parallelwelt gewesen, erinnerte er sich an den ersten Eindruck, aber aus dem Chaos würden bekanntlich Sterne geboren. Das Chaos, die Dissonanz im Zeughaus hätten Denken erzeugt, das Sehen herausgefordert, den Besuchenden Gedankensterne mitgegeben – was bei konventionellen Ausstellungen oft vermisst werde. Vor allem die vibrierenden Zwischenräume lobte er und die Zwischenstellungen: «Ein herrliches Instrument zur Weiterführung und Einbindung». Das habe eine ständige Wachheit auf einem soliden Ideenfundamt bedingt.
Ab nächstem Jahr wird Ueli Vogt im Kunstraum Kreuzlingen wirken. Am 1. Januar 2023 übernehmen Lilia und David Glanzmann die Leitung des Zeughauses Teufen. Bis im Frühling ist in dessen Räumen «an Sammlung – eine Art Epilog» zu sehen, ein Sammelsurium an Kunstwerken und Materialien – Hinterlassenschaften von Ueli Vogts wucherndem Wirken.