Alle vier Jahre führt der Kanton Ausserrhoden eine Baumpflanzaktion durch. Dabei können Bauerfamilien und Grundeigentümer Hochstammobstbäume und Spezialbäume wie Eichen, Linden oder Ahorn für den niedrigen Stückpreis von 20 Franken erstehen. Möglich macht das die Finanzierung durch Kanton, Bund und diverse Stiftungen. Mit dem Kauf des Baums ist es aber nicht getan: Er will auch richtig eingepflanzt und gepflegt werden.
«Sie sehen jetzt vielleicht etwas tot aus. Aber sie sind sehr wohl lebendig.» In der kleinen Böschung zwischen Zeughausplatz und Zeughausstrasse hat Stefan Freund ein rund 30 Zentimeter tiefes Loch gegraben. Dahinter steckt ein zwei Meter langer Stützpfahl aus Eiche im Boden. «Bei der Baumpflege folgen wir immer den Grundsatz: Schnitt gleich Leben.» Stefan Freund hält einen jungen Apfelbaum in der linken und eine Gartenschere in der rechten Hand. Eigentlich arbeitet er beim Landwirtschaftlichen Zentrum SG und ist dort als Betriebsleiter für die Obstanlage in Flawil zuständig. Heute ist er in anderer Mission unterwegs. Er gibt den Kunden der Ausserrhoder Baumpflanzaktion Tipps für das Einsetzen ihrer neuen Hochstammbäume. Gerade geht es um die Wurzeln: «Für das Überleben der Pflanze sind diese kleinen, feinen Wurzeln wichtiger als die dickeren. Sie ziehen das Wasser aus dem Boden. Und mit ein, zwei gezielten Schnitten vor dem Einsetzen regen wir das Wachstum solcher neuer Saugwurzeln an.»
Wertvoller Lebensraum
Auch das «strenge» Stutzen der Äste (ein Hauptast ohne Konkurrenten), der Mäuse- und Stammschutz (Mausgitter / Plastikrohr), die richtige Abfolge beim Auffüllen des Einsetz-Lochs (erst der zerhackte Rasen auf die Wurzeln, dann Hummus, dann Muttererde) und die Verwendung eines stabilen Stützpfahls sind Thema seiner Einführung. Es ist die erste der heutigen Baumpflanzaktion auf dem Zeughausplatz. Die zweite folgt am Nachmittag. Zuhörerinnen und Zuhörer hat er genug. Niemand will den neuen Baum an Schädlinge oder das Wetter verlieren. Trotzdem: Wie viele der Jungbäume wirklich überleben, ist schwer zu sagen. «Natürlich wären uns 100 Prozent am liebsten. Aber ich vermute, zwei Drittel ist eine realistischere Schätzung.» Andres Scholl vom Amt für Raum und Wald beim Kanton hat die Aktion mit organisiert. Er ist für den Bereich Naturschutz zuständig und hat sich auch um die Finanzierung gekümmert. «Ein Obstbaum wäre sonst zwischen 60 und 100 Franken. Ein Spezialbaum wie eine Eiche über 160. Hier kosten sie alle je 20 Franken.» Die Differenz sowie die Kosten für Personal, Organisation und Kommunikation übernehmen Kanton, Bund und diverse Stiftungen. Laut Andres Scholl eine lohnende Investition: «Diese Hochstammbäume bieten Nahrung und Lebensraum für diverse Insekten, Säugetiere und Vögel. Ausserdem werten sie unser Landschaftsbild auf und haben auch eine Schutzfunktion – zum Beispiel für Gebäude.»
Beliebte Obstbäume
Die Baumpflanzaktion wird heuer zum achten Mal durchgeführt. «Es gingen in ungefähr gleich viele Bestellungen ein wie vor vier Jahren», sagt Inge Schmid. Sie ist Fachexpertin für Bäuerliches Bodenrecht beim Kanton und für die logistische Seite des Anlasses zuständig. Die Bäumchen, die fein säuberlich auf dem Kiesplatz aufgereiht auf ihre neuen Besitzer warten, mussten bis Ende des vergangenen Jahres bestellt werden. So reichte die Zeit für das Heranziehen. «Sie stammen alle aus der Schweiz. Aber um so eine Menge bereitstellen zu können, mussten wir diverse Baumschulen anfragen – teilweise bis nach Bern.» Verteilt werden hier heute 1200 Bäume. Den Löwenanteil machen die 16 Apfel- und 9 Alte Apfelsorten aus. Aber auch Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Nussbäume sind vertreten. Dazu kommen noch die «Spezialbäume»: Winter- und Sommerlinde, Ahorn und Eiche. «Die Verteilung der Sorten entspricht in ungefähr den Vorjahren. Auffallend war bloss der höhere Nussbaum-Anteil», sagt Inge Schmid.
Insgesamt hat der Kanton über diese Aktion schon 11’500 Bäume in Umlauf gebracht. Einzige Bedingung: Der Baum muss auf dem Kantonsgebiet gepflanzt werden. «Wir prüfen deshalb, ob die Käufer das entsprechende Land besitzen bzw. bewirtschaften dürfen. Aber natürlich ist das am Ende auch eine Vertrauenssache.» tiz