Erich Gmünder
Zwar hätten die vielen Kochsendungen im TV und der Starkult um die Gault-Millau-Köche zu einem wachsenden Interesse an der Gastronomie geführt, stellt Waldegg-Wirt Chläus Dörig fest. «Es kommen oft junge Leute zum Schnuppern, die sich schon als Starköche sehen.»
Die Realität sehe aber anders aus: Lange Arbeitstage bis in den Abend hinein und an den Wochenenden schreckten viele ab, so dass es schwieriger geworden sei, Nachwuchs zu rekrutieren. «Dabei haben wir einen unheimlich kreativen Beruf, und wer es schafft, dem stehen die Türen im In- und Ausland offen.» Auch Chläus Dörig hat seine Sporen an verschiedenen Stellen abverdient, bevor er vor 34 Jahren den elterlichen Betrieb übernahm und zusammen mit seiner Frau Anita zu einem regional führenden Gastroun-ternehmen ausbaute. Auch alle seine Stifte müssen deshalb nach der Lehre den Betrieb verlassen, um den Rucksack zu füllen.
Er sei stolz, dass noch nie einer seiner Stifte durch die Prüfung gefallen sei, auch wenn manchmal «e Hoseli» darunter war, sagt Chläus in seinem typischen Innerrhoder Dialekt. Das heisse, in der nicht gerade üppigen Freizeit mit manchem Stift «zeme hocke» und den Schulstoff büffeln. Umso grösser dann der Stolz, wenn die Prüfung bestanden ist. «Bei der Übergabe des Fähigkeitszeugnisses bin ich selber gerührt, wenn ich die strahlenden Augen der jungen Leute und ihrer Eltern sehe.» Als «Lehrlingsvater» des Gastroverbandes AR hat er diese emotionalen Feiern regelrecht inszeniert; sie finden jeweils in einer Kirche statt.
Insgesamt 58 junge Leute sind bereits durch die Schule des Waldegg-Wirts und seiner Frau Anita gegangen. Einige führen heute selber bekannte Restaurants, so Ralf Frischknecht vom Sternen in Bühler – der von ihm auch das Amt des «Lehrlingsvaters» übernommen hat –, Ruedi Manser vom Alten Säntis oder Stefan Sutter vom Hotel Appenzell. Einiges habe sich in dieser Zeit verändert: «Bei den Jungen dreht sich heute alles um das Handy, und das merkt man, wenn sie nach nächtelangen Spielen übermüdet zur Arbeit kommen und unkonzentriert sind.» In zwei Fällen führte das zu einem Lehrabbruch. Das seien aber Ausnahmen.
„Nichts für Weicheier“
Die «Freude an den Jungen» und die Qualität des Berufsstandes sind es, welche Chläus Dörig antreiben, Lehrlinge auszubilden. «Es nützt nichts zu jammern, wenn wir keinen Nachwuchs kriegen. Wer ernten will, muss halt auch säen», umschreibt er seine Motivation für das leidenschaftliche Engagement. Sich selber bezeichnet er als «strengen Lehrmeister», der den Jungen einiges abverlange. «Der Kochberuf ist nichts für Weicheier: Wenn draussen der Service losgeht, müssen in der Küche alle anpacken, und da ist der Ton halt manchmal nicht so sanft.» Danach sitze man aber wieder zusammen und feiere Erfolge. Denn: «Wir haben zwar einen harten Beruf, aber den schönsten Beruf überhaupt.»
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