Gegen die Ungültigkeitserklärung ihrer Doppelspur-Initiative haben die Initianten Beschwerde eingelegt. Nun droht ein Rechtsstreit. Foto: tiz
Die Doppelspur-Initiative wurde vom Gemeinderat Ende März für ungültig erklärt. Darauf folgte eine öffentliche Gegenreaktion der Initianten – inkl. Androhung des Rechtswegs. Was löst das beim Gemeinderat aus? Und wie steht er zu den vielen Vorwürfen? Die TP hat Gemeindepräsident Reto Altherr gefragt.
Herr Altherr, wurde gegen den Entscheid, die Doppelspur-Initiative für ungültig zu erklären, Beschwerde erhoben?
Ja. Wir wurden darüber informiert, dass beim Regierungsrat eine Beschwerde eingegangen ist. Die Verfahrensführung liegt nun beim Kanton und wir warten auf entsprechende Instruktionen ab.
Welche Gefühle löst das bei Ihnen aus?
In erster Linie bin ich sehr enttäuscht. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die Initianten sich nicht für einen Rückzug entschieden haben. Schliesslich wurden ihre Anliegen weitgehen berücksichtigt und der Gemeinderat konnte auch beim Bundesamt für Verkehr (BAV) einen Verhandlungserfolg erzielen.
Um was ging es beim BAV?
Um die sogenannten Überbrückungsmassnahmen (Signale, Barrieren) zur Sicherung der Ortsdurchfahrt. Das BAV hatte den Gemeinderat Anfang November darüber informiert, dass diese für die Zwischenphase bis zu einer allfälligen Realisierung einer Tunnelvariante nötig wären. Die Kosten dafür – rund 5 Mio. Franken – müsse die Gemeinde tragen.
Über diese Kosten wurde dann verhandelt?
Genau. Eine Delegation des Gemeinderates hat beim BAV in Bern vorgesprochen. Erfreulicherweise hat das BAV danach zugesagt, die Kosten vollständig zu übernehmen. Es will damit ihren Teil zu einer unbelasteten Diskussion der Linienführung in Teufen beitragen. Allfällige provisorische Sicherungsmassnahmen würden somit dem Bahninfrastrukturfonds des Bundes und nicht der Gemeinde Teufen belastet. Falls dies nicht gelungen wäre, hätte der Projektierungskredit für den Tunnel um weitere 5 Mio. Franken aufgestockt werden müssen.
Bei den Verhandlungen mit dem Initiativkomitee ging es aber noch um andere Punkte. In einem Interview mit der TP werfen die Initianten dem Gemeinderat vor, er hätte die Verhandlungen abgebrochen …
Lassen Sie mich klarstellen: Der Gemeinderat hatte sich am 27. Februar zu einer ausserordentlichen Sitzung mit dem Initiativkomitee und den Rechtsvertretern Herrn Prof. Dr. Heselhaus (Vertreter des Initiativkomitees) und Herrn Prof. Dr. Schindler (Vertreter der Gemeinde Teufen) getroffen. Dabei hat der Gemeinderat in einer offenen Diskussion nach einer Kompromisslösung gesucht. Er versuchte, eine Möglichkeit zu finden, die den Stimmbürgern eine rechtskonforme Gelegenheit bietet, ihren Willen zum Projekt Doppelspur zum Ausdruck zu bringen. Dank der Mithilfe der beiden Professoren konnte eine solche Lösung gefunden werden. Nämlich die Abstimmungsfrage zum Projektierungskredit für einen Bahntunnel – vom Bahnhof bis Stofel – mit einer Konsultativbefragung zur Doppelspur zu ergänzen. Im Gegenzug hätten die Initianten die Initiative zurückgezogen. Und damit den Weg frei gemacht für eine Abstimmung.
Die Initianten beharren auf der Darstellung, der Vorschlag dieser Koppelung (Projektierungskredit und Konsultativbefragung) sei von ihnen gekommen. Stimmt das?
Gute Ideen haben immer viele Väter. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Prof. Dr. B. Schindler (Rechtsberater der Gemeinde) diese Idee eingebracht. Aber lassen wir das.
Stimmt es eigentlich, dass das Komitee von der Ungültigkeitserklärung erst durch Medienanfragen erfahren hat?
Nein. Das Initiativkomitee hat die Information selbstverständlich vor Versand der Medienmitteilung erhalten.
Wie kam es denn nun zum Abbruch der Verhandlungen?
Das Initiativkomitee hatte dem Gemeinderat nach einer weiteren Besprechung sechs Bedingungen für den Rückzug der Initiative gestellt. Drei dieser Punkte können wir erfüllen. Ein weiterer Punkt ist zudem bereits erfüllt: Die monierte Projektvereinbarung zwischen Bahn, Kanton und Gemeinde ist nach Rücksprache mit den Partnern bereits auf der Homepage „Zukunft Teufen“ aufgeschaltet.
Also enthält sie nichts – wie von den Initianten vermutet –, das dem Gemeinderat schadet?
Nein, absolut nicht. Und nun können sich alle selbst davon überzeugen
Warum hat man denn so lange mit der Herausgabe gewartet?
Selbstverständlich haben wir bei den beiden Projektpartnern vor der Veröffentlichung ihr Einverständnis eingeholt, was etwas Zeit brauchte.
Sie sprachen von zwei Forderungen, die Sie nicht erfüllen können. Welche sind das?
Dies sind einerseits die Kosten des Projektierungskredites. Die Initianten verlangen, dass diese zu je einem Drittel auf Bahn, Kanton und Gemeinde aufgeteilt werden. Gemäss den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes haben aber Dritte, wie beispielsweise eine Gemeinde, die Kosten für die Ausarbeitung eines Alternativvorschlages zu bezahlen. Die Forderung, dass sich Bahn und Kanton an den Kosten des Projektierungskredites beteiligen, kann durch uns nicht erfüllt werden. Ausserdem: Bahn und Kanton haben übrigens zur Prüfung verschiedenster Eingaben ohne Verpflichtung auf Verlangen der Gemeinde bereits erhebliche Mehrkosten getragen.
Dann wäre da noch der letzte Punkt.
Dieser betrifft die Forderung, lediglich ein Vorprojekt für die Tunnelvariante ausarbeiten zu lassen. Dazu kann ich nur sagen: Wir alle haben erlebt, wie stark die Kosten in den verschiedenen Bearbeitungsstufen differieren können. Lernen wir doch daraus und machen die gleichen Fehler nicht noch einmal. Es ist absolut zwingend, Gleiches mit Gleichem zu vergleichen, alles andere ist nicht seriös und wird uns eines Tages wieder einholen.
Sie müssen sich hier einige Vorwürfe gefallen lassen. Gleich noch einer: Das Initiativkomitee wirft dem Gemeinderat vor, nicht ergebnisoffen zu sein
Schon die Tatsache, dass der Gemeinderat den Teufner Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Frage für einen Tunnelprojektierungskredit vorlegt, ist hier wohl Antwort genug.
Die Initianten sagten der TP auch explizit: „Wir würden weiter verhandeln.“ Sieht der Gemeinderat noch Verhandlungsspielraum?
Der Gemeinderat hat alles Vertretbare versucht, um die Abstimmung zu ermöglichen. Die beiden Forderungen nach Aufteilung der Kosten für den Projektierungskredit und eine Projektierung nur auf Vorprojektstufe sind wie bereits vorgängig dargelegt nicht erfüllbar bzw. widersprechen – im Falle einer Projektierung nur auf Vorprojektstufe – völlig unseren Wertvorstellungen einer seriösen Aufarbeitung.
Sind nun also alle Türen zugeschlagen?
Nein, natürlich nicht. Geben wir doch den Teufener Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Möglichkeit sich zum Projektierungskredit zu äussern. Es ist sicherlich in niemandes Interesse, dies zu verhindern. Der Gemeinderat ist bereit dazu. In diesem Zusammenhang ist nochmals mit aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass die heutige Linienführung, das heisst der Status quo, keine Alternative ist. Eine Initiative kann übrigens auch noch zurückgezogen werden, wenn bereits Beschwerde eingereicht wurde.
Derzeit klingt es bei den Initianten allerdings eher anders. Sie drohen damit, den Rechtsweg durch alle Instanzen zu verfolgen. Wie schlimm wäre das für Teufen? Würde das wirklich einen jahrelangen Halt bedeuten?
Ziehen die Initianten die Initiative oder die Beschwerde nicht zurück, besteht die Gefahr eines Stillstands. Fazit: Unser Dorf bleibt stehen.
Und noch eine letzte Frage: Auf einen ODT-Artikel auf „tposcht.ch“ folgt meist die obligate Diskussion in der Kommentarspalte. Dabei werden viele „Fakten“ genannt und der Tonfall kann auch mal etwas intensiv werden. Lesen Sie diese Kommentare? Und was lösen Sie bei Ihnen und dem Gemeinderat aus?
Selbstverständlich lesen meine Kolleginnen und Kolleginnen und ich die Kommentare. Wir freuen uns über konstruktive Beiträge und ärgern uns über die anderen. Ich denke, das ist eine ganz normale, menschliche Reaktion. Die Kommentarspalte ist für den Gemeinderat aber kein Kommunikationskanal, über welchen wir hin und her diskutieren. Die gemeinderätlichen Beiträge erfolgen über Medienmitteilungen bzw. Textbeiträge. tiz