Die letzten zwei Juni-Wochen stehen im Zeichen der Windkraft. Am 22. und am 29. Juni findet je eine Info-Veranstaltung im Lindensaal statt. Letztere wurde vom Verein Pro Landschaft AR/AI organisiert – sie sprechen sich gegen Windräder im Appenzellerland aus. Den Anlass von dieser Woche hat die Vereinigung Appenzeller Energie initiiert. Sie setzt sich seit über 30 Jahren für mehr nachhaltige Energie im Kanton ein.
Markus Rutsch seufzt am anderen Ende der Leitung. Nach einer kurzen Pause sagt er: «Wissen Sie was: Ich lege Ihnen die nötigen Unterlagen aufs Mail, okay?» Eine häufige Antwort auf zu grosse Fragen wie: Was ist die Vereinigung Appenzeller Energie? Eine E-Mail ist trotzdem nicht nötig. Die Vereinigung ist im Internet gut dokumentiert. Sie wurde vor 32 Jahren von Markus Rutsch – er ist nach wie vor Präsident – und dem Textil-Unternehmer Hanspeter Walser gegründet. Dabei erhielten sie Unterstützung von allen politischen Parteien. «Das war eine andere Zeit. Stellen Sie sich vor: Wir realisierten die erste Photovoltaik-Anlage im Kanton noch gegen den Willen des Regierungsrates. Heute werden sie gefördert.»
Das Engagement der Vereinigung hat trotz der drei Jahrzehnte nicht nachgelassen. Ihr jüngster Erfolg: das neue Energiegesetz. Die Prämisse, dass bis 2035 mindestens 40 Prozent des in Ausserrhoden verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen muss, geht auf die Initiative «erneuerbAR – Initiative zum Ausbau erneuerbarer Energien» zurück. Die Vereinigung hatte sie in Zusammenarbeit mit der Klimajungend AR lanciert. Nach der Annahme des Gesetzes am 25. September 2022 rückt nun die Erreichung der Ziele in den Vordergrund. «Davor hatte sich die Regierung gegen Windkraft ausgesprochen. Nun hat sich das geändert», sagt Markus Rutsch. Konkret plant der Regierungsrat sechs mögliche Windkraft-Standorte in den neuen Richtplan aufzunehmen. Drei davon geniessen erste Priorität: die Waldegg, die Honegg (Trogen / Wald) und Gstalden (Heiden / Wald). In diesen drei Gebieten könnten dereinst bis zu elf Windräder gebaut werden. Die Grundlage dafür bildet eine vom Kanton in Auftrag gegebene Eignungsstudie. «Um sie soll es am 22. Juni gehen. Wir wollen weder für Windkraft weibeln noch die Studie kritisieren. Wir glauben, dass das Ganze auf den Tisch kommen soll, damit die richtigen Fragen gestellt werden können.»
Kanton ist anwesend
Bereits eine Woche nach dem Anlass der Vereinigung Appenzeller Energie geht es im Lindensaal wieder um Windenergie. Dann schlägt die Stunde der Gegner. Der Verein Pro Landschaft AR/AI kämpft im ganzen Appenzellerland gegen den Bau von Windrädern. Inzwischen hat sich um Manfred und Sabine Kirsch eine Teufner Sektion gebildet. Sie sagten im Mai zur TP: «Teufen hat durchaus ein grosses Energie-Potenzial. Aber nicht dank dem Wind, sondern dank der Sonne. Wir sollten viel mehr auf Photovoltaik setzen und dafür unsere einzigartige Landschaft schützen.» Auch wenn sie sich als Gegner von Windrädern auf der Waldegg – und generell im Appenzellerland – bezeichnen: Die Info-Veranstaltung am 29. Juni wollen sie möglichst objektiv halten. Falls möglich soll auch eine Vertretung des Kantons zu Wort kommen.
Für den Anlass eine Woche zuvor wurde bereits eine entsprechende Repräsentation angekündigt: Markus Fäh, Kantonsplaner vom Amt für Raum und Wald, wird die Studie «Eignungsgebiete Windenergie AR» vorstellen. Er ist der Einladung der Vereinigung Appenzeller Energie gefolgt. «Sein Vortrag soll die Grundlage für spätere Fragen legen. Da gibt es natürlich einige. Zum Beispiel, warum die Waldegg in erster Priorität aufgenommen wurde – und der Suruggen nicht. Obwohl man weiss, dass der Wind dort stärker bläst», sagt Markus Rutsch. Für ihn ist klar: Es wird Windräder im Kanton brauchen, wenn man die Energieziele erreichen will. «Aber der Dialog soll geführt und die richtigen Gebiete müssen gefunden werden.» tiz