Hinweis: Da am Sonntag auch viele externe Besucherinnen und Besucher erwartet werden, bittet die Kirchgemeinde (falls möglich) um Anreise zu Fuss, dem Velo oder mit ÖV.
Herr Staub, am Sonntag empfangen Sie den CdA in der katholischen Kirche im Stofel zum «Gespräch an der Kanzel». Wie lockt man den Armee-Chef nach Teufen?
Wie bei so vielem war auch hier das Netzwerk entscheidend. Ich kenne Thomas Süssli. Zudem hat diese Gesprächsreihe inzwischen eine gewisse Bekanntheit erlangt. Auch dank Gästen wie Alt-Bundesrat Adolf Ogi, Alt-Bundesrätin Doris Leuthard, Filmemacher und Schauspieler Beat Schlatter oder TV-Legende Beni Turnheer.
Sie sind nicht nur Diakon der katholischen Kirchgemeinde Teufen Bühler Stein – Sie sind auch Armeeseelsorger. Ich nehme an, Sie trafen Thomas Süssli in dieser Funktion?
Genau. Wir lernten uns während der Corona-Zeit kennen. Ich führte damals ein Gespräch mit einem Spitalsoldaten, der einige Menschen im Sterbeprozess begleitet hat. Thomas Süssli hatte davon erfahren und war sehr angetan. Im Anschluss haben wir uns über die Bedeutung der Seelsorge ausgetauscht. Daran bzw. an mich hat er sich wohl erinnert, als ihn meine Anfrage erreichte.
Wie bereitet man sich auf so ein Gespräch vor? Wissen Sie in etwa, was für eine Rolle der Glauben im Leben des CdA spielt?
Ich habe eine ungefähre Vorstellung, ja. Aber allzu viel weiss ich natürlich nicht über ihn persönlich. Und darum soll es am Sonntag auch gehen: um ihn als Mensch. Es wird keine sachpolitische Diskussion sein. Vielmehr interessiert es mich, was die aktuelle Lage mit Thomas Süssli als Mensch macht. Wie er mit diesem Druck umgeht.
Das sind persönliche Fragen. Mussten Sie einen Fragekatalog einreichen?
Nein. Thomas Süssli ist da sehr unverkrampft. Er ist gewieft genug, um spontan auf meine Fragen zu antworten. Es gab allerdings einen Austausch mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Da ging es aber eher um die Natur meiner Fragen. So ein Format ist für den CdA ja auch keine Routine.
Müssen Sie bzw. die Kirchgemeinde spezielle Sicherheitsvorkehrungen treffen?
Nein, bei uns herrscht – abgesehen von dem grösseren Andrang als üblich – mehrheitlich «business as usual». Aber natürlich gibt es bei einem öffentlichen Auftritt des Armee-Chefs immer ein Sicherheits-Briefing. Was das genau beinhaltet, weiss ich aber nicht.
Was ist mit der Presse? Dürfen wir dabei sein?
Natürlich. Da gibt es keinerlei Einschränkungen. Der Anlass wird übrigens auch live auf unserer Webseite gestreamt.
Sie haben es bereits erwähnt: Prominente Gäste sind für Sie kein Novum. Werden Sie eigentlich noch nervös vor so einem Gespräch?
Nervös bin ich immer. So ein Anlass ist etwas Besonderes – und der Gesprächspartner auch. Allerdings hat meine Nervosität mehr mit dem logistischen Aspekt zu tun. Funktioniert die Technik? Haben alle Platz? Gibt es ein Parkier-Chaos? Angst vor dem Gespräch habe ich nicht. Das entspricht nicht meinem Naturell.
Sie sind selbst seit 25 Jahren Mitglied der Armee. Ich nehme an, Ihre Aufgabe hat sich während der vergangenen vier Jahre gewandelt. Erst Corona, dann der Krieg.
Absolut. Das hat etwas mit mir gemacht. Die Welt ist heute eine andere als vor der Pandemie und dem Angriffskrieg auf die Ukraine. Auch mein Blick auf die Armee und meine Aufgabe hat sich verändert.
Das gilt wohl auch für Ihre Gespräche mit Armeeangehörigen.
Ja. Wobei das weniger auf die Rekrutenschule, sondern mehr auf die Offiziers-Ränge zutrifft. Die Armee tritt heute anders auf als vor dem Krieg. Das sieht man schon am neuen Logo. Da heisst es nur noch «Schweizer Armee verteidigt» – früher war auch von Helfen und Unterstützen die Rede. Die Offiziere spüren, dass die Lage viel angespannter, das macht einigen zu schaffen. Auf eine Art war der Angriff Russlands ein böses Erwachen in einer Welt, die wir nicht wiedererkennen.
Haben Sie Ihre Rolle in der Armee während der vergangenen Jahre hinterfragt?
Nein. Während Corona sowieso nicht. Da ging es einfach darum, Menschen, die eine schwierige Aufgabe zu erfüllen hatten, so gut wie möglich zu unterstützten. Die Kriegssituation in der Ukraine fordert mich nun noch einmal auf eine ganz andere Weise. Ich bin zwar nicht Teil einer Kampftruppe, aber ich trage in meiner Funktion ja auch zur Einsatzbereitschaft der Schweizer Armee bei. Als Pazifist ist das eine schwierige Rolle. Denn ich glaube, dass Gewalt nie eine Lösung ist. Aber ich habe auch keine gewaltfreie Lösung für die Situation in der Ukraine. Und ich will nicht nur ein «Schönwetter-Seelsorger» sein.
Nochmal zurück zum CdA. Werden Sie ihn auch zu einigen «Worst Case Szenarios» befragen? Er als General zum Beispiel …
Alle Fragen kann ich natürlich noch nicht verraten. Einem Journalisten schon gar nicht (lacht). Aber ja, das wird eine der Fragen sein: Wenn es hart auf hart kommen sollte, würde er die Verantwortung als General tragen? Und wie fest beschäftigen ihn solche Überlegungen?
Thomas Süssli wird in Uniform bei Ihnen zu Gast sein. Bei einigen Kirchengästen wird dieses Bild – Armeeuniform vor dem Altar – vielleicht auch negative Emotionen auslösen. Was sagen Sie dazu?
Diese Frage wird mir heute schon zum zweiten Mal gestellt. Und vermutlich haben Sie recht: Für einige ist dieses Bild sicher ungewohnt. Für mich allerdings nicht. Die Armee hält ja viele Feiern – zum Beispiel Beförderungen – in Kirchen ab. Und da sind die meisten Anwesenden im grünen Tarnanzug, ich auch. Ich bin mich das also gewohnt. Thomas Süssli auch. Für ihn ist die Uniform die tägliche Garderobe, wie für mich das Hemd. Ausserdem ist es auch richtig, dass er in Uniform kommt. Er ist ja schliesslich als CdA da. Zu den möglichen negativen Emotionen kann ich nur sagen: Das ist leider die Realität. Armee und Krieg sind aktuelle Themen, denen wir uns nicht verschliessen können.