Wanderung «Panorama Bodensee»

13.04.2025 | Sepp Zurmühle

Mit der nostalgischen Zahnrad-Bergbahn – Jahrgang 1958 – nach Walzenhausen fahren und dann hoch über dem Bodensee wandern, ist ein Erlebnis. Dies speziell bei wolkenlosem Himmel, angenehmen Temperaturen, bunten Frühlingsblüten und herrlicher Weitsicht. Idealer als am Freitag, 11. April, hätte es kaum sein können.

Seit Anfang April hatte es nicht mehr geregnet. Die Sorge, das Wetter würde (wieder) umschlagen, war wenige Tage vor der Wanderung glücklicherweise umsonst. Im Vorjahr musste die gleiche Wanderung zuerst wegen Starkregen verschoben und eine Woche später infolge einer dicken Schneedecke abgesagt werden.

Mit 67-ig Jahren

Mit dem Zug nach Rheineck und dann ins «kleine rote Bähnli» auf dem Nebengleis einsteigen. Es sitzen bereits einige Personen im Triebwagen, als noch weitere 38 zusteigen. Total gäbe es 24 Sitzplätze und gut 30 Stehplätze, war die vorgängig eingeholte Auskunft der Appenzeller Bahnen, welche die knapp 2 Kilometer lange Linie 26 von Rheineck nach Walzenhausen betreibt.

Diese Bahnverbindung besteht seit 1896. Seit 1958 ist das heutige Fahrzeug in Betrieb. Es löste damals die Standseilbahn ab und ermöglicht seither die Anbindung an den Bahnhof Rheineck.

Auch heute überwindet das «alte, aber bewährte Zahnrad-Bähnli» die 272 Höhenmeter souverän. Die Strecke führt durch zwei kurze Tunnels und über eine Eisenkonstruktion, dies bei einer maximalen Steigung von 25 Prozent.

Die lasierten Holzbänke sowie die manuellen Steuereinheiten vorne und hinten im einzigen Triebwagen erinnern an vergangene Zeiten. Auch der Geräuschpegel, zusammen mit den wiegenden und schüttelnden Bewegungen, vermitteln eine schöne Prise Nostalgie. Die Aussicht über den Bodensee ist ebenso einzigartig.

Der Triebwagen befindet sich am Ende seiner Lebensdauer. Die zukünftige Bahn soll vollautomatisch und fahrerlos betrieben werden. Das neue Fahrzeug wird die erste vollautomatisierte Überland-Adhäsions- und Zahnradbahn der Welt sein und voraussichtlich 2026 in Betrieb gehen. Sie wird von der Firma Stadler Rail gebaut.

Start in Walzenhausen

Wanderleiter Hansueli Sutter macht die offizielle Begrüssung nach der Ankunft in Walzenhausen und teilt bei dieser Gelegenheit einige geschichtliche Informationen zur Bahn und Hinweise zur heutigen Strecke mit.

Walzenhausen ist das östlichste Dorf unseres Kantons und ist in mehrere Ortsteile gegliedert. Die Bevölkerungszahl beträgt gut 2000, die Fläche knapp sieben Quadradkilometer, wovon 85 Prozent Wald- und Landwirtschaftsflächen sind.

Im 16. Jahrhundert erfolgte der Übertritt zum reformierten Glauben und es ist der Beginn des Textilgewerbes mit vielen Hochs- und Tiefs. Zu Beginn war es das «Walzehuser-Tuch» aus grober Leinwand, dann ab ca. 1740 auch die Baumwollweberei und ab 1850 Grobstickerei, Rideau-Fabrikation, Zwirnerei und die Seidenbeuteltuch-Weberei (aus der die heute weltweit tätige Sefar AG entstanden ist).

Die Blütezeit der Textilgeschichte endet mit dem ersten Weltkrieg. Ebenso der seit rund 50 Jahren aufblühende Tourismus mit dem Hotel Kurhaus (1870) und der Rheinburg, die zum Grand Hotel wurde (1878). Walzenhausen verarmte und viele Einwohnende wanderten aus, vor allem nach Übersee, bevor der wirtschaftliche Wiederaufschwung vor und nach dem zweiten Weltkrieg begann. 1930 erfolgte die Gründung der Firma Just (Naturkosmetik), deren modernen Neubau wir bei der Anfahrt mit der Bahn beobachten konnten. Die Rheinburg ihrerseits durchlief eine wechselvolle Geschichte und gehört seit 2014 zu den Kliniken Valens.

Direkt nach dem Dorf Walzenhausen wandert die Gruppe auf der oberen Seite des Kunststoffwerks Hermann entlang Richtung Westen. Diese Firma wurde 1946 gegründet und exportiert seine Spritzgussteile in mehr als 30 Länder der Welt. Sie ist eine der führenden Anbieterinnen von Verschlüssen und Verschlusssystemen

Alle diese und noch weitere Informationen vermittelt Wanderleiter Hansueli Sutter nach dem längeren und steilen Treppenaufstieg auf der Anhöhe Hostet, von wo die Aussicht über den Bodensee unvergleichlich ist.

Hohe Lust

Weiter führt die Wanderung in Richtung Wolfhalden, via Scheibe, Lehn, Wasen, Obergatter in einer Schlaufe hinunter zum Weiler Haufen (Lutzenberg). Dort werden die Teilnehmenden um 12 Uhr im Restaurant Hohe Lust erwartet und freundlich bewirtet.

An unzähligen Stellen des gewählten Wanderweges über die diversen Weiler, können die Blicke über den Bodensee nach Deutschland und in Richtung Nord-Osten ins Rheintal bis nach Vorarlberg mitwandern. Direkt vor dem Bodensee liegt im Paralleltal zum See das Dorf Thal mit seinen nach Süden ausgerichteten Rebbergen. Oberhalb der Reben sind die Felsen, genannt «Steiniger Tisch» mit dem gleichnamigen Ausflugsrestaurant, zu sehen. Diese Topographie schützt die Reben vor den kalten Nordwinden.

Zwei Heimwege

Nach der wohlverdienten Stärkung und dem Kaffee teilt sich die Wandergruppe auf. Diejenigen, die die längere Variante mit gut 12 Kilometern Distanz gewählt haben, nehmen den Abstieg zuerst unter ihre Füsse. Es geht Richtung Gupfen und Hof. In der Egg teilen sich die beiden Wege definitiv. Die grössere Gruppe mit der kürzeren Wanderung von rund 9 Kilometern wandert via Burgruine Alt Rheineck zum Burgplatz der abgetragenen Burg Neu Rheineck. Von dort geniessen sie ein letztes Mal die herrliche Aussicht über den See und hinunter zum Tagesziel, dem Bahnhof Rheineck.

Mit Bravour hat Hansueli Sutter seine allerletzte Wanderung geleitet, nachdem er im letzten Dezember seinen Rücktritt gab. Weiterwandern wird auch künftig sehr gerne, aber ohne Leiterfunktion.

Die kleinere Gruppe wandert zuerst an der Klingenburg vorbei zum Sonnenfeld und Feldmoss, vorbei am Familienschloss Dufour. Dort befindet sich heute noch der Firmensitz der vormaligen Seidengazefabrik Thal, der heutigen Sefar Holding AG. Sie ist bei Präzisionsgeweben für Siebdruck, Filtration und Architektur weltweit führend. Der aus Lyon stammende Industriepionier Pierre Antoine Dufour hatte 1833 die Seidenbeuteltuch-Weberei Dufour & Co. gegründet. Sie stellten Mehlsiebe für besonders feines Mehl her. Das Schloss erbaute Enkel Anton Dufour 1903.

Weiter geht es in Richtung Buriet. Die Aussicht zu den Rebbergen hinauf oder auf der gegenüberliegenden Seite zu den blühenden Kirschbäumen ist grossartig.

Nach Buriet erwartet die Gruppe ein letzter Anstieg durch ein Waldstück und Wiesen hinauf bis zum Restaurant Steiniger Tisch. Es ist warm wie im Frühsommer. Die Schweissperlen rinnen von der Stirn. Oben erwartet uns eine kulinarische Abkühlung. Eines der Mitglieder hat zwei verschiedene Weissweine spendiert, die direkt unterhalb des Restaurants, in den Reben von Roman Rutishauser herangewachsen und gekeltert worden sind: ein genussvoller Höhepunkt eines erlebnisreichen Wandertages.

Bis nach Staad Nagelstein sind es noch knapp 30 Minuten zu Fuss. Mit dem Postauto geht’s nach Rorschach und dort über den eindrücklichen Betonsteg (mit Lift und Sicht hinüber zum Würth-Museum und dem See). Wir Wanderfreunde steigen natürlich die 40 Meter hohe Treppe hinunter zum Bahnsteig, bevor es weiter nach St. Gallen und zurück nach Teufen geht.

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