Thomas Fuchs
«Mag auch ein bisschen Mode dabei sein, eine richtige Badeanlage ist heutzutage für ein Gemeinwesen kein Luxus mehr, sondern ein dringendes Bedürfnis.» Diese Ansicht des Teufner Arztes Eugen Wiesmann traf den Nerv der frühen Dreissiger Jahre. Erholung und Stärkung in Wasser, Luft und Sonne hiess die Devise. Trotz der Wirtschaftskrise hatte der Bau von Freibädern in den 1920er- und 30er-Jahren Hochkonjunktur. Teufen drohte den Anschluss zu verpassen.
Erste Badi bereits 1921
Bereits um 1912 soll es Pläne zum Bau einer Badeanstalt gegeben haben, und zwar bei der Buchenmüli. Etwa 1921 liess die Gemeinde dann in der Blacken den Rotbach stauen und einige Umkleidekabinen erstellen. Die Aufsicht über die sofort rege benutzte Badi wurde dem Schulhausabwart übertragen. Im Juli bot die Tuberkulosefürsorge-Kommission Teufen für erholungsbedürftige Kinder jeweils «Sonnenpräventiv- und Badekuren nach Dr. Jeanneret» an.
Umstellungen in den bachaufwärts gelegenen Textilveredlungsfabriken führten dann dazu, dass der Rotbach immer häufiger in bunten Farben daher kam. 1929 wurden im Verkehrsverein Forderungen nach einem hygienisch einwandfreien Badeplatz laut. Es sei beschämend, dass eine Gemeinde von der Grösse Teufens keine richtige Badegelegenheit bieten könne. Im September 1930 kam es zur Gründung einer Interessengemeinschaft für ein neuzeitliches Familienbad. Deren Pläne stiessen beim Gemeinderat jedoch auf taube Ohren. Erst der Hitzesommer 1932 verhalf den Initianten zum Durchbruch. Die Gemeinde stellte nun, nicht zuletzt auch wegen der vielen Arbeitslosen, einen Beitrag in Aussicht.
Die Schwimmbad Teufen A.-G.
Angesichts des verschmutzten Rotbachs kam nur ein Standort im Bereich des Goldibachs in Frage. Auch wenn die fehlende Sonnenbescheinung am späteren Nachmittag kritisiert wurde, entschied man sich aus Kostengründen für den heutigen Standort im unteren Sammelbüel. Ein Schwimmbad im Landhaus hätte eine teure Pumpanlage erfordert. Und ein Bezug von der kommunalen Wasserversorgung war damals undenkbar.
Vor der Abstimmung über den Gemeindebeitrag fand im Sternen eine öffentliche Volksversammlung statt.
Am 28. März 1933 hiessen die Stimmbürger einen Gemeindebeitrag von 40 000 Franken an das neue Schwimmbad mit 476 Ja gegen 314 Nein gut. Die Stimmbeteiligung lag bei 70 %. Die weiteren rund 100 000 Franken für den Schwimmbadbau finanzierte man über die Ausgabe von Aktien und mit Spenden. Grösste Aktionäre der neu gegründeten Schwimmbad Teufen A.-G. waren Prof. Busers Voralpines Töchterinstitut mit 32, Fabrikant Jakob Alder mit 16, Textilkaufmann Alfred Zürcher mit 14 und Geometer Walser mit 12 Aktien.
Der Schwimmbadbau
Als Experte wurde mit Beda Hefti aus Fribourg, der führende Schwimmbadingenieur der Schweiz, beigezogen. Die Pläne erarbeitete der Teufner Baumeister (und spätere Landammann) Jakob Bruderer. Er übernahm zusammen mit Baumeister Marugg auch die Erd- und Betonarbeiten. Begonnen wurde am 18. April. 40 Arbeitslose fanden vorübergehend eine Beschäftigung. Anhaltendes Regenwetter hatte eine Verzögerung von eineinhalb Monaten zur Folge.
Für die Aufschüttung des Damms gegen den Goldibach kamen Rollwagen zum Einsatz. Sie wurden bei der Neubrücke von Hand mit Erdmaterial beladen. Dann liess man sie zur Baustelle hinunter rollen. Die Rückführung der leeren Wagen hinauf zur Abbaustelle erfolgte mit Pferden.
Das Goldibachwasser durchlief eine Filteranlage, bevor es ins Badebecken gelangte. Zudem wälzte eine Regenerationsanlage stündlich 60 Liter Badewasser um. Die Filteranlage bestand aus fünf verschieden-körnigen Schichten aus Quarzsand. Dem Wasser wurden zusätzlich nicht genauer bezeichnete, «kleine absolut unschädliche» Mengen an Chemikalien zugesetzt.
Eröffnung am 6. August
Die Eröffnung des neuen «Sportbades» erfolgte am Sonntag, 6. August (und nicht wie geplant schon Mitte Juni) 1933 unter Mitwirkung der Musikgesellschaft Teufen und des Schwimmclubs St.Gallen. Rund 2000 Gäste fanden sich ein. Der Schwimmclub bot mit seinen Darbietungen eine «praktische Einführung in das gesamte Gebiet der Schwimmkunst»:
1. Demonstration von Brust-, Rücken-, Hand-über Hand- sowie Crawlschwimmen, jeweils als Elementarunterricht und in der Bahn.
2. Die Kunst des Springens vom 1 und 3 Meter-Brett.
3. Streckentauchen.
4. Stafette in 3 Schwimmarten: Rücken, Brust, Crawl.
5. Freistil-Stafette.
6. Rettungsschwimmen.
7. Humoristische Einlage.
In den Pausen erteilten die St.Galler den einheimischen Jugendlichen zudem kurze praktische Unterrichtseinheiten. Ihr Präsident grüsste vom Sprungturm herab und gab seiner Freude darüber Ausdruck, «dass Teufen der Stadtwohnung ein schönes Badezimmer gebaut habe». Er versicherte, dass die st.gallischen Schwimmer das neue Teufner Bad fleissig besuchen würden, denn die Verhältnisse in der Stadt seien miserabel und es werde nichts dagegen getan.
Gedanken von Arzt Eugen Wiesmann
«Was können wir unserer Bevölkerung und namentlich unserer Jugend Besseres wünschen, als dass sie Gelegenheit hat sich tüchtig im Wasser und in der Sonne zu tummeln und Kraftreserven sich zu erwerben, um Krankheit und Schlaffheit Trotz zu bieten. … Das Schwimmen ist eines der vollkommensten Mittel um den Körper allseitig und harmonisch durchzubilden. Atmung und Blutkreislauf werden vermehrt in Anspruch genommen und die Gesamtmuskulatur wird in gleichmässiger Weise zur Arbeit herangezogen. … Auch die Sonne wirkt mächtig auf den Stoffwechsel.»
Katholischer Pfarrer verbot Schwimmbadbesuch
Keine Freude am neuen Familienbad hatte der katholische Pfarrer von Teufen. Er verbot seiner Kirchgemeinde den Schwimmbadbesuch und stellte sich auch gegen den von der Schulbehörde angesetzten Schwimmunterricht. Innerhalb der Katholischen Kirchgemeinde Teufen-Bühler bildeten sich danach ein Pro- und ein Contra-Lager.
Der Teufner Priester berief sich unter anderem auf einen Entscheid des Innerrhoder Grossen Rates, der sich 1930, wenn auch nur knapp, dem vehementen Druck der Geistlichkeit gebeugt und in einer Verordnung die Geschlechtertrennung in öffentlichen Gewässern und Badeanstalten vorgeschrieben hatte.
Erster Verwaltungsrat der Schwimmbad Teufen A.-G., 1933 (von links): Christian Juon, Inhaber einer Versicherungsagentur; Carl Karcher-Alder, Inhaber einer Möbelschreinerei; Kantons- und Gemeinderat Jakob Bruderer, Inhaber eines Baugeschäfts; Friedrich Alder, Oberstufenlehrer; Eugen Wiesmann, Arzt; Jakob Alder, Fabrikant; Paul Hunziker, Schulinspektor; Hans Marugg, Inhaber eines Baugeschäfts.
Die Badegäste als umworbene Kunden: Inserate in der Lokalzeitung Säntis vom 4. August 1933.
Das neue Schwimmbad als Blickfang für die Tourismuswerbung: Inserat aus der Zeitschrift «Das Appenzellerland», 1934.