Unser Leser Markus Bosshard erinnerte uns daran: Am 22. Juli waren es genau 25 Jahre her, dass eine Komposition der Appenzeller Bahnen in die Drogerie Wetzel donnerte. Der Schrecken war gross, doch glücklicherweise kam niemand zu Schaden.
Das Haus neben dem Restaurant Ochsen musste später abgebrochen werden, heute steht dort die Ochsenüberbauung.
Vor zwei Jahren hat die Tüüfner Poscht an dieses Ereignis erinnert und mit dem ehemaligen Drogistenpaar Silvia und Urs Wetzel gesprochen:
GESCHICHTE/N, GEWERBE, NEWS
«… und dann stand der Zug in unserer Drogerie»
Urs und Silvia Wetzel erinnern sich an das Bahnunglück vor 23 Jahren
Es sind bald 23 Jahre her, als das Ehepaar Wetzel und einige weitere Teufnerinnen und Teufner knapp an einem Unglück vorbei gingen, das leicht schlimmere Folgen hätte haben können: Eine Zugskomposition der Appenzeller Bahnen büxte aus und rammte die Drogerie neben dem Ochsen. Urs und Silvia Wetzel erinnern sich mit Schaudern an den Tag.
Erich Gmünder
Urs Wetzel weiss noch, dass er in Feuerwehruniform hinter der Ladentheke stand – frisch zurück von einem Löscheinsatz bei einem Brandunglück in Haslen. Seine Frau und er waren um die Mittagszeit alleine, es war ein heisser Sommertag, am Samstagmittag 22. Juli 1989, und die meisten Bewohnerinnen und Bewohner waren entweder in die Ferien verreist oder in der Badi. Da passierte es: «Ich hörte einen lauten Schleifton, dann gab es einen riesigen Chlapf – und ich rannte reflexartig zum Hinterausgang hinaus.»
Seine Frau Silvia nahm ebenfalls Reissaus: «Ich hatte offenbar einen Schock und rannte so schnell wie möglich nach Hause, zu den Kindern, weil ich glaubte, es handle sich um ein Erdbeben.»
Die Lokomotive in der Drogerie
Urs Wetzel fasste sich schnell wieder und hielt Nachschau in seiner Drogerie, die er 1980 von seinem Vorgänger Fritz Alder übernommen hatte.
Was er sah, konnte er fast nicht glauben: Eine Lokomotive der AB stand in seinem Geschäft, sie hatte sich durch die Mauern in das Haus gebohrt, dessen vordere Ecke nun nur noch vom Zug gestützt wurde. Der Lokführer sass immer noch in seiner Kabine, ebenfalls unter Schock, und kletterte durch das Fenster hinaus, da die Türe klemmte.
Urs Wetzel inspizierte die Wagen: Auch die Passagiere waren geschockt im Zug sitzen geblieben. Auf einen Blick sah er, dass es keine schlimmen Verletzungen darunter hatte: Die meisten trugen Schürfungen oder Beulen davon. Schnell herbei geeilte Leute vom Samariterverein errichteten sofort ein Notlazarett und versorgten die sechs Leichtverletzten.
Die Stelle, wo der Zug ausbüxte und über das Trottoir in sein Geschäft fuhr, war bis vor kurzem noch im Asphalt zu sehen.
Die Nachricht vom Unglück verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Dorf; viele hatten den Chlapf gehört und eilten herbei. Langsam erkannte Urs Wetzel die Tragweite, aber auch, dass er und einige andere viel Glück im Unglück gehabt hatten: WenigMinuten vorher hatte der Nachbar Ernst Sutter noch mit Fritz Alder vor dem Haus gesprochen und war dann ins Auto gestiegen und weggefahren.
Lydia Alder, die Gattin des Vorgängers, erinnert sich, wie der Fernseher durch den gewaltigen Aufprall mitten in die Stube sprang. Das Haus hatte Totalschaden. Es wurde notdürftig geflickt und später abgerissen.
Provisorium im Pavillon
Urs Wetzel: «In diesem Moment wäre ich am liebsten wie geplant in die Ferien verreist und hätte den ganzen Scherbenhaufen liegen gelassen.» Doch nun kamen die Leute von der Versicherung und verlangten, dass er, um den Schaden zu minimieren, sofort aufräumte und den Betrieb so rasch wie möglich weiterführte.
Vorerst räumten Wetzels mit Hilfe vieler Freiwilligen alles zusammen und bezogen zwei Container hinter dem Haus. Später stellten sie auf dem Parkplatz der Gemeinde unterhalb der Turnhalle einen Pavillon auf. Diesen gaben sie erst 1995 auf, als sie an den heutigen Standort der Drogerie am Dorfplatz zogen.
Urs und Silvia Wetzel können heute lachen, wenn sie von dieser Zeit erzählen. Denn ausser ein paar Blessuren und einem gehörigen Schrecken ist nichts Schlimmes passiert. Viele Jahre lang noch sei sie aber jedes Mal zusammengezuckt, wenn sie den schrillen Pfiff der AB vor dem Geschäft gehört habe, sagt Silvia Wetzel.
Und auch heute noch ist es ihnen ein Anliegen, den Kunden und der Bevölkerung von Teufen zu danken, für die Unterstützung und die grosse Treue während der Zeit des Provisoriums.
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Zwei Tote nach Bahnunglück 1949
Das wohl schwerste Bahnunglück im Gebiet der Gemeinde Teufen ereignete sich am Sonntagmorgen, 19. Juni 1949. Der beliebte Dorfarzt Dr. Giger wollte eine Patientin mit seinem Jeep zum Röntgen ins Krankenhaus führen. Bei der Einmündung des Werdenwegs übersah er offenbar einen Zug der SGA. Der Jeep wurde erfasst, vor sich hingeschoben, explodierte und brannte lichterloh. Trotz Löschversuchen des Zugführers mit dem Feuerlöscher konnte die Patientin, wie der «Säntis» vom 21. Juni 1949 berichtet, nur noch als verkohlte Leiche geborgen werden. Der Arzt erlitt lebensgefährliche Brandwunden und wurde ins Kantonsspital gebracht, wo er am darauf folgenden Mittwoch starb.
Ältere Teufner erinnern sich noch mit Schaudern an das schreckliche Unglück. So Werner Holderegger, der in der Kirche war, als es passierte. Oder Elisabeth Eschler-Sutter, die im Ochsen, gleich neben der Unfallstelle, aufgewachsen ist. Dr. Giger sei am ganzen Körper und im Gesicht so verbrannt gewesen, dass ihre Mutter ihn erst an seiner Stimme erkannte, als er sie bat, ihm die Armbanduhr zu lösen. Trotzdem stieg er selbständig in den zweiten Stock des Ochsen, wo ihn die Ambulanz dann abholte. EG/EP
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Kommentator: «Ein dümmlicher Bahnunfall»
Wie Zeitungen damals über das Bahnunglück berichteten. weiterlesen… 5. 05. 2012 |