Alexandra Grüter-Axthammer
Am 16. Dezember ist es soweit: Unser gemieteter Christbaum wird angeliefert. Die Vorfreude ist gross. Allerdings gemischt mit etwas Spannung. Schliesslich haben wir den Baum nicht real gesehen und ausgesucht. Lediglich die Grösse und die Baumart konnten wir bestimmen. So warten wir gespannt auf die bestellte Nordmannstanne vom Gartencenter in Graubünden.
Eine Woche vor Weihnachten ist es also soweit und der bestellte Mietchristbaum wird vor unsere Haustüre geliefert. Eingepackt in ein Netz, geliefert mit einem Untertopf und wie angekündigt mit der Pflegeanleitung. Alles klappt bestens, termingerecht und unkompliziert.
Ich befreie das Bäumchen aus dem Netz und es entfaltet sich zu einem stolzen, kleinen Tannenbaum. Er ist wunderschön, kräftig und die Äste ausladend. Natürlich ist er nicht symmetrisch, doch er wirkt sehr gefällig. Besonders freue ich mich darüber, dass die Nordmannstanne in feuchter Erde im Topf gepflanzt und sehr lebendig ist. Die Spitzen der Äste sind hellgrün, das Nadelkleid dicht und das wird sich, anders als beim gefällten Christbaum, auch nicht ändern. Der Baum wird seine Nadeln in unserer Stube nicht verlieren. Damit es den Mietbäumen in den jeweiligen Weihnachtsstuben gut geht, wird vom Lieferanten eine Pflegeanleitung beigelegt. Danach benötigt der Baum täglich drei bis vier Deziliter Wasser. Damit das Wasser nicht auf den Fussboden rinnt, wurde praktischerweise ein passender Unterteller mitgeliefert. Der Baum soll möglichst weit weg von Radiatoren aufgestellt werden und nicht zu lange im geheizten Wohnzimmer stehen. Ausserdem liebe der Baum es, wenn die Nadeln mit Wasser besprüht werden, so steht es auf der Anleitung.
Nach Weihnachten bzw. wenn der Baum abgeräumt wird, soll er nicht direkt ins Freie, sondern vorher in einen mässig geheizten Raum gestellt werden. Etwa in den Keller oder in die Garage. Der Raum sollte nicht unter 0 Grad sein. Unser Baum wird am 8. Januar wieder abgeholt und im Gartencenter Schutz Filisur an die Winterkälte akklimatisiert. Da wir die Variante des Familienbaumes gewählt haben, wird das Bäumchen mit unserem Namen beschriftet und wächst während des Jahres in der Baumschule in Filisur weiter. Auf der Anleitung des Gartencenters steht dann auch noch: «Und ein Besuch Ihres Familienbaumes im Sommer in Filisur ist willkommen.» Ein netter Gedanke.
Doch nun hat der kleine Baum erst einmal seinen grossen Auftritt in unserer Stube. Vorher gewöhnen wir ihn langsam an die Wärme und schmücken dann den 120 cm grossen Tannenbaum behutsam. Es sind keinerlei abgebrochene Äste oder sonstige Schäden zu erkennen und so geben auch wir uns besonders Mühe, den Baum so zu schmücken, dass es keine Spuren hinterlässt.
Die Grösse ist für uns perfekt und ich kann mir gut vorstellen, dass in einer Familie mit jüngeren Kindern die jährliche Wiederkehr des eigenen Baumes zur Vorfreude und zur Spannung beitragen kann. Wir freuen uns auf das erste gemeinsame Weihnachtsfest und darüber, dass der kleine Baum sich nach den Festtagen wieder zu seinen Freunden gesellt und weiterwachsen kann.
Die Vorgeschichte: Das Christbaum-Dilemma
(Publiziert in der gedruckten «Tüüfner Poscht» vom 2. Dezember 2020)
Alle Jahre wieder, kaufen wir einen Weihnachtsbaum, um ihn im Januar zu entsorgen. Einen Tannenbaum kaufen für das Weihnachtsfest, um ihn anschliessend wegzuwerfen? Ist das noch zeitgemäss? Mit jedem Jahr wurde das schlechte Gewissen grösser. Dieses Jahr entscheiden wir uns für einen Mietchristbaum.
Einen Christbaum, bei dem wir ein gutes Gewissen haben, wenn wir ihn schmücken. Einer, der ökologisch und umweltschonend ist und einer, der weiterlebt, nachdem wir mit ihm Weihnachten gefeiert haben. Dabei steht der Preis nicht im Vordergrund. Darf er auch nicht, sonst wird das Dilemma noch grösser. Und ich gebe zu, allen Ansprüchen wird der bestellte Baum nicht gerecht, das sei hier vorweggenommen. Aber jenem wenigstens, dass der Baum weiterleben wird nach der Fete.
Aber mal der Reihe nach: Die Frage nach einem sinnvollen Tannenbaum beschäftigt unsere Familie bereits seit einigen Jahren. Bisher feierten wir mit einem geschnittenen Tannenbaum. Doch ist ein solcher Baum ökologisch noch vertretbar? Und so suchten wir nach einer Alternative. Den Plastikbaum schliessen wir gleich mal aus. Plastik sollte ja auch im Alltag vermieden werden, da scheint uns ein Plastikbaum etwas paradox. Ausserdem liebe ich den Duft von Tannennadeln und Holz, das kann der Plastikbaum nicht bieten.
Bei der Recherche stosse ich auf einen Bericht vom Kassensturz, bei dem verschiedene Varianten verglichen werden. Tja und da steht in einem Satz «Der Christbaum aus der lokalen Waldplantage verursacht die kleinste Gesamt-Umweltbelastung, dicht gefolgt vom Plastikbaum aus China.» Oha, da ist es wieder dieses Dilemma. Wir entscheiden uns trotzdem nicht für einen Plastikbaum aus China und suchen nach einer wenigstens «gefühlt guten Variante» für uns persönlich.
Kompromisse mit der Alternative
Seit einigen Jahren gibt es in der Schweiz die Alternative, einen Christbaum zu mieten. Anbieter, meistens Gartenbauunternehmen, liefern einen eingetopften Baum direkt zum Kunden nach Hause und holen ihn nach den Festtagen wieder ab. Die Nachfrage steigt jährlich und auch wir entscheiden uns dieses Jahr für diese Variante. Via Suchmaschine prüfen wir das Angebot in der Region. Leider finden wir keinen Anbieter im Appenzellerland und dehnen unser Gebiet aus.
Nicht alle Christbaumvermieter liefern nach Teufen und die meisten sind etwas weiter entfernt. Darum entscheiden wir uns für einen Baum vom Gartenbauer Schutz in Filisur (GR). Hier gibt es auch die Variante eines Familienbaumes. Das bedeutet, wir erhalten für einen Aufpreis von 10 Franken jedes Jahr denselben Baum– nur etwas grösser. Der Gedanke gefällt mir, dass der Baum nach Weihnachten wieder in der Baumschule in Graubünden steht, gemeinsam mit vielen anderen Bäumen, um nächstes Jahr wieder mit uns Weihnachten zu feiern. Zugegeben, vielleicht etwas kitschig, aber es geht schliesslich um Weihnachten.
Die Bestellung funktioniert einfach übers Internet. Hier kann die Art und Grösse des Baumes bestimmt werden und auch der Liefer- und Abholtermin. Rund 4000 Bäume vermietet das Alpine Gartencenter Schutz in Filisur jährlich, wie uns der Mitinhaber und Gartenbauingenieur Markus Schutz mitteilt. «Wir haben einmal angefangen mit ca. 400 Stück, die wir eingetopft und dann vermietet haben. Die Menge ist dann kontinuierlich gewachsen. Im Vergleich zu den geschnittenen Bäumen ist der Markt jedoch relativ klein.» Dann möchte ich von Markus Schutz noch wissen, was er meint, ob der Mietbaum ökologischer ist als der geschnittene Baum: «Ja, weil im Vergleich zum geschnittenen Baum wird das bisherige Wachstum genutzt und der Baum wird jedes Jahr grösser. Das gebundene CO2 bleibt also für weitere Jahre im Baum erhalten. Weiter wird kein Christbaumständer gebraucht.» Das mit dem C02 klingt nun doch vernünftig und muntert mich ein wenig auf, hingegen fällt der Christbaumständer nicht ins Gewicht, der ist bereits in unserem Besitz.
Wir entscheiden uns also für eine Nordmannstanne von der Grösse 110 bis 125 cm im Topf mit Lieferdatum ca. 16. Dezember. Kosten für den Baum: 82 Franken, dazu kommt noch die Lieferung pro Weg mindestens 17 Franken, je nach Auslieferort und wie gesagt auf Wunsch der Zuschlag für den Familienbaum von 10 Franken. Geliefert werde er vor die Haustüre, inklusiv Unterteller und Pflegeanleitung. Der Baum benötigt bloss Wasser und etwas Pflege. Einige Stunden nach unserer Bestellung erhalten wir eine Bestätigungsmail und sind nun gespannt auf den Christbaum, für den es ein «Danach» geben wird.
Das mit dem ökologischen Christbaumschmuck verschiebe ich auf nächstes Jahr…