Armin und Trudi Hofstetter zogen in den achtziger Jahren nach Teufen, in den Schlatterlehn, wo sie eine Familie gründeten. Verborgen hinter Bäumen liegt das Haus, auf der Westseite des Hügels. Erst mit der Zeit lernte man die Hofstetters kennen im Dorf. Die drei Kinder in der Schule, Armin auf der Bahnfahrt nach St.Gallen an seinen Arbeitsort, die Verkehrsschule, wo er u.a. Musik unterrichtete. Wir schätzten seine Musikkritiken im Tagblatt, waren begeistert von seiner Klavierbegleitung eines Stummfilms für die Lesegesellschaft.
Trudi, beschäftigt mit der Familie und ihrem Teilpensum als Zeichenlehrerin an der PHS, trat 1991 ins Teufner Rampenlicht. Anlässlich des Jubiläums «700 Jahre Eidgenossenschaft» hatte ihr erstes literarisch-musikalisches Cabaret «High-Mät» mit Uschi Hamann und Gatte Armin am Klavier im Lindensaal Premiere. Ihr zweites Programm, «Notturno » mit Regine Weingart und Dora Rozinek am Klavier, wurde vier Jahre später im Feuerwehrhaus aufgeführt. «In beiden Programmen nahm ich Herrn und Frau Schweizer aufs Korn», sagt sie. Neben ihrem Talent, der Malerei, die sie an der Kunsthochschule Luzern zu ihrem Beruf gemacht hatte, schreibe sie auch gerne. In ihren Texten versuche sie zu verarbeiten, was sie beschäftige, und zwar am liebsten in satirisch-parodistischer Weise. «Ja, Armin und ich liebten die gleiche Art von Humor», gesteht sie lächelnd.
Diagnose Borreliose
Es war ein Schicksalsschlag, der 1995 alles veränderte. Armin, bis anhin Trudis vertrautester Mensch, verwandelte sich. Er wurde ruhelos, fand zunehmend keine Worte mehr, um sich auszudrücken. Fassungslos erlebten wir in der Kulturkommission, wie seine witzig-lakonischen Protokolle immer unleserlicher wurden. Bald machten sich auch motorische Störungen bemerkbar. Er brach sich ein Bein, verlegte und vergass alles… Eine Odyssee von Abklärungen bestätigte die Erstdiagnose: Borreliose. Ursache: ein Zeckenbiss. Zunehmend war Armin auf Trudis Betreuung angewiesen, und sie musste ihre Stelle aufgeben. 2008, als die Dunkelheit fast vollständig von Armin Besitz ergriffen hatte, fand er einen Pflegeplatz im Haus Vorderdorf in Trogen, wo er 2013 sterben durfte.
Malend und schreibend einer Sache dienen
Die Malerei, das Schreiben und die Musik schenkten Trudi Hofstetter die Kraft, um die Krankheit ihres Lebensgefährten zu verarbeiten und um sich selber nicht zu verlieren. Für die Lesegesellschaft gestaltete sie eines der erfolgreichsten Neujahrsblätter, «Kühe». Wie es dazu kam, dass sie sogar ein Buch verfasste, sei wiederum einem Erlebnis zu verdanken, erzählt sie. «Wir standen an der Kasse der Migros. Wie immer bestand Armin darauf, die Bezahlung selber zu tätigen. Er tat es auf seine Art, umständlich und sehr langsam. Plötzlich rief einer der wartenden Kunden «Hett de Tubel no lang?». Das gab für mich den Ausschlag, ein Buch über Menschen mit Gehirnschädigungen herauszugeben. Damals wusste man noch nicht so viel über Demenz, und ich spürte auch in meinem Bekanntenkreis eine grosse Unsicherheit gegenüber dieser Krankheit.» Sie interviewte Fachleute und sprach mit betroffenen Angehörigen. 2003 erschien es unter dem Titel «Grauzonen des Leidens». Es half Trudi, ihre Situation zu bewältigen. Endlich konnte sie mit anderen Betroffenen reden und fand auch Halt in einer Selbsthilfegruppe.
Nach dem Tod von Armin, die Kinder waren inzwischen ausgeflogen, verkaufte Trudi das Haus und zog in eine Wohnung im ehemaligen Sternen. Und hier, den weiten Horizont vor Augen, arbeitet sie weiter. Eben ist eine Serie von Collagen entstanden, die in fröhlich-schalkhafter Weise tier-menschliche Beziehungen schildern. Am 3. November stellt Trudi die Werke im Baradies vor. Ein Teil des Erlöses durch den Verkauf der Bilder und Karten geht an die Stiftung Tierbotschafter.
Trudi Hofstetter ist nicht verbittert oder trauert der verpassten Lebenszeit nach. Aus der schöpferischen Tätigkeit, im wahrsten Sinne des Wortes, bezieht sie ihre Lebensfreude, ihren Humor und ihre Verbundenheit mit Menschen – und mit Tieren.