Bildbericht: Erich Gmünder
Fahrplanmässige Abfahrt St. Gallen ab 21.40 Uhr – damit schloss sich gestern Abend ein Kapitel in der fast 130-jährigen Geschichte der „Gaiserbahn“. Zahlreiche Bahnnostalgiker sowie Mitarbeiter der Appenzeller Bahnen wollten sich das Ereignis nicht entgehen lassen. Ab heute übernehmen ein halbes Jahr lang die gelben Bahnersatz-Busse, und auf der Ruckhalde fahren die Bagger für den Rückbau der alten Bahngeleise auf.
Unter den Passagieren der letzten Bahnfahrt über die Ruckhalde sind auch einige Teufnerinnen und Teufner.
Helga und Fritz Schiess hatten bereits am Morgen eine Fahrt über die Ruckhalde unternommen.
Sie wollen die historische letzte Fahrt für Kinder und Kindeskinder dokumentieren, um gebührend Abschied nehmen zu können.
Bei Georges Winkelmann hat sich das Berufsleben 50 Jahre um die Appenzeller Bahnen gedreht. „Das ist ein denkwürdiger Moment. Zwar gab es in all den Jahren immer wieder kleinere und grössere Umbauten, aber das ist nun wirklich ein völlig andere Dimension“, sagt der frühere Teufner Bahnhofvorstand, der als „Botschafter“ der Modernisierung der AB schon hunderte Interessierte durch Baustellenbesichtigungen im Riethüsli geführt hat.
Abschied nehmen wollen auch Monika und Remo Gradenecker. „Tschüss sagen, der Strecke, die man als Pendler jeden Tag gefahren ist“, sagt Remo Gradenecker, der selber bei der SBB arbeitet. „In uns schlägt halt ein Bähnlerherz“, sagt seine Frau, die früher ebenfalls bei der SBB gearbeitet hat. Die alte Strecke werden sie aber trotz aller Nostalgie nicht vermissen: „Die Freude ist grösser, über den neuen Tunnel, die schnelleren Verbindungen, das moderne Rollmaterial.“
Rein zufällig, beim Heimweg vom Ausgang, ist Alenis Pieri in diesen historischen Zug geraten. Sie pendelt auf dieser Strecke seit Jahren nach St. Gallen, in die Schule und zur Arbeit.
Auch Bahndirektor Thomas Baumgartner gehört zu den Passagieren der letzten Fahrt über die Ruckhalde und macht mit seinem Handy fleissig Erinnerungsfotos. „Die Ruckhalde hat Bahn- und Verkehrsgeschichte geschrieben und fast 130 Jahre „ghebet“ – darauf blicke ich mit Respekt zurück. Doch jetzt ist eine neue Zeit, mit mehr Kundennutzen, komfortbablen Zügen, weniger Zahnrad, weniger Rasseln und Rumpeln angesagt“.
Bereits heute Dienstag wird mit dem Rückbau der alten Gleise auf der Ruckhalde begonnen, danach sind die restlichen Gleisanlagen zwischen der früheren Haltestelle Riethüsli und der Einfahrt in die Ruckhalde an der Reihe.
Bereits warten die Bauarbeiter auf ihren Einsatz. Noch in der Nacht erstellten sie im Riethüsli ein provisorisches Perron für den Bahnersatz.
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