Man habe sich nicht für einen Kunstwissenschaftler oder Historiker, sondern für einen Praktiker entschieden, sickerte bald nach der Wahl des neuen Kurators der Stiftung Grubenmannsammlung durch. Nun ist auch der Name bekannt: Mit Ueli Vogt wurde ein Handwerker gewählt, der sich auf dem zweiten Bildungsweg zum Architekten ausbilden liess.
Ueli Vogt arbeitete zuletzt in der Kunstgiesserei Sitterwerk in St. Gallen als Leiter des Werkstoffarchivs. Ab 1. Oktober wird er in einer 60-Prozentstelle die Ausstellung zur Eröffnung des renovierten Zeughauses (Frühjahr 2012) vorbereiten. Die Grubenmann-Sammlung wird auf diesen Zeitpunkt von einem anerkannten Gestaltungsteam neu gestaltet und, wie im Grobkonzept von 2002 erwähnt, in erweiterte Zusammenhänge geführt.
«Ich bin überzeugt, dass die Teufner der Gwunder sticht und sie die Treppen überwinden».
Berührungsängste hatte der im thurgauischen Güttingen aufgewachsene Ueli Vogt nie, wie er im Gespräch mit der Tüüfner Poscht erzählt. Anpacken lernte er als Landschaftsgärtnerlehrling. Nach dem Abschluss mit Berufsmatura folgte ein Architekturstudium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Winterthur. Zur Kunstvermittlung kam er über das Kulturzentrum Eisenwerk in Frauenfeld. Dort gelang es ihm, die Ausstellungshalle vor dem Untergang zu retten; er bewies sich dabei laut Stiftung als innovativer Ausstellungsgestalter und starker Teamplayer.
Die Kunstgiesserei von Felix Lehner sei für ihn eine logische Fortsetzung gewesen: Kunst werde hier nicht als Theorie betrieben, sondern durch handwerkliche Prozesse sinnlich erfahrbar gemacht.
«Gwunder anstacheln»
Die Diskussion, was Kunst ist oder nicht ist, interessiere ihn nicht: «Entscheidend ist einzig, ob es interessiert.» So gehe er unbefangen an die Doppelaufgabe, im Obergeschoss die Grubenmann-Sammlung wissenschaftlich zu leiten und sie in ein Zentrum für Bauen und Kultur zu erweitern und im Mittelgeschoss die sogenannte «kulturelle Mitte» zu bespielen. Ebenso wenig Mühe habe er mit dem Auftrag, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern, anderseits aber ein künstlerisches Profil mit regionaler Ausstrahlung zu entwickeln.
«Das sind nur scheinbare Gegensätze. Ich glaube, die ‚Kunstbrille‘ kann ebenso helfen, die Welt besser zu verstehen, wie man umgekehrt mit einem naiven Blick auf die Kunst neue Erfahrungen machen kann.» Was ihn antreibe, sei der «Gwunder» – er könne genauso gut an einer Viehschau verweilen wie an einer Kunstausstellung. Und so sei es auch eine Chance, dass die «kulturelle Mitte» zwischen der Festhalle im Erdgeschoss und der Grubenmannsammlung im Obergeschoss liege: «Ich bin überzeugt, dass die Teufner der Gwunder sticht und sie die Treppen überwinden».
Erich Gmünder
Tüüfner Poscht Ausgabe 04 / 2011 (PDF)
Steckbrief
Geboren: 20.11.1965
aufgewachsen: Güttingen TG
Familie: in festen Händen
Erlernter Beruf: Landschaftsgärtner, Architekturstudium
Heute tätig als: Leiter Werkstoffarchiv Sitterwerk St. Gallen
Lieblingsessen: Würste aller Art
Lieblingsgetränk: Pastis
Musikvorlieben: Bach
Buch auf dem Nachttisch: Michel Houellebecq, Karte und Gebiet
Hobbys: Lesen, Aufbau einer Bildersammlung
48 Bewerbungen
Die öffentliche Ausschreibung der neugeschaffenen Stelle stiess auf grosse Resonanz: 48 Dossiers wurden eingereicht, mit sieben Leuten wurden intensive Gespräche geführt. Mit dem 46Jährigen Ueli Vogt habe man sich bewusst für jemanden entschieden, der die Kunst, mit Holz zu bauen, von der Pike auf erlernt hat und dem die Ingenieurbaukunst nicht fern sei, sagte Gaby Bucher, Vizepräsidentin der Stiftung Grubenmann-Sammlung, zur Wahl. Ueli Vogt tritt die Nachfolge von Rosmarie Nüesch an, welche die Grubenmannsammlung ehrenamtlich aufgebaut und betreut hatte.
Die Findungskommission: Rosmarie Nüesch-Gautschi , Museumsgründerin und Leiterin der Grubenmann-Sammlung; Martin Ruff, Delegierter des Gemeinderates in der Stiftung, Präsident der Kulturkommission Teufen; Gaby Bucher, Vizepräsidentin der Stiftung Grubenmann – Sammlung. Mit beratender Stimme: Margrit Bürer, Leiterin Amt für Kultur des Kantons AR; Dr. Peter Röllin, Kunst und Kulturwissenschaftler, Rapperswil.