Die Wasserversorgung bezieht über die Hälfte ihres Wassers aus eigenen Quellen (Einzelheiten finden Sie hier). Nach intensiven Regentagen muss ein Teil des wertvollen Nass aber direkt in den Bach geleitet werden. Nämlich dann, wenn zu viel Sediment im Quellwasser mitschwimmt.
Irgendwann heute Nachmittag fallen sie vom Himmel. Wertvolle Wassertropfen. Laut Wetterbericht stehen uns wieder mehrere Regentage in Folge bevor – genau wie in der vergangenen Woche. Wie gut die Grundwasserspeicher derzeit gefüllt sind, zeigt ein Blick auf die vielen Brunnen in Teufen. Aus ihren Hähnen, die meist von Quellen gespiesen werden, schiesst das Wasser hervor. Gut für die Natur und die Nutzflächen. Die Frühlingstrockenheit der vergangenen Monate gerät langsam in Vergessenheit. Auch die Wasserversorgung Teufen ist auf Regen angewiesen. Denn was als Regen auf die Hügel niederprasselt, landet nach seinem Weg durch die natürlichen Gesteinsfilter irgendwann in den Trinkwasser-Quellen. An zwei Stellen wird dieses Wasser gefasst. Die «Quelle West» und die «Quelle Ost» haben 2019 gemeinsam 62,6 Prozent des Teufners Dursts gestillt – der Rest stammt aus der Regionalen Wasserversorgung St. Gallen (Bodensee) und der Regionalen Wasserversorgung Appenzeller Mittelland (Alpstein / Bühler). Weil das Wasser im Westen (Battenhaus) aus tiefliegenden Quellen stammt und bereits stark filtriert bzw. sauber austritt, kann es nach einer Prüfung und UV-Bestrahlung in die Reservoirs gepumpt werden. Etwas anders sieht es im Osten aus. Hier muss das Wasser erst aufbereitet werden. Und das ist bei starkem Regen nicht immer möglich.
Ausschuss in den Bach
Durch das hohe Gras vor der Wasseraufbereitungsanlage führt ein kurzer Pfad zwei Meter in die Wiese. Dort befindet sich ein Schacht. Und darin ein Sensor. Auf dem Bildschirm der Schaltzentrale lässt sich ablesen, dass dieser am Freitagvormittag einen Wert von 1,67 FNU registriert. «Das ist der Trübungsmesser. Überschreitet der Sedimentanteil im Wasser den Grenzwert, wird es direkt in den Bach geleitet», erklärt Thomas Oehri, Leiter der Wasserversorgung. FNU ist gemäss einschlägigen Fachwebsites eine von vier gängigen Messeinheiten für Wassertrübungen. Die Abkürzung steht für «Formazine Nephelometric Units» und bedeutet, dass der Sensor das Streulicht aus der Probe in einem 90-Grad-Winkeln zum einfallenden Licht misst. Salopp gesagt: Der Trübungssensor richtet einen Lichtstrahl auf das Wasser, um zu sehen, wie oft dieser von Sedimentteilen unterbrochen wird. Beim Wert von 1,67 FNU darf das Wasser noch in die Aufbereitung. «Wir mussten diese Woche aber auch schon in den Bach umleiten. Der starke Regen liess den Grundwasserpegel zu schnell ansteigen», so Oehri. Das Problem dabei: Das viele Wasser drückt sich so schnell durch den Boden, dass die natürlich Filter-Wirkung ausgehebelt wird. Und auch wenn die ausgeklügelte Aufbereitungsanlage mit viel klarkommt – irgendwann stösst auch sie an ihre Grenzen.
Mehr Wasser während Corona
Seltene Lösung
Thomas Oehri hat Übung darin, die Anlage zu erklären. Nicht nur die Lokalpresse interessiert sich dafür. Er hat auch immer wieder Wasserwerke zu Besuch. «So etwas gibt es in der Schweiz nicht allzu oft. Aber für uns hat sich der Bau sehr bewährt.» In Betrieb genommen wurde die «Quelle Ost» im Jahr 1971 – 2014 wurde sie auf den neusten Stand gebracht. Beim gestrigen Besuch der TP pumpte sie pro Minute gerade 638,5 Liter Wasser in Richtung Reservoir Wellenrüti und Schwendi (neu). «Jetzt laufen beide Pumpen mit voller Leistung. Liefern die 29 angeschlossenen Quellen weniger Wasser, schaltet sich eine von ihnen automatisch aus und die andere passt ihre Leistung an.» Davor durchläuft das Wasser aber einen mehrstufigen Reinigungsprozess. Die erste Hürde ist der angesprochene Trübungssensor. Ist er überwunden, geht es in die Vorreinigung. Das passiert in einem gewaltigen, beigen Stahlzylinder. Darin befinden sich zwei übereinanderliegende Sand-Schichten: Oben Bims- und unten Quarzsand. «Der Vorteil an diesem System ist, dass man es rückspülen kann. In etwa wie bei einem Sandfilter von einem Pool», so Oehri. Begingen die herausgefilterten Sedimente – die übrigens vor dem Einlass in den Filter mit einem Flockungsmittel gebunden werden – die Sandschichten zu verstopfen, wird «geputzt». Das heisst, der Sand wird erst mit Luftdruck aufgelockert und danach mit frischem Wasser «rückwärts» durchgespült. Anschliessend läuft alles in ein extra dafür angelegtes Sedimentationsbecken.
Nach dem Vor- folgt der Langsamfilter. «Hier versuchen wir sozusagen die Natur nachzustellen. Mit einer speziellen Flusssandmischung.» Dabei werden die letzten Sedimentreste entfernt. Das Resultat ist – nach dem Passieren des obligaten UV-Filters – Trinkwasser. «Vor dem Eintritt ins System wird aber noch ein letztes Mal die Trübung gemessen. Stimmt etwas nicht, schiebt die Anlage sofort den Riegel vor.»
Mit Verspätung
Behält der Wetterbericht recht, wird die Quelle Ost in den nächsten Tagen wohl erneut stillstehen. Allerdings nicht sofort. Denn bis das Regenwasser im Quellwasser ankommt, dauert es je nach Menge einen bis zwei Tage. Für die Wasserversorgung ist ein kurzzeitiger Stillstand der Aufbereitungsanlage aber kein Problem – auch wenn sie die Hälfte des Teufner Eigenwassers liefert. «Dank den Anschlüssen an die beiden anderen grossen Wasserversorger müssen wir keine Angst vor einer Knappheit haben», sagt Thomas Oehri.