Monica Dörig
Seit 50 Jahren gibt es Behindertensport im Appenzeller Mittelland. Am Samstag hielten Vorstandsmitglieder, Turnleiter und Schwimmleiterinnen, Turner und Sportlerinnen der PluSport-Sektion Mittelland in der «Linde» in Teufen die 50. Hauptversammlung ab. Das Nachtessen gehört zu jeder HV; zum Jubiläum gab es einen Rahmen aus fröhlicher Ländlermusik aus Gais und es waren besondere Gäste zum Geburtstagsfest gekommen.
Als der Verein vor 50 Jahren gegründet wurde, war Vieles was er im Sinn hatte visionär. Eine der Pionierinnen war Elly Baumann aus Trogen. Menschen mit Behinderungen, die bis dahin meist in Heimen betreut wurden – ohne Förderung oder Freizeitgestaltung – und oft, sofern sie in der Lage dazu waren, für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten, sollten wie die Gesunden Sport treiben können, so die Idee. Sie stiess bei sozial engagierten Personen auf offene Ohren. Wie beim Ehepaar Kurt und Ursula Spielmann aus Speicher, das einen blinden Sohn hatte. Ursula Spielmann war lange Jahre Präsidentin des Samaritervereins, auch auf kantonaler Ebene. Sie habe ihren sportlichen Ehemann ermuntert, sich im Behindertensport einzusetzen, erzählte sie am Rande der Jubiläums-HV. Kurt Spielmann absolvierte eine Probelektion und wurde vom Fleck weg engagiert. Er absolvierte die erforderlichen Ausbildungen, startete mit einer Skifahrergruppe, gründete im Hallenbad der Berit Klinik eine Schwimmgruppe, leitete ab 1975 Jahrzehnte lang Turngruppen und sprach in den Heime für Beeinträchtigte vor, um das Angebot bekannt zu mache Dort traf er anfangs auf wenig Verständnis; er wurde zum Teil mit harschen Worten abgewiesen. «Es wurde uns unterstellt, wir wollten die Behinderten auf dumme Gedanken bringen», erinnerte er sich. Kurt Spielmann blieb dem Verein bis heute treu, 30 Jahre lang war er aktiv, 1986 bis 2003 als Präsident und Technischer Leiter im Kantonalverband. Heute ist er Ehrenmitglied.
Das Ehepaar Spielmann gehörte zu den besonderen Gästen an der Jubiläums-HV der PluSport-Sektion Appenzeller Mittelland vom vergangenen Samstag. Zum Geburtstagsfest in der «Linde» in Teufen waren auch Vertreter anderer Sektion, des kantonalen und des nationalen Verbands gekommen.
40 Jahren mitgeturnt
Vieles hat sich inzwischen in der Betreuung, Förderung und Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen geändert. «Ein Jubiläum macht bewusst, was alles erreicht wurde», sagte Präsidentin Annelies Schäfer. Als noch junges Mitglied (und auch weil schriftliche Aufzeichnungen fehlen) könne sie nicht viel zur Geschichte des Vereins berichten. An der 50. HV stimmten die Sportlerinnen und Sportler ebenso ab wie die Leiterinnen und Leiter und Betreuungspersonen. 49 Stimmberechtigte waren unter den insgesamt 70 Teilnehmenden. Zum letzten Traktandum ergriffen einige das Mikrofon um zum Beispiel zum bevorstehenden Geburtstagsfest einzuladen oder um sich zu bedanken für die Sportstunden oder für ein Geschenk für die langjährige Mitgliedschaft.
Am Samstag bekamen Alfred Frischknecht für 40 Jahre und Matthias, Roman und Christoph für 20 Jahre Mitturnen ein sehr persönliches Präsent. Geehrt wurden auch langjährige Leiterinnen: Rita Harzenmoser für 20 Jahre und Claudia Dietrich für 10 Jahre Einsatz. Ein besonderes Dankeschön entbot Präsidentin Annelies Schäfer Berti Winkelmann aus Teufen. Seit Jahren fährt sie die Sporttreibenden zu Turnstunden und Anlässen und für den Adventsmarkt in Trogen, wo die Sektion mit der «Kafistube» jedes Jahr einen Zustupf in die Kasse erwirtschafte (im letzten Jahr 3000 Franken), bäckt sie Torten im Dutzend. Eine Überraschung überbrachte Katharina Braun von PluSport Schweiz: 500 Franken für die Anschaffung von Sportmaterial.
In zwei Gruppen am Dienstag und in einer am Donnerstag bieten die insgesamt 25 Leiterinnen und Leiter in Gais und Niederteufen abwechslungsreiche Sportstunden an. In Gais gibt es freitags auch Schwimmstunden. In den Gruppen machen zwischen 10 und 20 Personen mit. In diesem Jahr werden vier Leiter und Leiterinnen eine Ausbildung absolvieren. Das wirkt sich positiv auf die Höhe der Subventionen aus, die die Sektion erhält.
PluSport Mittelland nimmt regelmässig an Wettkämpfen teil wie «Spiel ohne Grenzen» in Gonten oder dem Sporttag in Magglingen. Fotoprojektion auf der Bühne erinnerten an das spannende letzte Vereinsjahr. Etwas Besonderes ist das Wassermeeting, das zusammen mit dem Schwimmclub Gais jeweils im Mai ausgerichtet wird, wo auch schwerer behinderte Nichtschwimmer mitmachen können, und das ebenfalls in Gais durchgeführte Chlaus-Schwimmen mit Differenz-Wettläufen, das schon 30 Mal stattfand.
Annelies Schäfer lobte die Sportlerinnen und Sportler für ihre Motivation und dass sie manchmal bis an ihre Grenzen gehen. Die technische Leiterin Esther Grüter hob hervor, wie wichtig die Sportangebote sind um die Fähigkeiten der behinderte Erwachsenen zu fördern und zu erhalten. Und auch das gesellige Beisammensein sei für die Gesundheit wichtig.
Ein teures Jahr steht bevor
Die junge Präsidentin war vor einem Jahr gewählt worden und hat mit der Geburtstags-HV die Feuertaufe bestanden. An der ersten von ihr geleiteten Versammlung verabschiedeten sich drei Frauen aus dem Vorstand: Daniela Preisig, ehemalige Präsidentin und zuletzt Beisitzerin; Esther Grüter, seit 19 Jahren Turnleiterin, die letzten sieben Jahre auch technische Leiterin; Judith Baumann, ebenfalls seit vielen Jahren aktiv, zuletzt als Aktuarin. Alle drei wurden unter frenetischem Beifall zu Ehrenmitgliedern ernannt. Da sie ihre Demission frühzeitig angekündigt hatten, konnte Ersatz gefunden werden: Jürg Riesen aus Teufen wird technischer Leiter und Simone Weder (Lustmühle) übernimmt das Protokollieren.
Die verbleibenden Vorstandsmitglieder Annelies Schäfer (Präsidentin), Roland Egger (Beisitzer), und Albert Schönenberger (Kassier) wurden mit Applaus wieder gewählt, ebenso die Revisoren.
Protokoll und Jahresberichte wurden genehmigt. Die Kasse schliesst mit einem kleineren Verlust als prognostiziert; darum wird auf die Auflösung von Rücklagen vorläufig verzichtet. Wegen der Teilnahme an der Gymnaestrada in Biel und wegen eines grösseren Ausflugs rechnet Alfred Schönenberger für das Jahr 2019 mit einem Verlust von gegen 18›000 Franken. Dann soll die 10›000 Franken Rückstellungen aufgelöst werden. Der Verein verfügt aktuell über ein Vermögen von 92’000 Franken. Die 49 stimmberechtigten Anwesenden genehmigten die Jahresrechnung und erteilten Kassier und Vorstand Entlastung.