Erich Gmünder, Text und Fotos
Innert weniger Tage ist praktisch der ganze Baumbestand der Villa Thürer gefällt worden. Nachbarn reagieren geschockt.
Brigitte Wicki wohnt seit 30 Jahren im Nachbarhaus, direkt neben dem Park, dessen Ruhe sie liebte. Nur Vogelgezwitscher habe sie hier gehört. Dann, plötzlich, am Montagmorgen früh, hörte sie jemanden einen Pfahl einschlagen. Sie sah, wie der Weg zur Villa mit einem Tracierband abgesperrt wurde. Und kurz darauf begannen die Forstarbeiter ihr Zerstörungswerk.
Am Donnerstag waren sie fertig. Riesige Berge von Stämmen säumen die Strasse hinter ihrem Haus. Brigitte Wicki kann die Tränen kaum zurückhalten, wenn sie erzählt, wie sie von ihrem Balkon aus ohnmächtig zusehen musste, wie der ganze Baumbestand ruckzuck gefällt wurde. Sie habe mit den Forstarbeitern gesprochen, diese hätten erzählt, der Auftrag sei ganz kurzfristig gekommen.
Dass die Villa abgebrochen werden würde, hatten die Nachbarn schon länger geahnt, nachdem letztes Jahr Frau Thürer als letzte Bewohnerin hochbetagt gestorben war und von der Familie niemand Interesse zeigte.
Ende April kam ein Schreiben der Erbengemeinschaft Thürer, das besagte, dass die Villa verkauft worden sei, die Familie aber genügend Zeit habe, sie zu räumen. Offenbar war ein Investor gefunden worden, der das riesige Grundstück kaufte und hier eine Überbauung realisieren will. Eine Gestaltungsplanung liegt jedoch noch nicht vor.
Nun hat es offenbar plötzlich pressiert. Brigitte Wicki vermutet, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden sollten. Und wundert sich: Ein Baumfällgesuch der Familie Thürer wurde vor Jahren nicht bewilligt: Es handle sich hier um Wald, wurde ihr beschieden. Sie habe die Forstarbeiter persönlich angesprochen, diese hätten erzählt, der Förster habe die Baumfällaktion bewilligt.
Erkundigungen anderer Teufner bei der Gemeinde bestätigen offenbar, dass alles rechtens gelaufen ist.
Brigitte Wicki kann es immer noch nicht glauben, was passiert ist. Zwar ist es in ihrer Wohnung nun heller geworden, aber freuen kann sie sich darüber nicht. „Man kann doch nicht im Frühling, wenn die Vögel nisten, einen ganzen Wald einfach umlegen.“ Die Forstarbeiter, die notabene von auswärts zugezogen wurden, hätten ihr gesagt, das Holz bleibe bis im Herbst liegen. Weshalb also diese Eile?, frage sie sich.