Sonnencreme, Chemie und eine Mäuseplage

09.08.2019 | Timo Züst
Sandra_Krüsi_Albert_Müller
Mit Herzblut für die Badi im Einsatz: Albert Müller und seine Stellvertreterin Sandra Krüsi. Fotos: tiz

Timo Züst

Wenn die Temperaturen wie heute über 30 Grad klettern, ist die Badi Teufen ein beliebtes Ausflugsziel. Nicht nur für Teufnerinnen und Teufner – die ganze Region kommt hier auf Besuch. Um dieses Massenplanschen zu ermöglichen, wird im Hintergrund intensiv gearbeitet.

Der Arbeitstag von Albert Müller begann heute Morgen um 5.45 Uhr. Das ist eine Stunde früher als sonst. Am Montag, Mittwoch und Freitag springen die ersten schon um 7 Uhr ins Wasser. Frühschwimmen steht auf dem Programm. Trotz der frühen Stunde beginnt der Tag des Bademeisters wie immer mit dem Technik-Durchgang im Untergrund: „Ich überprüfe alle Systeme und checke die Chemie.“ Später folgt der überirdische Rundgang. Dem wachen Auge entgeht nichts. Abfall wird eingesammelt, verstopfte Überlaufrinnen werden gereinigt, streunende Frösche eingesammelt. „Die Badi soll sauber sein und einen guten Eindruck machen.“ Wenn Albert Müller von seiner Arbeit erzählt, schwingt viel Stolz mit. Seit 33 Jahren ist er als hauptverantwortlicher Badmeister für das Freibad Teufen zuständig. Sein Job ist eine Herzensangelegenheit. „Unsere Badi ist weitum sehr beliebt. Mein Ziel ist es, dass das auch so bleibt.“ Um das zu erreichen, feilen er und seine Stellvertreterin Sandra Krüsi immer wieder an den internen Abläufen.

Filter und Physik

Der Eingang zum Technikraum befindet sich zwischen dem Nicht-Schwimmer und dem Rutschbahnbecken. Laute Motoren, Wärme. Das fällt beim Eintreten sofort auf. Das Auge blickt auf ein Wirrwarr aus blauen Leitungen, Elektromotoren, Schalttafeln und Messstationen. Albert Müller bringt System ins Chaos. Er beginnt beim Herzstück der Anlage: Dem Vakuumfilter. Hier wird das gesamte Wasser des Freibads Teufen (rund 2,2 Mio. Liter) ununterbrochen gereinigt. „Das Wasser wird durch diese aufgestellten Siebplatten gezogen“, so Müller. Auf diese Platten befindet sich eine Schicht Kieselgur. Dieses Kiesmehl besteht mehrheitlich aus gemahlenen Fossilien (Muscheln etc.) und hat erstaunlich gute Filtereigenschaften. „Unter dem Mikroskop erkennt man, dass die Kieselgur bis ins Kleinste eine sehr poröse Struktur hat. Deshalb nimmt es Fremdstoffe so gut auf.“ Im Badewasser ist besonders ein Fremdstoff ein grosses Thema: Sonnencreme. Davon landen jede Saison ganze Berge am Boden des Filters. Das Problem: Der Chlorgehalt im Badewasser löst auch wasserfeste Sonnencreme von der Haut ab. „Die Creme sollte deshalb schon zuhause aufgetragen werden, damit sie Zeit hat, in die Haut einzuziehen.“ Aber selbst Kieselgur kann nicht alles vom Wasser trennen. Urin und Schweiss verbindet sich mit dem Wasser und kann deshalb nicht physisch herausgefiltert werden. Die Lösung: Verdünnung. Jeden Tag werden dem geschlossenen Kreislauf zwischen 40’000 und 60’000 Liter Frischwasser zugefügt. An besonders heissen Tagen kommen manchmal sogar noch einmal 10’000 Liter dazu. Allerdings nicht zur Kühlung. Der Badi geht auch jeden Tag Wasser „verloren“. „Der wichtigste Faktor ist die Verdunstung. Aber auch die Badegäste. Beim Verlassen des Bads nehmen sie immer auch etwas Wasser mit sich.“

Zurück im Technik-Raum. Hinter dem Filter befindet sich ein weiteres Becken ohne offensichtliche Technik. Es ist eines von zwei Überlaufbecken. „Wozu es das braucht? Na, was passiert, wenn Sie in die Badewanne steigen?“ Natürlich, der Wasserpegel steigt. Das gilt auch für die Badi – je mehr Gäste, desto weniger Wasser braucht es. Die überschüssige Menge wird hier „zwischengelagert“.

Chemie und Bakterien

Der Titelkopf des Dokuments sieht offiziell aus. „INTERKANTONALES LABOR“, steht da in Grossbruchstaben. Getestet wurde das Badewasser der Anlage „SCHWIMMBAD TEUFEN“. Das Papier hat Albert Müller im Badmeister-Büro zur Hand genommen. Es ist der Testbericht der jüngsten, unangekündigten Prüfung des Labors. Sie fand am 24. Juni statt. Pro Saison wird das Wasser durchschnittlich zweimal von externer Stelle untersucht. „Wir selbst machen das natürlich viel häufiger. Die Anlage prüft die Chemie ständig und zusätzlich führen wir pro Tag drei manuelle Tests durch“, so Müller. Auf der Frontseite des Laborberichts sind zwei Hauptkategorien zu sehen „Bakteriologie“ und „Chemie“. Sie werden in allen vier Becken (Schwimmer, Nichtschwimmer, Rutschbahn, Plansch) separat gemessen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Mit einer Ausnahme sind alle Resultate „Sehr gut“. Nur bei der Chemie des Rutschbahn-Beckens steht ein „Ungenügend“. Albert Müller erklärt: „Hier war der Wert etwas zu hoch, nicht zu tief. Das liegt daran, dass wir kurz vor der Probeentnahme neues Javelwasser bzw. Chlor zugefügt hatten.“ Beim Rutschbahnbecken wird dabei jeweils etwas zu viel beigemischt, weil durch das Rutschen besonders viel Wasser verdunstet – dabei geht immer zuerst das Javelwasser verloren.

Übrigens: Dieses Javelwasser stellt das Freibad Teufen selbst her. Im hinteren Bereich des Technikraums befindet sich eine Elektrolyse. Hier werden pro Tag zwischen 1000 und 1200 Liter Javelwasser hergestellt. Der prozentuale Javel-Anteil beträgt rund 4,5 Prozent. Ein idealer Wert für Badewasser. Denn es muss potent genug sein, um die Bakterien im Wasser in Schach zu halten. „Die üblichen Verdächtigen sind Coli, Legionellen, Pseudomonas aeruginosa  oder Salmonellen.“ Aber: In seinen 33 Jahren hier hatte Alber Müller noch nie eine Beschwerde wegen einer bakteriellen Krankheit nach einem Badibesuch. Wohl ein Zeichen für eine intakte Chemie.

Mäuseplage

Die Zeit läuft. Schon bald neigt sich die Badisaison  dem Ende zu. Für einen Grossteil des achtköpfigen Wasseraufsichtspersonals ist die Arbeit im Freibad dann bis zum kommenden Frühling beendet. Für Alber Müller und Sandra Krüsi gibt es aber auch im Herbst einiges zu tun. Ein Tier beschäftigt sie dabei besonders: Mäuse. „Sie graben hunderte Gänge durch den Rasen. Wir müssen sie regelmässig vertreiben und im Frühling alle Gänge einstampfen bzw. aufschütten.“ Was nach einem Witz klingt, ist harte Arbeit. Das Ausmass der „Zerstörung“ durch die kleinen Nager wird auf den Fotos sichtbar.


Zukunftspläne?


Zwar ist die Infrastruktur des Freibads Teufen in einem guten Zustand. Trotzdem hat die Gemeinde die Sanierung bereits in die langjährige Finanzplanung aufgenommen. Und auch Albert Müller macht sich Gedanken über die Zukunft des Freibads: „Ich träume von einer riesigen Rutschbahn. Wir könnten uns den Hang zu Nutze machen und eine einzigartige Rutschbahn bauen. Das würde weitum für Aufmerksamkeit sorgen. Auch sonst sollte man den Hang nicht nur stabilisieren, sondern auch besser nutzen. Wie wäre es beispielsweise mit ein paar Muschelmulden?“ Fast schon gesetzt, ist hingegen die Sanierung des grossen Schwimmbeckens. Heute ist es ein reines Betonbecken. Das poröse Material muss sehr aufwändig gereinigt werden. Alternativen sind eine Folie wie im Nichtschwimmerbecken oder Chromstahl wie das Kinderplanschbecken und Rutschbahnbecken, was viel weniger Chemie und Algicid verbrauchen würde. Was schliesslich vorgeschlagen wird, ist noch ungewiss.

 

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