Singen übers Heimkommen

25.12.2024 | Nerina Keller

«Habt ihr mitbekommen, dass Sue Schell (von PSM) eine neue, ganz besondere CD herausgegeben hat?» Dieser Leserinnen-Hinweis kommt per E-Mail. Die TP-Redaktorin ist erstmal ahnungslos: Sue Schell? PSM? Wie bitte? Eine Internetrecherche und einen Schallplatten-Fund später ist alles klar. «Peter, Sue & Marc» waren in den 70ern europaweit berühmt. Mit 74 Jahren hat die ehemalige Frontfrau des Trios ein neues Album herausgegeben. Beim Besuch in ihrer Teufner Wohnung wird schnell klar: Ihre Beziehung zur Musik hat sich verändert.

Das Treffen findet bei Sue Schell zu Hause statt. Das passt irgendwie. Der Titel ihres neuen Albums lautet «Songs for coming home». Lieder, um heimzukehren also. Lange Zeit hat sie in Bern gelebt. Und als bekannte Sängerin der Band «Peter, Sue & Marc» ist sie in den Siebzigern weit herumgekommen. Nach Teufen kam sie wegen des ehemaligen Seminarhauses Fernblick. Dort hat sie Kurse besucht, sich engagiert in der Friedensarbeit. Und Gefallen am Dorf gefunden. Seit über zwanzig Jahren wohnt sie hier. Und trotzdem: «Heimat bedeutet für mich nicht in erster Linie ein Ort», sagt sie. «Viel eher sind es Menschen, bei denen ich mich aufgehoben fühle. Und ich bin mir über die Jahre auch selbst immer mehr zur Heimat geworden.» Die ruhigen Lieder des neuen Albums beschreibt sie denn auch als Einladung, still zu werden, das Hin und Her im Kopf zur Ruhe kommen zu lassen und mit sich tiefer in Verbindung zu sein. Völlig fremde Pfade musste sie dafür dennoch gehen. Sue Schell lacht und sagt: «Stell dir mal vor, ich habe mit 74 Jahren meine allererste Webseite erstellt.» Nach Erscheinen der CD und eines «10vor10»-Beitrags von «SRF» war das Album sogar drei Tage auf Platz 4 der CH-Artists Album Charts.

Die Musik zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Sue Schell. Das Entdecken der eigenen Stimme, Auftritte, Rampenlicht, Liebe zur Musik. «Ich singe noch immer oft und gerne, aber auch anders als früher.» Grund für die Veränderung ist das Meditieren. Seit Jahrzehnten praktiziert Sue Schell Meditation. Das hat ihr Verhältnis zum Singen beeinflusst. «Ich liebe es, mit der Stimme zu improvisieren. Es kommt ganz aus dem Augenblick heraus, aus tiefen Schichten. Das ist befreiend.»

Ich singe immer noch oft und gerne. Aber auch anders als früher.

Ihre Leidenschaft fürs Singen teilt Sue Schell auch gerne. Eine Zeit lang hat sie in der Reha- Klinik Zihlschlacht für Menschen «einfach getönt», wie sie es nennt. «Ein Mann im Wachkoma hatte plötzlich ein Lächeln im Gesicht. » Und ab und zu kommt auch heute noch jemand zu ihr, um «einfach zu klingen». Sie erzählt von einer über 90-jährigen Frau, die regelmässig kommt. Einmal im Monat singt sie mit Altersheim-Bewohnenden. «Singen umfasst den ganzen Menschen, ist mit Atem und Seele verbunden. Da können Energien ins Fliessen kommen. Und manchmal Tränen, das sind für mich Perlen.» Mishko liegt in seinem Bettchen gleich neben dem Sofa. Den Mischling aus Bulgarien hat Sue Schell seit der Pandemie. «Langsam ist er ein bisschen verwirrt». Aber er bleibt ein feiner Gefährte und guter Grund, jeden Tag an die frische Luft zu gehen. Zudem pflegt sie Freund- und Bekanntschaften oder trifft ihren Bruder, der in der Nähe von Bern lebt. Dass die Gesundheit nicht mehr alles erlaubt, hält Sue Schell nicht vom aktiv sein ab: «Letzte Woche habe ich online sieben Tage an einem Meditationsretreat teilgenommen.» Und weil es in der Gruppe mehr Freude macht, gibt es seit Kurzem einen kleinen Sitzkreis bei ihr zu Hause.

Als Sängerin tritt Sue Schell nicht mehr auf. Eine Möglichkeit gibt es aber doch noch, sie live auf der Bühne zu erleben: beim Improvisationstheater. Unter Anleitung einer Profischauspielerin probt die Gruppe alle zwei Wochen in St. Gallen. «Wir sind alle über 70 und spielen einfach Quatsch.» Direkt nach der Aussage hält sie inne und fügt an: «Wobei, manchmal ist es auch richtig ernst.» Nebst viel Spass bietet das Improvisieren auch Gelegenheit, etwas über sich selbst und das Leben zu lernen. «Sich mutig ins Zentrum stellen und gelassen scheitern», sei dort das Motto. «Das ist meine Leitlinie: Weitergehen und lernen, lachen, lieben, loslassen …»

www.sueschell.ch

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