Gemeinderätin Kathrin Dörig (rechts) mit Niki und Florian Wiese/r. Die beiden sind das «Zukunftsbureau». Foto: Archiv / TP März 2020
Am 12. September laden die Kulturkommission und das Zukunftbureau Teufen zu einer «Matinée für kreative Köpfe» ins Zeughaus. Dabei sollen Ideen für das Teufen von morgen gefunden und geformt werden. Aber was genau bedeutet das? Und wer sollte dabei sein? Die TP hat bei Mitorganisatorin Niki Wiese nachgefragt.
Hinweis: Wer dabei sein will, kann sich per E-Mail unter jetzt@zukunftbureau.org anmelden. Weiter Informationen finden Sie hier.
Frau Wiese, am 12. September findet im Zeughaus Teufen die erste «Matinée für kreative Köpfe» statt. So kurz wie möglich: Was ist das?
Die Matinée wird ein entspannt-angeregter Workshop, in dem Menschen, die in Teufen leben, arbeiten oder hier aufgewachsen sind, zusammenkommen und sich gegenseitig Inspiration und Unterstützung geben. Ob sie sich bereits kennen oder nicht, ist unwichtig. Sie tauschen sich über Projekte und Ideen aus, sie stecken ihre kreativen Köpfe zusammen (natürlich mit der nötigen Corona-Distanz), kurbeln ihre Gestaltungslust für ein lebendiges und buntes Teufen an und entwickeln Skizzen für individuelle oder gemeinsame Zukunftsvisionen.
Im Veranstaltungskalender schreiben Sie Von «kreativen, entwicklungs- und veränderungsfreudigen» Menschen. Wie weiss ich, dass ich da dazugehöre?
Wir wünschen uns eine breite Mischung von Teilnehmer*innen, die sich gegenseitig animieren, über den eigenen Tellerrand hinaus zu denken. Wer sich von der Ausschreibung inspiriert und abgeholt fühlt, gehört bereits dazu. Ebenso wer an einer lebendigen Kultur und an der Mitgestaltung des Dorfes im Sinne eines gemeinschaftlichen Lebensraumes interessiert ist. Wer Lust und Zeit hat, sich konkret dafür zu engagieren. Wer sich gerne Gedanken darüber macht, wie die Welt von morgen aussieht und wie jede*r sich im Guten dafür einsetzen kann. Oder wer die Welt mit künstlerischen Augen sieht und entsprechend gerne experimentiert. Wer an anderen Orten Impulse entdeckt hat, die er*sie gerne in Teufen ausprobieren möchte. Wer ein gesellschaftliches Bedürfnis erkennt und sich dafür einsetzen möchte. Wer Sparring-Partner für seine Vorhaben sucht. Sie alle finden hier Austausch, Inspiration und gegenseitige Unterstützung. Und wer unsicher ist, darf uns sehr gerne eine E-Mail schreiben oder uns anrufen.
Was für Themen sollen denn zur Sprache kommen? Eher in die Richtung «farbiger Dorfplatz» oder «Ortsdurchfahrt»?
Die Themen und Anliegen werden von den Teilnehmer*innen mitgebracht. Es gibt keine Prioritätenliste oder versteckte Agenda seitens der Veranstalter. Es geht ums Identifizieren von Themen und Bedürfnissen, die am Herzen und in der Luft liegen, und wie gemeinsame Visionen mit gebündelten Kräften auf den Boden gebracht werden können. Oft haben Leute an einem Ort ähnliche Ideen, wissen aber nichts voneinander. Jede*r auf sich allein gestellt, steht allzu oft vor einem zu grossen Berg. Aber im Austausch mit anderen können Ideen einen Sog entwickeln, der sehr viel Energie freisetzt.
Die Veranstaltung wurde zusammen mit der Kulturkommission organisiert. Wurde ein konkretes Ziel definiert?
Ja, das längerfristige Ziel ist es, die Macher*innen und Kulturszene in Teufen untereinander intensiver zu vernetzen und ihr vielfältiges Schaffen sichtbar zu machen. Die Kulturkommission möchte vermitteln, dass sie sich nicht bloss als mögliche Anlaufstelle für Förderanträge sieht, sondern als partnerschaftliche Ermöglicherin, als Impulsgeberin für Dialog und Vernetzung für alle, die in Teufen das Dorfleben und die Kultur der Mitgestaltung mitprägen wollen.
Am 7. November soll ein zweiter Workshop stattfinden. Warum braucht es zwei? Und sind da die gleichen Teilnehmenden eingeladen?
Ja, es ist ein Folgeworkshop, zu dem die gleichen aber auch weitere Interessierte eingeladen sind. Im zweiten Teil setzen wir vor allem auf den Gedanken, dass wenn die passenden Menschen zusammenspannen, Unmögliches möglich und Zukunftsmut gestärkt wird. Wir schmieden an den eingebrachten Ideen weiter. Gemeinsam mit den Teilnehmer*innen wird auch erörtert, wie es nach den beiden Anlässen weitergehen soll. Die Kulturkommission möchte sich längerfristig engagieren und die Workshops werden zeigen, welche Form des weiteren Austauschs, der weiteren Zusammenarbeit sinnvoll ist.
Sie sind sind Co-Gründerin der «Zukunftbureau»-Bewegung. Worum geht es da? Und ist das am 12. September auch ein «Zukunftsbüro»?
Das Zukunftsbüro ist im weitesten Sinn eine Tankstelle für den Mut, ureigene Anliegen und Ideen in den Fokus zu nehmen und anzupacken und fördert die individuelle Innovationsfähigkeit (Hinweis: Mehr dazu lesen Sie im Kasten). Ich bin sehr glücklich, dass wir im «Zukunftbureau Teufen» mit der einheimischen Katja Breitenmoser und ihrer Firma «e7 – Beratung Bildung Reisen GmbH» (www.esieben.ch) zusammenspannen können. Sie ist eine gleichermassen leidenschaftliche und besonnene wie auch versierte Expertin für Partizipation und neue Formen der Zusammenarbeit.
Sie haben Teufen nun schon etwas kennengelernt. Was für eine Zukunft würden Sie sich für das Dorf wünschen?
Ich fühle mit der aktuell dominanten Schwierigkeit der verfahrenen Situation um die Ortsdurchfahrt mit. Ich wünsche dem Dorf Gelassenheit, Grossmut und Weitsicht, dieses Thema aus einer liebevollen Enkelperspektive lösen zu können. Ich wünsche dem Dorf, dass es gerade in der aktuellen Zeit, wo Corona viel Kraft kostet und müde macht, nicht vergisst zu leben, dass auch anderes als das Schwierige Platz hat. Teufen ist ein sehr schönes Dorf, dem man ansieht, dass es sich selbst gern mag und die Kraft und die Mittel hat, ein gepflegtes Dasein zu führen. Ich wünsche dem Dorf, dass dieses Wohlergehen auch als Chance für Experimente genutzt wird und innovative Leute beflügelt werden, die bereit sind, Lebenszeit für das Gemeinwohl einzusetzen. Ich wünsche Teufen (wie auch überhaupt allen Orten dieser Welt) das Bewusstsein, dass Zukunft nicht einfach auf uns zukommt und wir passiv darauf reagieren müssen. Zukunft ist die Summe dessen, was jede*r von uns tagtäglich entscheidet, als nächstes zu tun. In diesem Sinne ist die Zukunft: jetzt! tiz
Aus dem Archiv
Dieser Artikel erschien in der März-Ausgabe der Tüüfner Poscht. Der geplante Anlass am 6. Juni wurde wegen der Corona-Pandemie verschoben.
Ein Gedankenexperiment: Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens auf. Ohne, dass Sie es wissen, wurden über Nacht alle Ihre Wünsche wahr. Sie gehen also Ihrer alltäglichen Routine nach. Wann und woran merken Sie, dass Sie nun in Ihrem «Paradies» leben? Das ist einer der Denkanstösse, die Niki Wiese und Florian Wieser den im Zeughaus versammelten, kreativen Köpfen am 6. Juni (9 bis 13 Uhr) 12. September liefern werden. «Solche ganz konkreten Fragen eigenen sich gut, um ins Gespräch zu kommen. An den Geschichten der anderen erkennt man sofort, wer zu einem passt. So bilden sich Gruppen und erste Verbindungen entstehen», sagt Niki Wiese. Zusammen mit ihrem Partner Florian Wieser erschuf sie die Marke «Zukunftsbureau». Unter diesem Namen haben sie schweizweit bereits über 50 «Zukunftsbüros» zur Gründung verholfen – und bis zum Ausbruch der Corona-Krise kamen wöchentlich ein bis zwei neue dazu. Ziel dieser Zukunftsbüros ist es, den Visionären einer lokalen Gemeinschaft Austausch Plattformen zu bieten. Mit den Worten der Köpfe dahinter: «Wer seine Ideen, Projekte, sein Geschäftsmodell, Vereinsfragen, Karrierefragen oder politischen Amtsvisionen schärfen und besprechen will, damit es ‹fürschi gaht›; die Zukunftsbüros sind der Ort für solche Gespräche.» Im Rahmen der Kulturlandsgemeinde 2019 richteten die beiden ein temporäres Zukunftsbüro ein. Eine ihrer Gesprächspartnerinnen: Gemeinderätin Kathrin Dörig. Ihre Vision: Ein lebendiger Austausch treibender, kreativer Teufner Köpfe. In der Folge arbeitete das «Zukunftsbureau» mit der Kulturkommission an der Umsetzung dieser Idee. Nun steht der Fahrplan – erster Halt ist die Matinee vom 6. Juni.
Nachbarn auf Zeit
«Wir sind keine Teambildungs-Coaches oder Moderatoren. Wir werden das Gespräch lediglich anstossen. Der Austausch kommt dann automatisch», sagt Florian Wieser. Er sitzt mit seiner Partnerin Niki und Gemeinderätin Kathrin Dörig an einem kleinen Holztisch. Er steht in einer Einliegerwohnung von Kathrin Dörigs Wohnhaus. Die beiden Gäste kennen den gemütlichen Raum. Während der Kulturlandsgemeinde hatten sie die Unterkunft über die Online-Plattform «Airbnb» gebucht und hier übernachtet. «Als wir uns im Zeughaus gegenübersassen, wussten wir noch gar nicht, dass wir derzeit sozusagen Nachbarn sind», erzählt Kathrin Dörig. Die Chemie hat aber nicht nur beim häuslichen Geschmack gepasst. Die drei verstanden sich sofort. Bald darauf stellte sich das «Zukunftsbureau» bei der Kulturkommission vor und präsentierte ihren Ansatz für einen konstruktiven Austausch im Dorf. «Bei unserer Arbeit stellen wir immer wieder fest, dass die richtigen Ideen für die Lösung eines lokalen Problems oder die Umsetzung einer Vision längst vorhanden sind. Man muss bloss die richtigen Leute zusammenbringen», erzählt Niki Wiese. Anders gesagt: Es braucht Utopisten, Visionäre, Praktiker und jemanden, der sich mit Finanzen auskennt, um eine Idee zum Leben zu erwecken.
Ideen für Teufen
Auch bei der Matinee in Teufen soll es darum gehen, Leute zusammenzubringen. «Wir von der Kulturkommission hoffen natürlich, dass daraus nachhaltige Projekte entstehen», so Kathrin Dörig. Nach der Matinee am 6. Juni werden Niki und Florian Wiese/r die erfassten Inputs analysieren und gliedern. An einem zweiten Termin im September soll die kreative Truppe dann erneut zusammenkommen, um über mögliche, weitere Schritte zu sprechen. Danach könnte es bei einzelnen Projekten bereits konkret werden. Aber Florian Wieser relativiert auch gleich: «Wenn wir an ein Projekt denken, sehen wir meist sofort die vielen, konkreten Herausforderungen. Oft ist es hilfreicher, sich vorzustellen, es wäre bereits umgesetzt. So bleibt die Motivation erhalten.»
www.zukunftsbureau.org