Am Samstag, 3. Dezember um 11 Uhr präsentiert die Lesegesellschaft im „Baradies“ das Neujahrsblatt 2017, das von Sibylle Badertscher geschaffen wurde.
Die Lesegesellschaft, unter Leitung von Daniel Ehrenzeller, entschied sich für die seit 2008 in Trogen lebende Künstlerin, welche zuvor 25 Jahre in der Hauteten (Lustmühle) zuhause war. Das Werk bleibt auf Wunsch des Vorstandes bis zur Vernissage «bedeckt».
«Schon als Kind liebte ich das Zeichnen, Malen und Basteln über alles.» Dieser innere Antrieb zum Ausdruck der eigenen Kreativität zieht sich wie ein roter (Näh-)Faden durch das Leben von Sibylle Badertscher. In eine bestimmte Richtung festlegen oder gar drängen lässt sie sich nicht.
Vielseitig gestalterisch
Der Atelierraum im «Palais Bleu» (ehemaliges Spital) in Trogen ist ungewöhnliche 3.5 m hoch. Das stattliche Gebäude wird genossenschaftlich verwaltet und bietet Kunstschaffenden Wohn- und Atelierräume. Warmes Novemberlicht dringt von einer Seite durch grosse Fenster ein. Über eine weisse Wand ist eine lange Kordel mit verschiedenfarbigen Fadenspulen gespannt, schwere Arbeitstische, zahlreiche Boxen mit allerlei Materialien aufgestapelt, viel Stoffiges, Bilder in diversen Grössen und Stilrichtungen, alles wirkt sauber und geordnet.
«Gestalten wollen zieht sich durch mein ganzes Leben»
Vielleicht war der Grossvater Vorbild? Er wanderte aus dem Emmental in die Ostschweiz ein und arbeitete als Textilzeichner. Nach der Ausbildung zur Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin in St. Gallen und ein paar Monaten Weltreise liess sich Sibylle Badertscher in einem Bauernhaus in der Hauteten nieder.
Während acht Jahren führte sie, gemeinsam mit einer Freundin, ein Schneideratelier an der Webergasse in St. Gallen. Sie gab viele Jahre in Teilzeit und in Vertretungen Unterricht in Teufen und Niederteufen.
«Textilien in all ihren Farben, Strukturen und Materialien überspannen viele Bereiche meines Lebens. Irgendwie ist Nähen wie Malen mit Stoff für mich.»
Bis heute leitet sie Nähkurse in ihrem Atelier. 1989 gründete sie eine Familie mit ihrem Mann Flavio Forlin, der 2005 sehr jung verstarb. Fortan war sie alleine für ihre beiden Söhne verantwortlich. Zusammen mit ihrem älteren Sohn besuchte sie einen Malkurs und absolvierte später an der Textilfachschule den Gestalterischen Vorkurs.
«Dies war wie ein Wiederaufgreifen einer während der Familienzeit zu kurz gekommenen Fährte», erzählt Sibylle Badertscher mit leuchtenden Augen. «Nebst dem Textilen habe ich meine Kreativität immer auch im Garten, beim Kochen und in den letzten Jahren vermehrt beim Malen ausgelebt.
Mich interessiert ganz Vieles. Ich kann und will mich nicht in eine Richtung festlegen. Diese Vielseitigkeit ist ein kostbares Geschenk und immer wieder eine grosse Herausforderung».
Sieben Farben übereinander
Soviel sei verraten: Das Neujahrsblatt 2017 ist, wie einige Vorgängerinnen, eine Lithographie, hergestellt in der auf traditionelle Drucktechnik spezialisierten Druckwerkstatt von Urs Graf in Speicher. Sibylle Badertscher erzählt von einem längeren Prozess der «inneren Suche».
«Was verbinde ich mit Teufen? Das sind vor allem die Menschen. Wo treffe ich meine Bekannten…?» Die vielen Ideen konkretisieren, Entwürfe und wieder Entwürfe weisen den Weg bis zu den definitiven Konturen. Erst jetzt beginnt der eigentliche Schaffensprozess der Lithographie. Jede Farbe wird separat gezeichnet und gedruckt. Bei sieben Farben nebeneinander ist hohe Präzision gefragt.
Sibylle Badertschers Werk versprüht eine bunte bis verspielte Lebendigkeit. Beim näheren Hinsehen zeigen sich subtile Feinheiten und die Affinität zum Textilen, vielleicht gar zum Feinstofflichen?
Das Bild offenbart je nach Betrachtungsdistanz eine Wechselwirkung zwischen Kraft und Sensibilität. «Es war mein Wunsch, ein frisches, fröhliches Neujahrsblatt zu zeichnen.»
Samstag, 3. Dezember, 11.00 Uhr, Baradies, Engelgasse