Schwerpunkt im Dezember: Pensioniert – was nun?

23.12.2016 | TPoscht online
dscn2631-jpg-philipp-schuchter-kompr
Kein Stress mehr, frei verfügen über seine Zeit, sich endlich dem widmen, was man schon immer gerne gemacht hätte: Fotos sortieren, wandern, verreisen, mehr Zeit für seine Lieben haben, Hobbys und Beziehungsnetz pflegen, sich musisch, sozial, politisch engagieren… So stellen sich viele die Pensionierung vor. Die Realität ist oft eine andere, aus dem Traum wird ein Alptraum. Wenn die Tagesstruktur, die Aufgabe, das Gebrauchtwerden, die Erfüllung im Beruf wegfallen, fallen manche in ein tiefes Loch: man spricht vom Pensionierungsschock. Oft kommen gesundheitliche Beschwerden hinzu, und die Beschäftigung mit der Endlichkeit des Lebens. Wie haben unsere TeufnerInnen Ü65 den Übergang in die 3. Lebensphase gemeistert? bethli-egli-2-komp

Bethli Egli: Eifach gnüüsse!

Erika Preisig Wenn man weit über das Pensionsalter hinaus hart gearbeitet hat und das Privatleben nur an den Wirtesonntagen stattfand, wie fühlt es sich an, wenn all das wegfällt, von einem Tag auf den andern und man pensioniert ist? Das wollten wir von Bethli Egli wissen. Denn genau am 1. April 2014, mit 72 Jahren und dem Verkaufsdatum der Krone in Speicher brach für sie die grosse Freiheit an. Oder etwa die grosse Leere? Obwohl sie gesund sei, bis zuletzt gerne gewirtet habe, und die Zeit zusammen mit ihrem Sohn Mathias, der in der Küche stand, nicht missen möchte, habe sie sich auf den neuen Lebensabschnitt gefreut. «Und ich bin dann auch nicht in das berühmte Loch gefallen», schmunzelt sie. Es hätte sich alles so gut gefügt, mit dem Verkauf und der gemütlichen Wohnung an der Gremmstrasse mit Blick über das Dorf in den Alpstein. «Es war wie ein «Heichoo», nach 20 Jahren wieder in Teufen zu leben.» Klar, manchmal sei es schon ein bisschen sehr ruhig hier in der Wohnung, gesteht Bethli Egli. Dazu käme etwa das lebenslang verinnerlichte Gebot, etwas «Nützliches» zu tun. Doch diese Gefühle weise sie jeweils rasch von sich. «Ich darf es jetzt eifach gnüüsse!» Im Dorf findet sie viele Angebote die ihr Freude machen, sie nimmt teil an den Seniorenwanderungen und macht Pilates. Und selbstverständlich trifft sie auf Schritt und Tritt auf Bekannte, ehemalige Gäste des «Bahöfli», der Blume und der Krone. Einige von ihnen sind ihre Freunde geworden, man trifft sich zum Essen oder macht zusammen einen Ausflug. «Im Sommer geniessen ich und meine Familie die Tage in unserem Wohnwagen am Bodensee», erzählt Bethli. Die grösste Freude bereitet ihr jedoch das Reisen. «Welch ein schönes Gefühl, einfach ganz spontan mein Köfferli zu packen und loszufahren – etwa ins Engadin oder ins Welschland.» Wenn sie dann ankomme, etwa an ihrem Lieblingsort, in Sils Maria, den See, die Berge im wunderbaren Licht betrachte, dann fühle sie sich frei und glücklich.
bethli-egli-rest-bahnhof-komp
Bethli Egli im damaligen „Bahöfli“. Foto: zVg.
[grauer-kasten title=“40 Jahre lang eine beliebte Gastgeberin“ text=“ Kurt und Bethli Egli führten von 1975 –1985 das Restaurant Bahnhof (heute Café Koller). Zuerst als Pächter, später als Besitzer. Als sich bei Kurt eine ernsthafte Krankheit bemerkbar machte, mussten sie den lebhaften Betrieb aufgeben. Bethli übernahm dann mit der Hilfe ihres Mannes das kleinere Restaurant Blume und führte es sieben Jahre lang. 1994 fasste die Familie nochmals neuen Mut und erwarb das Gasthaus Krone in Speicher. 20 Jahre war die Krone (mit einem Unterbruch) ihr Lebensmittelpunkt. Kurt Egli durfte den von ihm überwachten Umbau des Hauses noch einige Jahre geniessen. Er verstarb 2001. 2014 erwarb Konrad Hummler die Krone und führt das traditionsreiche Haus nach einer Totalsanierung erfolgreich weiter. EP“ ] dscn2631-jpg-philipp-schuchter-kompr

Philipp Schuchter: Aktiv bleiben

Mägi Walti «Wir wohnen im umgebauten Stall», sagte Philipp Schuchter, Jahrgang 1949, am Telefon. Im grösseren Teil des Bauernhauses, das die Familie Schuchter seit 1982 bewohnt, lebt nun eine ihrer beiden Töchter mit den beiden Enkeln. Da die zweite Tochter mit ihrer Familie in Deutschland lebt, bekommt sie des öfteren Besuch aus Teufen. Nach seiner Matura in Schwyz verbrachte Philipp Schuchter die Jahre 1970–1982 in Zürich, zuerst als Student und anschliessend als Planer in einem Raumplanungsbüro. Zusätzlich absolvierte er ein Nachstudium in Raumplanung. Zurück in St. Gallen, eröffnete er zuerst ein Raumplanungsbüro, war aber zunehmend auch als Architekt tätig. In der Firma Schuchter Ehle AG hat er bis vor kurzem mit zehn Leuten gearbeitet; er hatte das Glück, dass ein sehr fähiger Architekt, der 15 Jahre in der Firma war, nach und nach als sein Nachfolger eingesetzt werden konnte. Einige noch nicht abgeschlossene Projekte führt er noch zu Ende. So kann Philipp Schuchter sich nun viel freier fühlen, seine vielen Interessen zu pflegen. «Der Berg ist kleiner geworden und der Druck ist weg», meint er. Noch einen halben Tag pro Woche arbeitet er im Büro, ansonsten halten ihn seine fünf Grosskinder und seine vielseitigen Hobbys auf Trab. Das geht von Klettern in der Halle und am Berg, Bike und Rennvelo Fahren, Laufen bis zu Langlaufen, Skifahren und Skitouren im Winter. Als Vize-Präsident der Energiegenossenschaft Teufen erzählt er von der Idee, Personen, welche keinen eigenen Strom produ¬zieren können, die Möglichkeit anzubieten, eine Fläche als Mieter zu nutzen (siehe auch TP Nr. 8, Umfahrungsstrasse für Solarstromnutzen). Philipp Schuchter ist ausserdem seit vielen Jahren Mitglied des Kiwanis-Clubs, eines weltweit tätigen Serviceclubs für Kinder, der ihm sehr wichtig ist. Nicht zu vergessen seine spannenden Reisen zusammen mit seiner Frau Uschi. Sie besuchten zum Beispiel Usbekistan, ein Land mit einer 3000 Jahre alten Geschichte; Finnland, Südfrankreich, Kroatien und Südtirol waren dieses Jahr Ziele ihrer Reisen. «Sich gegenseitigen Freiraum geben und möglichst aktiv bleiben, hilft, die Zeit der Pensionierung zu geniessen.» juerg-eggenberger-fundholz2-komp

Jürg Eggenberger: Die innere Substanz im Leben finden

Sepp Zurmühle Anfang November stellte Jürg Eggenberger seine Objekte und Skulpturen aus Fund- und Schwemmholz erstmals im Zeughaus aus. Altersmässig wäre er pensioniert. Arbeiten macht ihm jedoch immer noch Spass, weil jetzt daneben genügend Zeit und Raum für «nährendes Anderes» und auch fürs Nichtstun bleiben. Nach der Pädagogischen Hochschule engagierte sich Jürg Eggenberger während 20 Jahren als Sekundarlehrer in Wattwil und St. Gallen, die letzten drei Jahre davon im Freiwilligen 10. Schuljahr. Dann zog es ihn «hin zu Neuem». Ab 1991, nach drei Semestern betriebswirtschaftlicher Weiterbildung an der Kaderschule St. Gallen, wirkte er als Personalleiter in den Industriebetrieben Spühl und Lista und in einer grossen Krankenversicherung. 2001 folgte der Schritt in die berufliche Selbständigkeit in den Bereichen Bildung, Beratung und Coaching, später auch Mediation. «Ich hatte den Anspruch auf mehr Autonomie und grösseren Gestaltungsspielraum». Darin ist Jürg Eggenberger nun seit 15 Jahren tätig, obschon er vor drei Jahren das Pensionsalter erreicht hat. «Mein Pensum habe ich deutlich reduziert, mache noch spannende Projekte und nehme Mandate an, die mir selber Freude bereiten». Hölzig bis philosophisch… «1976 kauften wir ein altes Bauernhaus mit Stall in Speicherschwendi. Dieses haben wir schrittweise selber ausgebaut. Hier zogen wir unsere vier Kinder gross – und auch einige Schafe. Durch meinen Bruder stiess ich 2007 auf die Bearbeitung von Fundholz. Ich war sofort hell begeistert und bin bis heute total fasziniert. Durch diverse Kurse und viel eigenes Experimentieren hat sich das Arbeiten mit Fundholz zu meiner grossen Leidenschaft entwickelt» (Näheres unter www.fundholz-atelier.ch und www.tposcht.ch). «Seit 2011 wohne ich alleine in Teufen und habe mir 2014 in einem selber umgebauten, ehemaligen Hühner- und Taubenstall mein Atelier eingerichtet. Es ist zu meinem Rückzugs- und Begegnungsort, meinem kleinen Paradies geworden. W ichtig im Leben sind mir andere Menschen, gleichsam schätze ich das Alleinsein und die Natur». Jürg Eggenberger macht Bergwanderungen in der ganzen Schweiz und pflegt ein weiteres Hobby, das Fotografieren. Im Februar 2017 wird er mit einem Freund zum dritten Mal nach Island reisen und dort Winterfotos knipsen. «Wichtig ist mir, selber zu wissen, was ich gerne und mit Freude mache. Sich frühzeitig darüber ernsthaft Gedanken zu machen und sie umzusetzen lohnt sich auf jeden Fall». Jürg Eggenberger kommt ins Philosophieren und spricht vom:«Finden der eigenen Substanz, vom Ändern des Lebens – und dieses Ändern dann auch zu leben».

Top-Artikel

Top-Artikel

Anzeige

Anzeige

Nächste Veranstaltungen

Dienstag, 17.09.2024

Pro Juventute: Mütter- und Väterberatung

Mittwoch, 18.09.2024

Kinderkleiderbörse

Aktuelles

×
× Event Bild

×
×

Durchsuchen Sie unsere 7370 Artikel

Wetterprognose Gemeinde Teufen

HEUTE

17.09.24 13:0017.09.24 14:0017.09.24 15:0017.09.24 16:0017.09.24 17:00
12.5°C12.9°C13.3°C12.8°C12.3°C
WettericonWettericonWettericonWettericonWettericon

MORGEN

18.09.24 05:0018.09.24 09:0018.09.24 12:0018.09.24 15:0018.09.24 20:00
6.7°C10°C12.9°C14.4°C11.2°C
WettericonWettericonWettericonWettericonWettericon