Zwei Jahrhunderte Schulwesen Irene Kost
Brot gegen Süssholz
Die Atmosphäre in der Dorfschule in Teufen schildert Reallehrer Johann Jakob Fitze (1793 – 1865) aus Bühler; er hat seine Jugendjahre in Teufen verbracht:
Der Knabe war sieben Jahre alt geworden und sollte nun die Schule besuchen, nachdem der Vettergötti ihm das ABC beigebracht hatte. Unverwischlich blieb ihm der Eindruck, den er beim ersten Besuch derselben erhalten hatte.
Eine niedrige, dumpfe und dunkle Stube, ein langer Tisch, umgeben von Bänken, auf welchen Knaben und Mädchen untereinander sassen, oben am Tisch der Schulmeister, barfuss, ungekämmt, in Hosen und Hemd mit bärbeissigem Gesicht, in der Hand eine Rute haltend und vor ihm auf dem Tisch ein Lineal liegend. Über seinem Haupte schwankte ein Kratten hin und her, in welchem sich Stücke Brot befanden, die er von den Schülern gegen Stücke Süssholz eintauschte. Die beständige Furcht vor diesem Schulmeister und seinen Waffen, die er fleissig brauchte, schüchterte das Kind dergestalt ein, dass es, weil ohnehin fast nichts zu lernen war, diese Schule bald wieder verliess. Aus: Appenzellisches Jahrbuch 1898.
Spitzenleistungen in Handwerk, Gewerbe, Textilindustrie Thomas Fuchs
Die Zahl der Plattstichweber und -weberinnen im Kanton stieg von 1850 bis 1860 von rund 2000 auf 5000. Appenzell Ausserrhoden verfügte praktisch über ein Monopol, wobei mehr als die Hälfte der Webstühle im Appenzeller Mittelland standen. Ihren Höchststand erreichte die Plattstichweberei 1899 mit einem Exportwert von 5,9 Mio. Franken. Welchem gestrengem Regime die Arbeiter und Arbeiterinnen im 19. Jahrhundert unterworfen waren, davon zeugt dieser Ausschnitt aus der Fabrik-Ordnung von 1878 der Firma Tobler & Sohn.
Güttinger AG
Dieses einmalige Bild aus den Anfängen der Automatisierung verdanken wir dem Dorfchronisten Walter Schneider. Die 1956 gegründete Firma in der Lustmühle gehörte zu den Pionierunternehmungen in der Automatisierung von Steuerungen und entwickelte einen der ersten Analogrechner der Welt. Mit ihren Satzautomaten prägte sie den Wandel im Satz für den Buchdruck (Abschied vom Bleisatz). 1981 wurde sie von der französischen NUM übernommen. 2006 wurde diese aus dem Grosskonzern Schneider- Electric herausgelöst und der Firmensitz von Paris nach Teufen verlegt.
Ein gesundheitspolitischer Sonderfall Peter Müller
Das Kapitel handelt davon, wie Teufen zur Naturheil-Hochburg wurde. Die Zahlen für Teufen sind eindrücklich. Zwischen 1904 und 1914 erteilte der Regierungsrat 18 Heiltätigen und 15 Zahnärzten die Niederlassungsbewilligung. Die Zahl der Naturärzte stieg zwischen 1910 und 1940 von rund 10 auf 38 und blieb dann bei rund 30. Viele Heiltätige waren Zugezogene aus anderen Kantonen, aus Deutschland oder Österreich. Eine schillernde Figur war auch Dr. James Douglas Watson (1834 – 1912). Er praktizierte zunächst in St.Gallen, wurde 1898 aus dem Kanton ausgewiesen und verlegte seine Praxis nach Teufen. Die Patienten aus nah und fern pilgerten zum alten Herrn im langen Gewand und ceremoniösen schwarzen Zylinderhut, wie ihn der St.Galler Stadtanzeiger beschrieb. Droschken kamen und gingen, und die Strassenbahn dachte wohl bald an die Einlegung besonderer Extrazüge St.Gallen– Wunderdoktorsheim, spottete das Blatt. Vier Tage vor seinem Tod gab er den erstaunten Gemeindevertretern zu Protokoll, dass er eigentlich ein ganz anderer sei: Der Schreinergeselle Niklaus Sohl aus dem Hessischen, verwitwet und kinderlos. Auf seinem Bankkonto hatte er 200’000 Franken – für damalige Verhältnisse ein stattlicher Betrag.
Wie der Wille zur freien Meinung radikalisiert Hanspeter Spörri
Der Autor beschäftigt sich mit vier streitlustigen Köpfen mit politischem Sinn: Mit dem Teufener Arzt und Politiker Matthias Oertli (1777–1837), mit Titus Tobler (1806–1877) und mit Hans Konrad Sonderegger (1891– 1944), der die Lokalzeitung Säntis zum Weltblatt machte. Der Propagandist der Freiwirtschaftslehre polarisierte die Leserschaft. Er wollte 1940 die Unabhängigkeit der Schweiz retten, den Bundesrat auswechseln und selbst einziehen mit Gesinnungsfreunden. Ein Kämpfer der kulturellen Art war Arthur Niggli, Pionier für typographische Gestaltung, zeitgenössische Kunst und Architektur.
Die Vielfalt der Künste und ein vitales Vereinsleben Irene Kost
Turnverein als Lebensschule
Mit 13 Riegen und 700 Mitgliedern gehört der Turnverein Teufen zu den grössten Riegen der Ostschweiz. Wie die Chronik zeigt, musste er aber genauso wie jeder andere Verein Niederlagen einstecken: 1866 zählte der Verein nur 3 aktive Mitglieder, 1942 gab es Unstimmigkeiten in der Rechnungsführung. Einmal beschimpfte ein Turner beim Schauturnen seinen Kameraden und den Vorstand und musste gemassregelt werden, mehrmals wurden Mitglieder übermütig nach reichlichem Alkoholgenuss, und fehlende Disziplin
Vom einstigen Teufener Geist. Erinnerungen und Geschichten. Hanspeter Spörri
Das Chlausen, das heute das ganze Dorf zusammenführt, galt in früheren Zeiten als Unfug, wie die Bekanntmachung vom 30. Dezember 1924 im Säntis zeigt. Gestattet war es von Tagesanbruch bis mittags 12 Uhr, doch vorher wie nachher mit Androhung einer Bestrafung in der ganzen Gemeinde strengstens verboten.
Söldner, höhere Töchter, Zuwanderer und ein Globetrotter Peter Witschi
Präsidentenvisite im Institut Buser
Wir kamen aus der ganzen Welt, viele aus Amerika und aus Holland. Ein Mädchen, eine Farbige, wie man heute sagt, sie war eine kleine Negerin, kraushaarig, eine Puppe: wir im Appenzell bewunderten sie. Ihr Vater hatte sie eines Tages gebracht. Er war der Präsident eines afrikanischen Staates. Fleur Jaeggy.
Die Ortsgeschichte ist für Fr. 30.– erhältlich beim Frontoffice der Gemeinde, in der Bibliothek und im Zeughaus oder kann im Internet bestellt werden: www.teufengeschichte.ch
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