Erich Gmünder
Die Wohngemeinschaft AWG im Unteren Gremm stellt Bilder des 88-jährigen Teufner Künstlers Paul Hüberli aus. Am Freitagabend war Vernissage. Die Laudatio hielt Hanspeter Spörri.
„Ich will Ihnen zuerst sagen, was Paul Hüberli nicht ist: ein Hobbymaler“, begann Hanspeter Spörri seine Laudatio. Für Paul Hüberli sei Malen eine Notwendigkeit und nicht nur ein Zeitvertreib.
Hanspeter Spörri schilderte, wie der Künstler bereits in der Realschule in Herisau durch seinen Zeichnungslehrer die Begeisterung für das Malen entdeckte. Zwar startete er dann eine Laufbahn bei der SBB, die ihn schliesslich als Fahrdienstleiter an den Hauptbahnhof St. Gallen führte, und war 30 Jahre lang zu 50 Prozent auch als Fachlehrer für Bahnbeamte tätig. In seinem Beruf sei es auf Pünktlichkeit und präzises Einhalten von Abläufen angekommen. Aber es habe immer auch einen anderen Paul Hüberli gegeben: einen freien Geist.
Dieser Paul Hüberli besuchte mit seiner Frau Ausstellungen, wusste (und weiss) alles über die Kunstgeschichte und liess sich von Impressionisten und Expressionisten inspirieren. Grosse Vorbilder sind für ihn Expressionisten wie Paul Klee, aber auch Wassily Kandinsky oder Franz Marc – Avantgardisten einer Epoche, die vor mehr als 100 Jahren ihren Höhepunkt erlebte. Die Kunst zog ihn zeitlebens in ihren Bann.
Dem Wirken des Lehrers sei es wohl auch zu verdanken, dass er mit der Zeit Selbstsicherheit und Unbekümmertheit im Umgang mit Zeichenstift, Pinsel und Farbe gewonnen habe – und eine gewisse Frechheit, welche dazugehöre, wenn man ein Künstler sein wolle.
So interpretierte Paul Hüberli den Stil seiner Vorbilder auf seine eigene Weise – auch hier „ein freier Geist“, wie Hanspeter Spörri sagte.
49 Bilder sind im Gemeinschaftsraum und dem kreuzgangförmig angelegten Korridor im Erdgeschoss der Wohngemeinschaft AWG zu sehen. Neben Stilleben sind es vor allem Landschaften aus dem Toggenburg und dem Appenzellerland oder von Ferien im Tessin oder Bündnerland, aber auch Stimmungen, die Paul Hüberli beim Blick aus seinem Haus am Stofelrain einfängt und verewigt: Der Alpstein in allen Variationen.
„Eigene Wirklichkeit“
Jedes Bild ist mit einem intensiven Naturerlebnis verbunden, wie Paul Hüberli erzählt, der auch ein begeisterter Wintersportler ist und mit seiner Frau bis vor kurzem jedes Jahr die Lauberhornabfahrt absolvierte – auf der Rennstrecke notabene. Immer wieder hält er inne, macht vor Ort Skizzen und erweckt die Stimmungen später im Atelier mit intensiven Farben zu neuem Leben. „Keine naturalistischen Abbildungen, sondern Bilder mit dem Anspruch, eine eigene Wirklichkeit zu sein – ein ernsthafter Künstler eben“, wie Hanspeter Spörri an der Vernissage betonte.
Als Vertreter der Genossenschaft AWG eröffnete Vorstandsmitglied Christian Schaeppi die Vernissage, welche vom Herisauer Hackbrettspieler Bruno Kessler musikalisch umrahmt wurde. Willy Ringeisen hatte die Ausstellung zusammen mit Paul Hüberli und dessen Enkeln eingerichtet.
Vernissage und kurzer Rundgang
Fotos: Marlis Schaeppi und Erich Gmünder