Paracelsus und Rau: Wie weiter?

13.05.2019 | Timo Züst
Thomas_Rau (1)
Dr. Thomas Rau wird sein Swiss Biological Medicine Center (SBMC) vom Dorfzentrum in die Lustmühle zügeln. Foto: tiz Timo Züst Anfang April wurde die überraschende Wendung öffentlich: Thomas Rau kehrt zur Paracelsus-Klinik in Niederteufen zurück. Das, nachdem er sie Ende Juni 2018 verlassen hatte, um das Swiss Biological Medicine Center (SBMC) an der Engelgasse zu eröffnen. Das Ziel dieser Ausbildungspraxis: Das 3-Säulen-Prinzip der biologischen Medizin von Thomas Rau weiter zu verbreiten. Aber nun, rund ein halbes Jahr nach dem Start des SMBC, kehrt Rau bereits wieder zur Paracelsus zurück. Herr Dr. Rau, die erste Frage ist simpel: Warum gingen Sie zurück? Bald nach der Eröffnung des SBMC hat sich gezeigt, dass unsere kleine Biologisch-Medizinische Praxis hier Dorf dem Ansturm der Patientinnen und Patienten einfach nicht standhält. Wir wurden überschwemmt, vor allem von ausländischen Patienten mit «schwierigen» und «unklaren» Krankheiten. Die Idee hinter dieser Ausbildungspraxis war es, die Kunst der biologischen Medizin und deren strukturiertes Drei-Säulen-Prinzip, das ich während 27 Jahren in der Paracelsus-Klinik entwickelt habe, intensiv weiter zu geben. Deshalb haben wir auch dieses kleine Gebäude angemietet. Der Platz hat aber nach kürzester Zeit nicht mehr gereicht. Aber ss hat sich auch gezeigt, dass der Entscheid der Paracelsus-Klinikleitung, etwas Neues und Eigenes aufzubauen – und sich von der Academy zu lösen – falsch war. Diesen Ansturm wird auch die Paracelsus-Klinik gespürt haben. Aber im negativen Sinn … Richtig. Das liegt wohl an meiner Bekanntheit. Aber auch an unserer engen und sehr persönlichen Beziehung zu unseren Patienten und dem klaren Konzept. Viele wollten einfach ins SBMC kommen statt in die Paracelsus-Klinik, weil ich hier bin. In der öffentlichen Wahrnehmung wird die strikte, biologische Medizin sehr stark mit meinem Namen verbunden. Ganz konkret: Gingen Sie auf die Paracelsus zu oder wurden Sie angefragt? Die ausländischen Eigentümer, die ja auch die Eigentümer des SBMC sind, haben mich angefragt, die Leitung der Klinik wieder zu übernehmen und das bewährte Konzept wieder zu praktizieren. Sie haben auch ein neues administratives Leitungsteam eingesetzt. Sie sagten, das SBMC wird in die Paracelsus integriert. Das funktioniert ohne den Verlust von Arbeitsplätzen? Ja, es gehen keine verloren, alle meine Mitarbeiterinnen und Kollegen kommen mit. Etwas plakativ gesagt: Eines Tages kommt ein Zügelbus und alles wird in die Klinik runtergefahren (lacht). Nein, im Ernst: Da ich die Klinik so gut kenne, weiss ich, dass die Integration gut funktionieren wird. Wann wird gezügelt? Wir werden am 3. Juni in der Klinik anfangen. Das Gebäude hier an der Engelgasse gehört ja bereits Ihnen. Was soll damit geschehen? Glücklicherweise ist das hier eine vorzügliche Lage. Wir haben vor, das Gebäude wieder zu vermieten. Entweder an ein Gewerbe oder als private Wohnungen. Das wird sich noch zeigen. Anfragen gibt es aber bereits. Die Vermutung liegt auf der Hand, dass die Paracelsus-Klinik die Abwanderung der Patienten zu Ihnen auch auf der finanziellen Seite gespürt hat. In einem Artikel des «Tagblatts» wurden Sie diesbezüglich so zitiert: «Rot ist eine Farbe, die vielen Leuten gefällt.» Können Sie dazu etwas sagen? Dieser Satz wurde mir in den Mund gelegt. Tatsächlich habe ich das so nie gesagt. Der Rückgang des Patientenflusses war aber beträchtlich. Aber nein, zu den Zahlen darf ich zur Zeit nichts Konkretes sagen. Dann ist da noch die Sache mit den personellen Wechseln … Sie müssen verstehen, dass die Eigentümer der Klinik weit entfernt sind. Ich bin nur noch Minderheits-Eigentümer. Die meisten in China. Sie bekommen von dort nicht jede Einzelheit mit. Nach meinem Abgang gab es Änderungen im Konzept und leider keine Kooperation mit der SBMC und meiner Academy, welche eine der wichtigsten Marketing-Stützen für das ganze Unternehmen ist. Man kam weg von der sehr strikten, biologischen Medizin, die davor praktiziert wurde. Das hatte negative Folgen. Deshalb entschieden sich nun die Eigentümer, die Geschäftsleitung zu entlassen. Stützen Sie diesen Entscheid? Ja. Ich bin der Meinung, wir müssen wieder zur alten medizinischen, aber auch betrieblichen Strategie zurückkehren. Wir haben ja bewiesen, dass sie erfolgreich ist. Und wie sieht es mit den Ärzten in der Paracelsus-Klinik aus? Zum Glück haben wir dort sehr gute Ärzte. Einige sind in der Zwischenzeit neu dazugekommen. Wir bauen unser spezifisches Fachwissen immer im Kollegium weiter auf. Nebst dem SBMC gibt es auch noch die SBM Academy. Wie gut kommt sie an? Sehr gut. Die Nachfrage ist sehr gross. Erstaunlicherweise hauptsächlich aus dem Ausland – Übersee zum Beispiel. Mit der Swiss Biological Medicine Academy lehren wir Ärzte und Medizinalpersonen hier bei uns, aber auch in den USA, genauso wie in Fernost und im arabischen Raum. Haben Sie keine Angst vor einem «Braindrain» zu deren Kliniken? Nein. Bis meine Schüler das gelernte integriert haben, sind wir schon wieder einige Schritte weiter (lacht). Nein, wirklich: Ich sehe es als Teil meiner Aufgabe, das Wissen vollumfänglich weiterzugeben. Und wir haben mit den Ärzten, die unsere Medizin anderswo praktizieren, ein sehr freundschaftliches Verhältnis, mehrere sind sogar Partner- oder Franchise-Aerzte geworden. Sie sind auch die besten Zuweiser von Patienten mit «schwierigen Krankheiten» und Krebskrankheiten. Die Akademie hat aber auch einen anderen Zweck: Sie soll bei der schwierigen Rekrutierung guter Ärzte helfen. Sind auch schon Absolventen der Akademie hiergeblieben? Einige schon, ja, aber es dürften noch viel mehr sein. Die Rekrutierung guter Ärzte bleibt eine grosse Herausforderung. Nun zieht also das SBMC in die Lustmühle. Geht in der Paracelsus-Klinik schon bald wieder der Platz aus? Nein. Dank des grossen Neubaus, den wir mithilfe unserer Investoren realisieren konnten, haben wir genug Platz. Nun eine etwas persönlichere Frage: Sie sind 69 Jahre alt. Mit dem SBMC hatten Sie sich eine Art Ruhestands-Stelle geschaffen. Warum steigen Sie jetzt nochmal in die Hosen? Was soll ich denn sonst machen? Die Klinik schliessen lassen? Nein, das ist mein Leben und meine Aufgabe – und nur so sehe ich eine Chance, dass meine Medizin weiterlebt. Naja, Sie könnten sich auf Ibiza oder in Südfrankreich in die Sonne legen … Ach, ich war in meiner Kindheit und während meiner Ausbildung längere Zeit in Spanien und längere Zeit in USA. Ausserdem verbringe ich sowieso rund zwölf Wochen im Jahr im Ausland an Kongressen und in unseren Partner-Kliniken. Noch frecher: Und Sie machen sich keine Sorgen, dass Sie aufgrund des ganzen Drucks irgendwann selbst zum Patienten werden? Ja, ich verstehe schon – das ist natürlich ein Risiko. Und ja, der Druck ist im Moment sehr hoch und die Erwartungen gross. Aber ich bin einerseits selbst mein bester Kunde, nehme unseren Aufbaumittel selbst, ernähre mich gesund trage meiner Gesundheit Sorge. Und andererseits kann ich mich auf meine guten Mitarbeiter verlassen. Ich wünsche Ihnen natürlich, dass Sie noch viele Jahre weiterarbeiten können. Aber: Die Paracelsus-Klinik hat im vergangenen Jahr gespürt, was es bedeutet, keinen «Dr. Rau» mehr zu haben. Längerfristig müssen Sie dieses Problem angehen. Wie wollen Sie sich ersetzen? Auch hier sehe ich einen grossen Vorteil in meiner Rückkehr in die Klinik. So ist ein 1:1-Mentoring der dortigen Ärzte möglich. Zudem können wir über das Ausbildungssystem neue Ärzte gewinnen. Ich bin ja auch sehr glücklich, dass ich letztes Jahr in Wien einen Ausbildungsauftrag erhalten habe und eine Partnerschaft in USA. So wollen wir versuchen, die nächste Generation auszubilden und für die Zukunft fit zu machen. Und haben Sie schon einen konkreten Nachfolger im Auge? Nein, das wird sich noch weisen. Die Klinik werden wir kollegial im Ärztegremium führen und für die Akademie habe ich zwei sehr gute Kollegen, welche intensiv nachkommen werden.

Paracelsus-Klinik

Die Klinik, zusammen mit der SBMC Clinic und Academy, beschäftigt zurzeit rund 70 Mitarbeitende, davon 8 Ärzte und 2 Zahnärzte, und empfängt im Schnitt jeden Tag 120 Patientinnen und Patienten, davon rund 80 Prozent aus der Schweiz. Rund die Hälfte des Umsatzes wird aber durch die ausländischen Patienten generiert, die aus mittlerweile 82 Ländern kommen und im Durchschnitt rund zwei Wochen bleiben. Oft seien auch ihre Angehörigen dabei, weshalb die Paracelsus Klinik mit jährlich rund 11’000 Übernachtungen – rund die Hälfte davon im betriebseigenen Hotel Säntis – auch ein volkswirtschaftlicher Faktor für Gemeinde und Region ist.

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