Diakon Stefan Staub von der Katholischen Pfarrei Teufen Bühler Stein stellt sich unseren „dummen Fragen“ über Ostern. Foto: tiz
Timo ZüstWieso heisst es «Gründonnerstag»? Warum gibt es am Karfreitag kein Rindsteak? Und was ist eigentlich der «heilige Geist»? Die TP haben Diakon Stefan Staub einige dumme, naive und freche Fragen zu Ostern gestellt. Wie er darauf reagiert? Lesen Sie selbst.Gestern Abend hatte ich das dringende Bedürfnis mir die Füsse zu waschen. Woran könnte das liegen?
Das liegt wohl daran, dass Sie geistig schon voll und ganz in der Karwoche angekommen sind. Denn der gestrige Tag, der «Gründonnerstag», erinnert nicht bloss an das berühmte letzte Abendmahl. Sondern auch an eine wichtige Handlung von Jesus Christus.
Und die hat etwas mit Füssen zu tun?
Genau (lacht). In der Zeit von Jesus Christus war das Füssewaschen bzw. das Fussbad ein häufiges Ritual. Es diente dazu, den Staub und Dreck der Strasse abzuwaschen – und der Erfrischung. Allerdings wurde diese Handlung damals stark mit Dienen identifiziert. Denn diese Arbeit war eigentlich ein Sklavendienst. Jesus verstiess vor dem Abendmahl gegen diese Ordnung.
Inwiefern?
Er bestand im Lokal, in dessen Stübli das letzte Abendmahl abgehalten wurde, darauf, dass er diese Arbeit selbst erledigt. So wusch er allen zwölf Jüngern die Füsse. Insbesondere der Ausspruch Petrus: «Du musst sicher niemandem die Füsse waschen!» ist vielen bekannt. Jesus wollte damit zeigen, dass wir uns gegenseitig dienen sollten.
«Du musst sicher niemandem die Füsse waschen!»
Ach so. Und warum heisst der Tag dann der «Gründonnerstag»? Mit dem Abendmahl hat das ja wohl nicht allzu viel zu tun…
Das stimmt. Der Name ist heute leicht irreführend. Ursprünglich stammt er von der liturgischen Farbe für den Frühling: Grün. Heute werden diese Farben nicht mehr so intensiv gelebt wie früher. Aber der Name blieb bestehen.
Danke für die Aufklärung. Zurück ins Jetzt: Was für ein Wetter an diesem Freitag! Heute wäre doch der perfekte Tag für ein Steak vom Grill. Haben Sie auch Lust?
Lust hätte ich schon (lacht). Und ich wünsche Ihnen auch von Herzen guten Appetit. Ich verzichte heute und auch morgen bis nach dem Osterfest allerdings auf edles Essen. Und dazu gehört für mich heutzutage auch Fisch. Es wird wohl eine Rösti in der Jägerei geben.
«Früher galt der Fisch nicht als edle Speise.»
Hä? Ich dachte immer, Fisch sei erlaubt. Liege ich da auch falsch?
Erlaubt ist sowieso alles! Aber ja, früher galt der Fisch nicht als edle Speise. Er war der günstige Fleischersatz, der meist nicht frisch war und teilweise übel roch.
Sie verzichten also freiwillig auf gutes, edles Essen. Warum tun Sie sich das an?
Der Karfreitag markiert den Tod von Jesus Christus. Es ist sein Leidenstag. Für uns ist es eine Zeit der Besinnung. Eine Zeit, um über all den Tod, das Leid und den Hunger in der Welt nachzudenken. Denn das ist nicht bloss eine ferne Erinnerung. Meine Zeit in Nordirak hat mir gezeigt, wie aktuell diese Themen nach wie vor sind.
Die Karfreitagsliturgie findet um 15 Uhr statt. Das ist aber auch eine seltsame Zeit für einen Gottesdienst, nicht?
Überhaupt nicht. Wir sind topaktuell (lacht). Dabei handelt es sich laut der Bibel nämlich um den Todeszeitpunkt von Jesus Christus. Er wurde gekreuzigt. Solche Kreuzigungen waren damals kleine Volksfeste. Bereits am Morgen begann er sein Kreuz zu schleppen – am Nachmittag verstarb er dann schliesslich.
«Sie schrien ‚ans Kreuz mit ihm!’»
Langsam verstehe ich das: der Karfreitag ist der Leidenstag Jesus Christus. Deshalb auch der Name. Der leitet sich ja vom althochdeutschen Begriff «kara» ab, was Klage, Elend und Trauer bedeutet. Aber bereits übermorgen wird ja wieder gefeiert: den Ostersonntag. So kurz nach dem Tod des Erlösers. Ist das nicht etwas pietätlos…?
Überhaupt nicht! Es wäre tragisch, wenn wir das nicht feiern würden. Dabei geht es nämlich nicht um seinen Tod, sondern um seine Wiederauferstehung. Dass die Trauer und die Feier so nah beieinander liegen, zeigt für mich auch schön die klaren Widersprüche, die in der Karwoche so deutlich werden. Jene Leute, die Jesus beim Einzug in Jerusalem am Palmsonntag zugejubelt haben, schrien am Freitag «ans Kreuz mit ihm». Und jene, die am Freitag um ihn trauerten, feiern ihn am Sonntag bereits wieder.
Okay, Auferstehung, das macht Sinn. Aber wann genau ist Jesus denn nun wiederauferstanden: am Sonntag oder am Montag?
Laut Bibel muss er in der Nacht von Samstag auf Sonntag wiederauferstanden sein. Denn am Sonntagmorgen wurden die beiden Wächter seines Grabes schlafend und sein Grab leer aufgefunden. Deshalb beginnen dir kirchlichen Osterfeiern auch bereits am Samstagabend.
Darf ich dann ab Samstag also schon wieder Fleisch essen?
Wie gesagt: Sie dürfen essen, was Sie mögen (lacht). Ich für meinen Teil esse Samstag spätabends traditionell ein Osterlamm. Davor, am Tag, verzichte ich aber nach wie vor.
«Das ist sozusagen der Esprit, die Lebensfreude.»
Und wieso heisst es eigentlich «Ostermontag» und nicht sowas wie «Auferstehungssonntag»?
Dafür gibt es eine ganze pragmatische Erklärung: Die Sonne, Ursprung des Lebens, geht im Osten auf. Und Ostern ist das Fest des Lebens.
Dann gibt es auch noch die «Christi Himmelfahrt» am 30. Mai. Jetzt bin ich langsam etwas verwirrt. Fährt er denn jetzt nun zum Himmel oder nicht?
Dieser Tag bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem Jesus Christus dann tatsächlich zum Himmel auffuhr. Dabei ist die Formulierung in der Bibel übrigens sehr schön: Er wurde mit Haut und Haar aufgenommen. Mit anderen Worten: Der Himmel nimmt uns, wie wir sind.
Und es geht Schlag auf Schlag weiter: am 9. Juni ist bereits Pfingsten (bzw. Pfingstmontag am 10. Juni). Worum geht es denn da?
In der Liturgie ist überliefert, dass viele Gläubige nichts von der Auferstehung Jesus Christus mitbekommen hatte. Sie schlossen sich daheim ein. Sie hatten die Hoffnung verloren. Dann allerdings, rund 50 Tage nach dem Karfreitag, fassten sie wieder Hoffnung. Jesus hatte ihnen den «heiligen Geist» geschickt. Das wird an Pfingsten gefeiert.
Alles klar, der «heilige Geist» also. Ich nehme an, Sie können mir erklären, was genau das ist…?
«Das ist sozusagen der Esprit, die Lebensfreude. Das Feuer, das jemanden ergreift, wenn er einer Leidenschaft nachgeht.
Das Zusammensein mit lieben Menschen, Freunden und Familie.»
Kurz darauf folgt dann noch ein Tag im christlichen Kalender mit einem besonders schauerlichen Namen: Fronleichnam. Das wirft schon Fragen auf …
Ich verstehe, wegen des «Leichnams»? (lacht) Keine Sorge, dieses Wort umschreibt nicht wirklich eine Leiche. Eher das Gegenteil. Es stammt aus dem Altdeutschen und setzt sich aus den Begriffen Fron und Leichnam zusammen. Ersteres bedeutet soviel wie lebendig. Und letzteres steht nicht für Leichnam im Sinne eines toten Menschen, sondern bloss für Leib. Es ist also eher die Feier der Lebendigkeit.
Zum Abschluss noch eine «anständige» Frage: Welcher Feiertag ist Ihnen persönlich am wichtigsten und wie feiern Sie ihn?
Für mich ist das schon die Zeit zwischen Gründonnerstag und Ostermontag. Das ist für mich wegen der vielen liturgischen Feiern zwar eine sehr intensive Phase, trotzdem versuche ich mir immer Fenster für Nachdenklichkeit und Besinnung zu schaffen. Aber, und das ist mir besonders wichtig, auch für das Zusammensein mit lieben Menschen, Freunden und Familie.