Noch ist kein Kreisch-Wetter

07.02.2019 | Timo Züst
Tango
Eine Messstelle befindet sich in der Nähe der Kurve vor dem Spar. Foto: tiz Timo Züst Ende November liess die Gemeinde verlauten, dass sie Lärmmessungen zum Kurvenkreischen der Tango-Züge durchführt. Mittlerweile wurde eine erste Messung gemacht – von Akustikingenieur Otto Mattle. Die TP hat nachgefragt. Was genau ist Ihr Job in Teufen?  Gute Frage. Grundsätzlich geht es darum herauszufinden, wie gross der effektive Belästigungsgrad durch dieses Kreischen ist. Lärm ist aber immer eine Empfindung, eine subjektive Wahrnehmung. Aber es gibt auch einige objektive Werte wie die Dezibel. Sie müssen sich ja auf den objektiven Wert fokussieren, oder? Ja, aber ich nehme nicht nur einen einzelnen Wert. Nebst den Dezibel (A) werden beispielsweise auch die Tonfrequenzen aufgezeichnet. Dabei wird die ganze Palette von ganz tief (12 Hertz) bis ganz hoch (20’000 Hertz) gemessen. Da sind also auch Töne dabei, die das menschliche Ohr gar nicht mehr wahrnimmt. Sie haben einiges an Erfahrung mit dem Thema Lärm. Gibt es eine Frequenz, die der Mensch als besonders störend empfindet? Von störend würde ich nicht sprechen. Aber das menschliche Ohr nimmt nicht jede Frequenz gleich intensiv wahr. Oder anders gesagt: Es gibt Tonhöhen, die unser Ohr mehr anstrengen. Ein gutes Beispiel ist ein frisiertes Moped, das durch das Dorf fährt. Dessen lautes Motorgeräusch empfinden Sie wahrscheinlich als störender als der tiefe Basston einer Harley. Und das, obwohl der Harley- Motor einen höheren Dezibel-Wert aufweist. Und dann kommt noch die emotionale Komponente dazu. Das heisst? Bei mir ist die Motorsäge ein gutes Beispiel. Mein erstes Studium habe ich mir weitgehend mit Holzen finanziert. Wenn ich heute eine Motorsäge höre – auch wenn sie direkt neben mir stünde – ist das immer gut. Obwohl sie sehr laut ist. Das leiseste Geräusch eines weit entfernten Laubbläsers hingegen finde ich völlig daneben. Obwohl es objektiv gesehen viel weniger störend sein sollte. So etwas kennt wohl jeder. Also keine einfache Aufgabe. Aber zurück zu unseren Tangos. Ich nehme an, es gibt ein offizielles Dokument, das einen Maximalwert für die Lärmbelastung des Zuges festlegt?  Ja, es gibt die eidgenössische Lärmschutzverordnung. Fährt der Zug auf einem separaten Gleis, geht das unter Bahnlärm. Fährt er auf der Strasse unter Strassenlärm. Würde der Grenzwert überschritten, müsste gehandelt werden. Bei den Messungen in Teufen geht es aber weniger darum, sondern um die Frage: Wie hoch ist der Belastungsgrad? Das will die Gemeinde einfach mal ermitteln. Noch eine Zwischenfrage: In Teufen ist ja eine Doppelspur auf der Strasse geplant. Dann ginge der Lärm des Zuges also unter Strassenlärm. Dürfte er dann lauter sein? Das kann man so nicht sagen. Es geht dabei nicht um die erlaubten Dezibel, sondern um die angewandten Berechnungsmodelle. Beim Strassenlärm werden alle Lärmquellen addiert, beim Bahnlärm wird dieser einzeln betrachtet.
So sieht es aus, wenn Otto Mattle eine Messung vornimmt. Foto: zVg. Und wie genau gehen Sie in Teufen vor? Ich messe an drei Stellen. An zwei ganz exponierten Punkten, nahe am Gleis, und an einem etwas weiter entfernten Punkt. Für die Messung begebe ich mich in ein Gebäude und bringe mein Mikrophon in der Mitte eines offenen Fensters an. Die ganze Übung mache ich zweimal. Einmal bei «Kreisch-Wetter», sprich bei trockenen Verhältnissen, und einmal bei ruhigeren Bedingungen. Haben Sie schon Daten? Ja, die erste, ruhige Messung habe ich bereits durchgeführt. Damals hatten die AB die Gleise gerade frisch geschmiert, deshalb hat es nicht gekreischt. Mit der zweiten Messung muss ich nun aber warten, bis der Schnee weg ist. Danach wird noch analysiert und gerechnet. Ein Teil Ihres Jobs ist es auch, Massnahmen zur Lärmdämmung zu empfehlen. Ich nehme an, bei einem Zug ist das nicht sehr einfach… Das ist kompliziert. Aber bei der AB arbeiten ja diverse Fachleute an diesem Problem. Was ich sagen kann: Manchmal helfen die von mir ermittelten Werte auch bei der Behebung eines Lärmproblems. Denn aufgrund der Frequenz des Tons lassen sich manchmal Rückschlüsse auf dessen Ursprung ziehen.

Zur Person

Otto Mattle ist Akustikingenieur (dipl. Ing. ETH/ SIA, NDS Umwelttechnik, CAS Akustik) und Inhaber der PML Ingenieurbüro AG in Rebstein. Er führt unterschiedlichste Arten von Lärmmessungen durch. In der Lautstärke-Skala reichen sie vom Rauschen einer Lüftung oder den Geräuschen einer Luft-Wasserpumpe bis hin zu Industrieoder Schiesslärm. Er beschäftigt sich auch mit Strassenlärm. Dort sind aber weniger Messungen, sondern komplexe Berechnungsmodelle entscheidend.

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