Nacht der Kirchen: Was bleibt?

06.11.2017 | TPoscht online
nacht der kirchen aline auer (27)
Professor Martin Sallmann, Kantonsbibliothekarin Heidi Eisenhut und Pfarrerin Andrea Anker. Foto: Aline Auer

Aline Auer

Es bleiben stimmungsvolle Fotos, Erinnerungen an tolle musikalische Leistungen von Vokalisten und Instrumentalisten, solche an kulturelle und kulinarische Genüsse, an persönlichen Begegnungen – und an ein zu Gedanken anregendes Podiumsgespräch.

Am Gespräch zum Thema „500 Jahre Reformation – was gibt es da zu feiern?“ unter der Moderation der Pfarrerin Andrea Anker gingen Heidi Eisenhut, Kantonsbibliothekarin, und Martin Sallmann, Professor für Kirchengeschichte in Bern, zu Beginn der eingangs erwähnten Fragestellung nach. Dabei steht eigentlich für beide Referenten nicht das Feiern an sich im Vordergrund, sondern die Analyse, was durch die Reformation vor 500 Jahren ins Rollen gekommen ist.

Eine Befreiung

Einhellig sind sich die Referenten darin einig, dass die Reformation die emanzipatorische Seite des Individuums gestärkt hat. Der Mensch als Individuum ist gefordert worden, nicht ausschliesslich obrigkeitlichem Denken zu folgen, sondern sich auf die Schrift, also die Bibel abzustützen.

Aus theologischer Sicht hat die Reformation die Freiheit im Denken gefördert. Nur, war es damals eine als vertikal zu bezeichnende Freiheit, nämlich die Befreiung aus obrigkeitlichem Denken, ist dieses Denken heute zu einer allumfassenden Freiheit geworden. Und ob eine solche Freiheit nicht auch zu Orientierungslosigkeit führt, ist zwar angesprochen, aber wohl zu Recht unbeantwortet geblieben.

Milder Verlauf im Appenzellerland

Einig waren sich die Referenten auch darin, dass die Reformation im Appenzellerland ‚milder’ verlaufen ist als in städtischen Gebieten, wo sowohl die weltliche als auch die kirchliche Obrigkeit präsenter war als auf dem Lande. Es galt deshalb im 16. Jh. in Städten wie Basel und Zürich, den eigentlichen Ausgangspunkten der Reformation in der Deutschschweiz, sich stärker gegen die Kirche zur Wehr zu setzen.

Eine Scheidung auf Zeit?

Ausgehend von den Gedanken ‚Reformation in Stadt und Land’ wagten die Referenten sogar einen kurzen Exkurs auf das politische Parkett, nämlich auf die im Jahr 1597 erfolgte Landteilung zwischen den beiden Appenzell. Diese ist erstaunlicherweise unblutig erfolgt und die Gräben schienen nicht so tief zu sein, hat man doch den Gedanken an eine Wiedervereinigung bereits im Trennungsvertrag vom 7. September 1597 erwähnt: Eine Art Scheidung, welche die Wiederverheiratung bereits im Scheidungsvertrag erwähnt!

Was bleibt?

Abschliessend befassten sich die Referenten mit den Fragestellungen, was von den reformatorischen Anliegen umgesetzt worden ist und was die im Appenzellerland zu Ende gehenden Jubiläumsveranstaltungen letztlich bewirkt haben. Und bei der Beantwortung dieser Fragen zeigten sich Unterschiede, die dem beruflichen Hintergrund der Referenten zuzuschreiben sein dürften.

Während Heidi Eisenhut als Historikerin auf die starken politischen und gesellschaftlichen Veränderungen hinwies, welche die Reformation im 15. und 16. Jh. nach sich gezogen hat, bedauert sie, dass die jetzigen Feierlichkeiten kaum über die Kirche selbst hinausgekommen sind.

Noch ernüchterter zeigte sich der Theologe Martin Sallmann, der die Reformationsfeierlichkeiten in Deutschland als gesamtgesellschaftlich wahrgenommen spürt, nicht so aber in der Schweiz, wo er eine zu grosse Ansammlung von Einzelveranstaltungen feststellt. Ihre Fülle hat es seiner Ansicht nach verunmöglicht, an eigenen Traditionen zu arbeiten und eigene Wurzeln zu erkennen. Auch die Lektüre der Schrift, das ‚sola scriptura,, das die Reformation mitprägte, ist für ihn, selbst in Fachkreisen, zu kurz gekommen. Ein nachdenklich stimmendes Schlusswort!

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