Mit Vollgas

03.07.2022 | Sepp Zurmühle
seifenkisten (36)

Sepp Zurmühle

Es ist Samstagmorgen, 2 Juli. Das erste Seifenkisten-Rennen in Teufen startet frühmorgens. Die kühnen Fahrerinnen und Fahrer absolvieren drei Durchgänge. Die zwei schnellsten werden gewertet. Herrliches Wetter, tolle Stimmung. Drei Mädchen und fünf Jungen aus Teufen fahren um den Sieg in der Kategorie Regional. Doch wir lernen heute, Seifenrennen sind mehr als nur Rennen.

Die Rangliste

Rangliste der Fahrer/innen aus Teufen in der Kat. Regional

Rang 1: Dörig Cédric Start-Nr. 5 2:08.67*

Rang 2: Untersander Micha Start-Nr. 74 2:10.72*

Rang 3: Tanner Zion Start-Nr. 6 2:14.32*

Rang 5: Bodenmann Miro Start-Nr. 37 2:23.82

Rang 6: Untersander Nora Start-Nr. 3 2:29.05* (**) Smuckle George Start-Nr. 40 2:35.61*

Rang 9: Walliser Amélie Start-Nr. 73 3:06.76*

Rang 11: Walliser Alina Start-Nr. 2 3:26.45*

(* Summe aus den zwei schnellsten Läufen)

(** wurde irrtümlich in der Kategorie Fun aufgeführt)

Um 7.30 Uhr wird das Fahrerlager geöffnet. Die Strecke muss noch eingerichtet und gesichert werden. Bald kann man die Startnummern abholen. 30 Franken Einschreibgebühr und man ist dabei. Es wird in verschiedenen Kategorien gestartet. Bei den Lizenzierten darf ab 7 Jahren gestartet werden. Das Maximalalter beträgt 16 Jahre. Innerhalb dieser Kategorie werden die ersten «Rookies» genannt. Je nach Veranstalter werden weitere Kategorien gebildet und zugelassen. In Teufen sind es die Kategorien «Regional» und „Fun“. In dieser Spass-Kategorie dürfen auch Erwachsene mitfahren oder ganz junge Kinder. Bei denen fährt zur Sicherheit jeweils ein Bremser, der hinter dem Fahrer Platz nimmt, mit.

Lange Vorbereitungszeit

«Ursprünglich war es eine ‘Furzidee’, die im Jugendtreff entstand», erklärt Thomas Ortlieb, Leiter der Kinder und Jugendarbeit Teufen (KJAT). «Das war lange vor Corona und wir haben denn auch bereits 2019 mit der Planung begonnen», ergänzt Severin Meli aus dem KJAT-Team, der die Federführung des Projektes übernahm. «Dann kam die lange Corona-Pause und wir sind nun sehr glücklich, dass es dieses Jahr klappt. Es war ein anspruchsvolles und sehr aufwendiges Projekt für uns. Aber es hat sich gelohnt, wenn man den heutigen Tag miterleben darf». Dieser Meinung ist auch Klassenlehrer Tibor Németh, der seine Schülerinnen und Schüler der 1. Sekundarklasse 1a dazu motivieren konnte, selber zwei Seifenkisten zu bauen.

Marke Eigenbau

«Meine Schülerinnen und Schüler haben zwei Bausätze für Seifenkisten im Internet bestellt und wir haben einige Stunden Unterricht für deren Zusammenbau investiert», erklärt Klassenlehrer Tibor Németh. Es ging um Teamwork, Konstruktion anhand von Fotos, Probleme, die auftauchen selber lösen, dranbleiben, gemeinsam ein renntaugliches Fahrzeug auf Zeit fertigstellen … Je eine Hälfte der Stammklasse arbeitete an einer Seifenkiste. Als Lehrperson hielt ich mich im Hintergrund. Die Jugendlichen mussten die Herausforderungen, mit den zur Verfügung gestellten Werkzeugen, selber meistern.»

Die beiden Fahrer Cédric Dörig (5) und Zion Tanner (6) haben sich freiwillig gemeldet und gehen heute voller Elan an den Start.

«Ich habe vor 14 Tagen zufällig in der Landi Teufen auf einem Plakat gelesen, dass auf der Bächlisstrasse ein Seifenkisten-Derby stattfinden wird und wir wohnen ja im Bächli», erzählt der Vater von Alina und Amélie Walliser. Kurzerhand hätten sie danach in der Familie beschlossen, selber eine Seifenkiste zu bauen. «Es wurde zum Familienprojekt», erklärt Frau Walliser. Und wie es funktioniert hat. Und das in dieser kurzen Zeit. Entstanden ist ein einzigartiges und wunderschönes Fahrzeug aus Holz, Metall und farbigem Plexiglas. Pro Fahrzeug dürfen zwei Fahrer/innen starten. So startete Alina mit der Startnummer 2 und Amélie mit der 73. Zur Freude und grossen Überraschung der ganzen Familie gewannen sie am Schluss gar den Tagespreis «schönstes Fahrzeug» mit ihrem Ocean Drive.

Seifenkiste gratis nutzen

«Wir wohnen an der Bächlistrasse und wurden vom KJAT (eigentlich wegen der Verkehrssituation) informiert, dass ein Seifenkistenrennen stattfinden werde», erzählt der Vater von Nora und Micha Untersander. «Dann haben wir uns im Internet auf der Seite www.seifenkisten.ch näher erkundigt und herausgefunden, dass man auch Fahrzeuge mieten, bzw. diese gratis nutzen darf, wenn man die Einschreibegebühr bezahlt. Nora (3) und Micha (74) haben die Chance gepackt und sind heute am Start. Es ist ein tolles Familien-Erlebnis und das vor der eigenen Haustüre, also mit Heimvorteil», schmunzelt er kurz vor dem Start zum ersten Lauf.

Ebenfalls in einem geliehenen Fahrzeug, die liebevoll «Schnupperkisten» genannt werden, starten heute aus Teufen, Miro Bodenmann (37) und George Smuckle, der von der Ukraine nach Teufen kam.

Die IG Seifenkisten setzt die Regeln

Die Interessengemeinschaft Seifenkisten Derby Schweiz veranstaltet seit 1970 Seifenkistenrennen in der Deutschschweiz und im Tessin. Mehr dazu erfahren Sie auf www.seifenkisten.ch. «2022 finden 18 solche offiziellen Rennen, im sog. Schweizer Cup, statt. Vor zwei Wochen waren wir im Riethüsli in St. Gallen, letztes Wochenende in St. Moritz, heute zum allerersten Mal in Teufen und nächste Woche geht es nach Forch, Zürich. Danach machen wir Sommerpause», meint ein begeisterter Vater, dessen Familie seit bald 20 Jahren mit dabei ist. Seine eigenen Kinder sind, bis auf eines, älter als 16 Jahre alt. Doch sie kümmern sich heute um die Zeitmessung, die Start- und Ranglisten usw. «Sie kennen den Rennzirkus von der Pike auf und machen immer noch mit Begeisterung mit. Die ganze Familie ist engagiert und wir haben so viele Orte in der Schweiz kennengelernt und viele Freunde gewonnen mit unserem gemeinsamen Hobby».

Teufens Jugend voll engagiert

Gestartet wir einzeln, nacheinander. Entscheidend sind die Fahrzeiten. Die von der IG Seifenkisten ausgeführte Zeitmessung ist professionell und wird direkt auf den Laptop übertragen. Dank dieser Übersicht kann der Speaker, über die auf der ganzen Rennstrecke verteilten Lautsprecher, unmittelbar nach der Zieldurchfahrt, die aktuelle Laufzeit und andere wichtige Hinweise bekanntgeben.

Tages-Speaker ist der 17-jährige Teufner Cyrill Zeller. Er hat sich freiwillig gemeldet und macht seinen Job heute hervorragend und im schönsten Appenzeller Dialekt.

Die Jugendlichen aus dem Jugendtreff sind beim Auf- und Abbau der Strecke, als Starthilfen, beim Transport der Seifenkisten und als Streckenposten engagiert. Sie wurden von einem Verantwortlichen der IG instruiert, auf was alles sie achten müssen. Sie füllen nämlich die Streckenprotokolle aus. Pro Leitkegel (Töggel) der verschoben wird, gibt es 0,5 Sekunden Zeitzuschlag. Harte 10 Sekunden Strafen werden aufgebrummt, wenn eine Strohballe verschoben oder wenn am Tor vorbeigefahren wird.

Auch die Fahrer/innen werden klar instruiert. Alle müssen einen integralen Helm, lange Hosen und langärmlige T-Shirts oder Pullover tragen. Sonst werden sie am Start nicht zugelassen. «Das sind alles Vorsichtsmassnahmen. Unfälle kommen bei uns sehr selten vor. Wir bauen auch genügend Schikanen ein, um die Tempi zu verlangsamen. Es ist wie beim Skifahren. Wir machen keine Abfahrt, sondern eher einen Riesenslalom», erklärt ein Verantwortlicher.

Viele Sieger/Innen

Auch ein Rahmenprogramm durfte nicht fehlen. Die Hüpfburg begeisterte den ganzen Tag. Ein Schiessstand war auf dem Platz. Das Team Kinderkrippe Chäferfäscht aus Teufen zöpfelte Haare und natürlich gab es Speis und Trank. Mehr als 30 kg Pommes fanden Absatz heute. Es war ein typischer Familienanlass für Jung und Alt.

Bei den Siegerehrungen am Schluss gab es viele Pokale und andere Preise zu gewinnen. Bei den Regionalen gewannen die Teufner alle drei Podestplätze. Und auch beiden allerjüngsten Fahrer kamen zu Ehren. Alle durften nach vorne, gratulierten einander, hielten die Arme in die Höhe… In der Kategorie Fun gewannen einige Väter oder Veteranen oder ganz Junge…  Bei den Lizenzierten, welche im Schweizer Cup mitfahren, standen zuerst die jungen Rookies im Mittelpunkt… Bei den «Profis» ab 11 Jahren, gewann die Start-Nr. 120, Merlin Wymann aus Schwendibach im Berner Oberland, einer Hochburg des Seifenkisten-Rennports. Und natürlich die Familie Walliser aus Teufen, welche für die «schönste Seifenkiste» prämiert wurde.

Vielleicht wieder in Teufen?

«Es war ein toller Anlass». Darin waren sich alle einig, die gefragt wurden. Sogar Fredy Lienhard, der in Niederteufen wohnt, machte einen Besuch heute. Seit vielen Jahren ist er Hauptsponsor der IG Seifenkisten auf nationaler Ebene. Er selber lernte seine ersten Lektionen als Rennfahrer in einer Seifenkiste und kennt die Begeisterung, die dieser Sport oder dieses Hobby auslösen kann. «Seifenkistenfahrer/innen lernen später auch das Autofahren schneller und besser». Davon sind sich mehrere Familien einig.

Wie wir mehrfach gehört haben, kann es für junge Familien zum gemeinsamen Familienprojekt werden. Vielleicht finden sich in Teufen genügend Begeisterte oder noch zu Begeisternde, um diesen Anlass auch in der Zukunft im Bächli durchzuführen? Die topographischen und übrigen Rahmenbedingungen sind auf jeden Fall ideal und junge Familien hat es auch viele… Auch Sponsoren, wie dieses Jahr, liessen sich sicher auch finden. Wer weiss, vielleicht schliessen sich der Jugendtreff, die Schulen und ein paar Mütter und Väter zu einem OK zusammen? Für unsere Kinder und Jugendlichen und fürs ganze Dorf wäre es auf jeden Fall eine Bereicherung.

Der Aufbau


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