Mit spitzen Ohren

04.06.2025 | Timo Züst

Über 50 Jahre ist es her, dass der Luchs in der Schweiz wieder angesiedelt wurde. In den 1970er-Jahren wurden 16 Tiere aus den Karpaten in den Alpen und 10 im Jura freigelassen. Daraus erwuchs in den vergangenen Jahrzehnten ein Schweizer Luchsbestand von 250 Tieren. Eine erfreuliche Entwicklung. Es gibt aber auch schlechte Nachrichten: Die genetische Vielfalt der Luchse leidet unter der Isolation der Populationen – eine in den Alpen und eine im Jura. Diese Herausforderung ist eines der Themen des «Internationalen Tag des Luchses» vom 11. Juni. Der WWF veranstaltet aus diesem Anlass einen Familientag in Mosnang und ein «Online-Webinar» mit Ursula Sterrer, Wildtierbiologin der Stiftung KORA (siehe Kasten unten). Die TP wollte aber jetzt schon etwas mehr über den Luchs wissen – und hat mit dem Ausserrhoder Wildhüter Silvan Eugster telefoniert.

Herr Eugster, in der Schweiz leben rund 250 Luchse. Sind einige davon auch unsere «Nachbarn»?

Ja. Die geeigneten Luchs-Lebensräume in Appenzell Ausserrhoden sind besiedelt. Stand heute leben bei uns drei bis fünf erwachsene Tiere. Das bedeutet: Ihr Streifgebiet überschneidet sich mit Ausserrhoden. Sie kennen ja bekanntlich keine Kantonsgrenzen und legen sehr grosse Strecken zurück – besonders die Kuder, also die Männchen.

Von was für Strecken reden wir da?

Das Streifgebiet eines besenderten Luchskuders erstreckte sich von Stein bis Alt St. Johann über Wildhaus bis hin zum Hohen Kasten. Die durchschnittliche Reviergrössen in der Schweiz liegen bei weiblichen Tieren bei rund 90 Quadratkilomietern und bei männlichen Tieren bei etwa 150 Quadratkilometern.

Was ist mit Nachwuchs? Gibt es bei uns auch Baby-Luchse?

Auch das gibt es, ja. Da bei uns auch weibliche Luchse heimisch sind, kommt hier auch immer wieder Nachwuchs zur Welt. Das geschieht jeweils im Frühling. Im ersten Jahr bleiben die Kleinen an der Seite der Mutter – dann werden sie allmählich selbständig.

Und dann suchen sie sich auch eigene Gebiete. Wäre das bei uns noch möglich oder ist Ausserrhoden bezüglich Luchse «gesättigt»?

Bei den optimalen Lebensräumen wurde sicher eine Sättigung erreicht. Im nördlichen und flacheren Kantonsteil haben sich bisher noch keine Luchse «fest niedergelassen». Grundsätzlich wäre es möglich, dass das in den kommenden Jahren passiert. Aber dass das trotz Nachwuchs bis heute nicht der Fall ist, zeigt sicher, dass dieser Lebensraum für den Luchs eher suboptimal ist.

Anders als beim Wolf scheint der Luchs zu weniger Diskussionen zu führen. Inwiefern beschäftigt er sie als Wildhüter?

Die emotionale Situation ist beim Luchs sicher deutlich einfacher. Er ist akzeptiert und verursacht grundsätzlich wenig Probleme. Er reisst auch kaum Nutztiere. Trotzdem betreiben wir als Wildhüter – wie bei jedem Grossraubtier – ein aktives Monitoring. Wenn wir also einen Luchsriss feststellen oder uns eine Sichtung gemeldet wird, stellen wir Fotofallen auf. Dank der einzigartigen Fellzeichnung der Luchs – sie ist fast so etwas wie ein Fingerabdruck – können wir die Tiere anhand eines guten Fotos zweifelsfrei identifizieren. So können wir abschätzen, wie viele Luchse durch das Gebiet streifen.

Wann hat so eine Falle das letzte Luchs-Foto geschossen?

Das war im Mai auf dem Gemeindegebiet von Wald. Rund einen Monat davor hatten wir einen Rehriss auf Urnäscher Gebiet.

In die Fotofalle getappt: ein Schnappschuss von einem Luchs in Ausserrhoden – aufgenommen am 21. April.

Sie sagten es bereits: Der Luchs reisst anders als der Wolf sehr selten Nutztiere. Warum eigentlich?

Das weiss ich nicht. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass der Luchs ein Lauerjäger ist. Der Wolf verfolgt seine Beutetiere aktiv und über längere Zeit. Vielleicht ist es auch einfach eine Präferenz. Allerdings gibt es immer wieder einzelne Luchse, die sich auf die Jagd von Nutztieren spezialisieren. Das ist aber selten.

Also eigentlich ist der Luchs für Sie ziemlich praktisch: eine kleine Hilfe beim Regulieren des Wildbestandes.

Das kann man so sagen, ja.

Wenn ich nun gerne mal einen Luchs zu Gesicht bekommen würde: Was wäre Ihr Tipp?

Sich möglichst viel draussen aufhalten – im Idealfall im alpinen Gebiet. Einen konkreten «Luchs-Ort» oder eine perfekte «Luchs-Zeit» kann ich Ihnen leider auch nicht empfehlen. Solche Sichtungen sind meist purer Zufall. Der Luchs ist zwar nicht übermässig scheu und hält sich auch gerne mal in der Nähe von Wanderwegen oder Strassen auf. Er ist aber so gut getarnt und still, dass man ihn nur sehr selten registriert.

Und falls man einen sieht: Sind Sie froh um eine Meldung?

Auf jeden Fall. Wir sind immer dankbar für Sichtungsmeldungen. Vor allem, wenn dabei noch ein Foto des Tieres geschossen werden konnte. Das kann uns beim Identifizieren helfen.

WWF-Anlässe zum Tag des Luchses am 11. Juni

Scheu, lautlos und kaum je zu sehen: Der Luchs gehört zu den faszinierendsten Wildtieren der Schweiz. Am 11. Juni, dem internationalen Tag des Luchs, können Gross und Klein dieses geheimnisvolle Raubtier näher kennenlernen – bei einer spannenden Exkursion in Mosnang/SG oder abends beim Online-Webinar.

In Mosnang findet am Nachmittag eine spannende Exkursion statt: Gemeinsam mit einem Wildhüter machen sich Familien auf die Suche nach Spuren unserer einheimischen Wildtiere. Wer genau hinschaut, entdeckt viel – von Fährten über Losung bis zu Lebensräumen und Geschichten aus erster Hand. Die Exkursion richtet sich an Familien mit Kindern ab 6 Jahren und bietet eine einmalige Gelegenheit, Naturwissen mit Abenteuer zu verbinden

Mittwoch, 11. Juni 2025, 14. bis 17 Uhr, Mosnang SG

Für Familien mit Kindern ab 6 Jahren geeignet / Anmeldung erforderlich

Weitere Infos und Anmeldung: wwfost.ch/events

Webinar mit Wildtierbiologin Ursula Sterrer, KORA

Am Abend geht es digital weiter: In einem kostenlosen Online-Webinar gibt Ursula Sterrer, Wildtierbiologin der Stiftung KORA einen vertieften Einblick in das Leben des Luchses in der Schweiz. Die Frage: Was braucht der Luchs, um langfristig in der Schweiz zu überleben? steht im Zentrum des Vortrages.

Mittwoch, 11. Juni 2025, 19.30 bis 20.30 Uhr / Online–Teilnahme bequem von zu Hause

Weitere Infos und Anmeldung: wwfost.ch/events

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