


















Die Lesegesellschaft Teufen rief zur «NeujahrsTat» am Sonntag 12. Januar in den Lindensaal. Ab 18 Uhr ist die Bar geöffnet. Rasch füllt sich der Lindensaal. Es werden weitere Stühle hereingeholt. Auf der Bühne steht ein eindrücklicher schwarzer Flügel und eine Auslegeordnung an Notenbüchern auf dem Bühnenboden.
Der Präsident der Lesegesellschaft, Daniel Ehrenzeller, begrüsst den jungen Sänger und die Pianistin mit kurzen Worten und schon beginnen die beiden auf völlig unkonventionelle Art auf der Bühne zu wirken. Manuel Walser – in Jeans gekleidet – erklärt: «Eigentlich wissen wir noch gar nicht genau, welche Musikstücke wird vortragen werden. Und das ist im Fall kein Witz. Hier am Boden liegen ein paar Noten …» Und Claire Pasquier fragt spontan ins Publikum: «Hat jemand einen Wunsch, oder eine Idee, ein Stichwort?»
So locker, unkompliziert und interaktiv hat sich diesen Abend wohl niemand vorgestellt. Es ist ein einmaliges Erlebnis, wie diese mächtige und ebenso sanfte Baritonstimme, im Einklang mit der virtuos gespielten Musik auf dem Flügel, jede einzelne Zelle durchdringt und man gleichzeitig die ausdruckstarke Mimik und Gestik beider Künstler beobachten kann.
Jemand ruft Brahms, eine andere Person Verdi, Papageno von Mozart, Strauss. Letztlich spielen die beiden Musiker fast ausschliesslich Komponisten und Stücke, die spontan aus dem Publikum gewünscht werden. Innert Sekunden wird auf dem Tablet das entsprechende Musikstück abgerufen und beide beginnen. So wie wir einen Text lesen, so spielen und singen sie Noten und Liedertexte ab dem Tablet. Manuel Walser singt stehend und oft auch sitzend, wenn er auf dem gleichen Tablet wie die Pianistin abliest.
«Der Lindenbaum von Schubert», wird gerufen. «Oh ja, das passt doch sehr gut zum Lindensaal hier…». Und schon singt der Bariton in leisen, klaren Klängen «Am Brunnen vor dem Thore, da steht ein Lindenbaum: Ich träum’t in seinem Schatten, so machen süssen Traum.»
Jemand aus dem Publikum hat zufällig Papiernoten eines, den Künstlern unbekannten Werkes bei sich, weil sie zuvor Chorprobe hatten. Macht nichts, man versucht es und singt und spielt ebenso spontan ab Blatt. Einfach beeindruckend, überwältigen, ein Genuss für Geist und Seele.
Nach mehr als 90 Minuten singen und spielen Manuel Walser und Claire Pasquier zwei Zugaben. Dieser aussergewöhnliche Abend, diese wunderbare «NeujahrsTat», ist ein nährendes Geschenk für alle die dabei sein konnten.
Über Musik ist schwierig zu schreiben, man kann sie eigentlich nur selber erleben und spüren. Mit einer Fotoreportage versuchen wir ein paar Emotionen des heutigen Abends visuell zu teilen.
Nähere Details zu den beiden Künstlern sind via nachfolgende Links zu erfahren:
Manuel Walser: https://www.manuel-walser.com/
Claire Pasquier: https://www.opus278.ch/claire-pasquier
Neues Jahr, neue Glücksmomente
Monica Dörig
Die britische Pianistin Claire Pasquier übernimmt 2025 die Programmierung der Montagskonzerte im Kultur- und Konzeptraum «ink» in Appenzell. Sie lebt in St. Gallen, realisiert verschiedene eigene musikalische Projekte und wirkt unter anderem mit im Sinfonieorchester St. Gallen, bei den Wiener Symphonikern, der Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz und im Musik Kollegium Wintherthur. Sie liebt Überraschungen und so sollen die monatlichen Musikabende, die sie immer mit einem Gast bestreiten wird, jedes Mal überraschend sein.

Auf dem Boden neben dem Flügel lagen am Abend des Dreikönigtages Notenhefte verstreut. Man hätte mit ihnen Hunderte Stunden mit Musik füllen können. Das Publikum war eingeladen, etwas auszuwählen. Als erste Überraschung brachte Claire Pasquier, die mit ansteckender Spielfreude zwischen Jazz und Klassik pendelt, den jungen Bariton Manuel Walser aus Teufen mit. Die beiden stiegen mit einem Jazz-Song ein, danach begaben sie sich leichtfüssig in die Welt der Opern. Mit ihrer spontanen Art wurde das «Wunschkonzert» zum unterhaltsamen Abend mit tiefgründigen Musikmomenten. Arien, Schumann-Lieder und sakrale Gesangsstücke von Rossini und Bach sang Manuel Walser mit berückender Intensität und schillernder Modulation. Der Sänger, der in den bedeutendsten Opernhäuser der Welt auftritt, machte seine ersten Schritte im ernsten Fach als Schüler der Kanti Trogen. Seine Vorträge am vergangenen Montag bildeten allerlei Gefühlszustände ab: Sie waren todernst, dramatisch, humorvoll, liebestrunken und ergreifend; die Diskussionen mit der Pianistin und die Anekdoten zu den Komponisten waren erheiternd.
Die beiden sind ein eingespieltes Team, das sich fast schlafwandlerisch versteht. Sie schufen einen hemmschwellenfreien Zugang zur klassischen Gesangsliteratur, zu Werken von Mozart, Donizetti, Schubert. Das perlende, virtuose Klavierspiel und die leuchtende Stimme Manuel Walsers verschafften den Zuhörenden Glücksmomente. Sie waren begeistert und forderten mehr davon. Nach einer blutrünstigen Episode musste unbedingt ein weiterer «Happy-Song» für den Heimweg her: Manuel Walser sang ihn als Papageno aus der Mozart-Oper «Die Zauberflöte» mit seiner betörenden, vollen Stimme und mit vereinnahmender Ausdruckskraft. Weitere Glücksmomente mit dem Duo sind am 3. Februar und bis im September geplant. Musikalische Überraschungen im «ink» sind garantiert.