Manuel Dietrich, Präsident des Kantonalen Schafzüchter-Verbandes, macht eine kurze Begrüssung und gibt wenige, klare Anweisungen für den Ablauf der Schafschau. Alle Anwesenden scheinen so oder so einem «Art Ritual» zu folgen, das sie in- und auswendig kennen. Alles läuft ruhig und geordnet ab. Die Anwesenden sind aufmerksam und konzentriert bei der Sache, meist ohne grosse Worte.
Aus Teufen zeigen folgende Züchter Tiere: Monika und Werner Giger, Julian Hasler, Peter Löhrer, Lukas Raschle, Roland Schiess, Christoph Stadelmann und Werner Weiler. Im Ganzen sind Züchter aus vier kantonalen Zuchtgenossenschaften anwesend.
47 Böcke verschiedener Rassen werden heute punktiert. Mehrere Punkterichter schauen die Tiere, Rasse für Rasse und nach Altersstufen, genau an und notieren die Ergebnisse. Diese werden danach im Laptop erfasst.
Bei den weiblichen Tieren, den Auen, ist das Prozedere ein anderes. Sie wurden während dem Jahr bereits an Schauen oder auf dem Hof punktiert. Heute geht es nur noch um die Rangierungen in den einzelnen Altersgruppen der verschiedenen Rassen. Die ersten drei erhalten jeweils Preise, bzw. deren Züchter. Die älteste, immer noch sehr schöne Aue wird später gar mit lautem Applaus bejubelt.
Hauptrassen im Kanton sind: das Weisse Alpenschaf (WAS), das Schwarzbraune Bergschaf (SBS) und das Braunköpfige Fleischschaf (BFS). Heute sind auch einige Charolais-Schafe und drei Walliser Schwarznasenschafe, mit ihren spiralförmig gedrehten Hörnern, anwesend.
Gegen Mittag finden die Rangierungen statt, zuerst die der Auen und dann sind die Böcke dran. Die Punkterichter besprechen sich jeweils kurz, bevor jemand die Entscheidung präsentiert und begründet. Man hört Ausdrücke wie: «Sie (oder er) hat einen sauberen Kopf, eine gerade obere Linie, ist gut verbunden, hat ein starkes Becken, ist stark im Leib, gut im Fleisch, ist lang (oder kurz) im Wuchs, hat ein gutes Fundament, starke Füsse, welche das Tier den ganzen Tag tragen…» oder eben das jeweilige Gegenteil… Manchmal fallen auch Hinweise wie: «hier müsste man einen Bock mit starken Füssen einsetzen…».
Sie sprechen von «Drei- oder Sechs-Sterne-Auen». Diese haben sechs Lämmer in drei Jahren, respektive 12 Lämmer in sechs Jahren auf die Welt gebracht und gelten damit als sehr fruchtbar. Die Zeit dazwischen wird zum Fachsimpeln untereinander genutzt. Schliesslich dient eine solche Schau dazu, die eigenen Tiere mit denen von anderen Züchtern zu vergleichen und in der eigenen Zucht Fortschritte zu machen.
Besucherinnen und Besucher aus nichtbäuerlichen Kreisen gibt es nur vereinzelt. Eine Bewohnerin vom nahegelegenen Altersheim Lindenhügel lässt es sich heute nicht nehmen, mit ihrem Rollator ganz nahe an die Schafe heranzufahren, einzelne Schafe zu kraulen und mit ihnen ein wenig zu plaudern. Sie habe früher auch Schafe gehabt, meint sie mit einem breiten Strahlen über ihr ganzes Gesicht, bevor sie ihren Rückweg zum Lindenhügel «unter die Räder» nimmt.
Wäre es für Eltern und Grosseltern und ihre Kinder und Enkel nicht eine einfache und erst noch kostenlose Gelegenheit im eigenen Dorf, mit einheimischen, nicht allzu grossen Tieren in Kontakt zu kommen? Staunen, ob der unglaublichen Vielfalt innerhalb einer einzigen Tierart ist garantiert.
