Kunst und Kanonen

08.06.2022 | Timo Züst

Die Jubiläumsausstellung blickt auf zehn Jahre Zeughaus Teufen zurück – und präsentiert Neues. Foto: zVg.

Das Zeughaus hatte zum Zeitpunkt seiner Erbauung im Jahr 1855 einen entscheidenden Beinamen: «Artillerie». Es war ein Kanonen-Lager. Heute ist das Militär hier nur noch als Gast anzutreffen. Seit 10 Jahren ist das Zeughaus Treffpunkt, Kulturhaus und Museum. Ganz reibungslos ging diese Verwandlung aber nicht vonstatten.

Blütenlese zum Jubiläum

Am 12. Juni (Vernissage: 14 Uhr) feiert das Zeughaus Teufen mit der Vernissage zur Jubiläumsausstellung «Florilegium» sein zehnjähriges Bestehen.  Ein Florilegium ist eine Art der Blütenlese, die den Anspruch hat, den aktuellen Wissensstand wiederzugeben. Damit werden die letzten zehn Jahre des damals neu erwachten Zeughaus Teufen abgebildet. In dieser Zeit wurden, ausgehend vom Werk der ehrwürdigen Baumeisterfamilie Grubenmann, mehr als 60 Ausstellungen und Projekte entwickelt. Dabei hat sich einiges angestaut und angelagert, das nun gezeigt wird. Zudem entsteht Neues, wir widmen uns sinnigerweise dem Thema des Wucherns, verdichten, verwandeln Teile der  umfangreichen Grubenmannforschung und zeigen  komprimierte Stücke aus der Kunstsammlung des  Kantons Appenzell Ausserrhoden. Die Jubiläumsausstellung kann bis zum 11. September besucht werden.

Es war eine beeindruckende Leistung von Architekt Felix Wilhelm Kubly und Baumeister Jakob Schefer. Sie waren für die Planung und den Bau des Artillerie-Zeughauses zwischen 1853 und 1855 verantwortlich. Ihre grösste Herausforderung: genug Platz für die Kanonen. Dafür musste der Raum im Erdgeschoss nicht nur hoch, sondern auch möglichst frei von Säulen sein. Nur so liessen sich die schwer manövrierbaren Kanonen richtig platzieren. Die Lösung: Ein im Dachstock verankertes Hängetragwerk. Dieser grosszügige Raum wird von den Nutzern des Zeughauses heute noch genau so geschätzt wie vor fast 170 Jahren. Nur lagern hier heute keine Waffen mehr – stattdessen spielt das Leben: Konzerte, Lesungen, Maskenbälle, Viehschauen, Info-Anlässe, GVs oder Blumenverkäufe. Auch die anderen drei Stockwerke haben nichts mehr mit ihrer ursprünglichen Nutzung gemein. Den definitiven Startschuss für diese Verwandlung legte die Teufner Bevölkerung am 29. November 2009. Damals stimmte sie dem Baukredit über 6,88 Mio. Franken für die Umnutzung zu. Damit gelang die Metamorphose des Artillerie- ins Kultur- Zeughaus schliesslich im zweiten Anlauf.

Das «Nein» von 1998

Die erst wenige Monate alte «Tüfner Poscht» (kurz nach der Gründung noch mit einem «ü») wusste es schon im April 1996. Der Titel des Frontartikels klingt vielversprechend: «Ja zur ‘Sammlung T’ in Teufen». Anlass dafür war der Entscheid, dass diese international bekannte Kunstsammlung des einheimischen Tierarztes Dr. Bachmann mit diversen kostbaren Werken nun definitiv in Teufen statt St. Gallen ausgestellt werden soll. Und zwar im Zeughaus. Die Vision: Hier soll ein Kunsthaus mit der «Sammlung T» sowie Werken aus den Sammlungen der Grubenmanns und Hans Zeller entstehen. Aber in jenem Artikel wird auch vor allzu grosser Euphorie gewarnt: «Die Verwirklichung eines Kunstmuseums in Teufen bedeutet zwar eine grosse Chance zu einem ‘Weltdorf der Kunst’ (Zitat aus dem «Tagblatt») zu werden. Mindestens ebenso gross ist die Aufgabe, den gestellten Anforderungen gerecht zu werden.» Dass Euphorie tatsächlich falsch am Platz gewesen wäre, zeigte sich zwei Jahre später. Am 15. März 1998 stimmte Teufen zwar dem Landabtausch zwischen Kanton und Gemeinde zu – damit ging das Zeughaus in den Besitz der Gemeinde über. Gleichzeitig sagte die Stimmbevölkerung aber auch sehr deutlich «Nein» zum Kunsthaus-Projekt. Diese April-Ausgabe der «Tüfner Poscht» trug nun den deutlich zögerlicheren Titel: «Kunst als Chance?»

Ein neues Projekt

Eines war bei der Übernahme durch die Gemeinde bereits klar: Das Zeughaus soll keine reine Lagerfläche mehr sein. Aber die emotionale Debatte, die der Ablehnung des Kunsthauses vorangegangen war und das anschliessend klare «Nein» warfen Fragen auf: Will Teufen Kunst und Kultur? Und falls ja: In welcher Form? Braucht es einen Kompromiss? Die Politik versuchte sich schliesslich an letzterem. Nach einer vierjährigen Verschnaufpause verabschiedete der Gemeinderat im Jahr 2002 ein Grobkonzept für die Zukunft des Zeughauses. Es bildete die Grundlage für die heutige vielfältige Misch- Nutzung. Auch hier galt aber: «Was lange währt …» Es vergingen noch einmal fünf Jahre, bis eine Projektgruppe für die definitive Konzeptionierung ins Leben gerufen wurde. Im November 2009 folgte dann schliesslich das langersehnte «Ja». Der Spatenstich für den Umbau im Umfang von fast 7 Mio. Franken erfolgte ziemlich genau ein Jahr darauf – am 8. November 2010. Mit dem Eröffnungswochenende vom 9. und 10. Juni 2012 nahm das Zeughaus Teufen seine neue Identität an: Aus dem ehemaligen Artillerie- Lagerhaus ist ein Kulturhaus und ein gesellschaftlicher Treffpunkt mit regionaler Ausstrahlung geworden. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sich Geschichte nicht immer wiederholen muss. tiz

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