Kaum Honig von hier

30.10.2019 | Timo Züst
Miriam_Rutz
Die Bienen-Völker von Miriam Rutz sind seit Ende September «winterfertig». Bis zum Frühling bleiben sie nun mehrheitlich im Bienenstock. Foto: tiz Timo Züst Diese Woche machte der schweizweit rekordtiefe Honigertrag Schlagzeilen. Auch in Teufen gibt es Imker. Eine davon ist Miriam Rutz. Die TP hat sie gefragt: Warum gab es diesen Sommer so wenig Honig? Und worin liegt eigentlich die Faszination des Imkerns? «Schweizer Honig-Ernte fällt auf Rekordtief», «Honigernte 2019 so schlecht wie noch nie» oder «In der Ostschweiz wird der Blütenhonig knapp». Wer heute auf Google die Suchbegriffe «Honig» und «Schweiz» eintippt, stösst auf viele solcher Headlines. Einige dieser Artikel verweisen auf eine Grafik der Schweizerischen Bienen-Zeitung. Herausgegeben wird sie vom Imkerverband der deutschen und rätoromanischen Schweiz. Darauf eingezeichnet: der durchschnittliche Honigertrag pro Volk. Nur sechs Kantone sind hellgelb eingefärbt: Obwalden, Zürich, Basel-Landschaft, Liechtenstein, Zug und Appenzell Ausserrhoden. Hier war der Ertrag schweizweit am geringsten, nämlich nur 5 bis 10 Kilogramm pro Volk. Das Schlusslicht der Liste ist Ausserrhoden mit 5,8 Kilogramm. Am meisten Honig wurde mit 25,5 Kilogramm im Tessin geerntet. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es in Ausserrhoden noch über 18 und im Tessin über 40 Kilogramm. Warum dieser massive Rückgang? «Schuld ist das Wetter», sagt die Teufnerin Miriam Rutz. Sie imkert seit vier Jahren und hatte heuer kaum genug Honig für Familie und Bekannte. «Meine erste Honigernte 2017 war mit 64 Kilogramm mein bisheriger Rekord. 2018 waren es dann noch 30 Kilo und dieses Jahr nur acht.» Kalter Frühling Bienen produzieren Honig als Nahrungsreserve. Ein Imker kann also nur dann Honig ernten, wenn das Bienenvolk gut genährt ist. Dieses Jahr war das in Ausserrhoden selten der Fall. «Alle Imker hier hatten ein schlechtes Jahr. Nur bei den Wander-Imkern, die nach Graubünden gingen, sah es besser aus», so Rutz. Verantwortlich dafür war der kalte und nasse Frühling. Denn Bienen fliegen erst ab einer konstanten Temperatur von rund zwölf Grad. Die Ernte des Frühlings-Honigs fiel deshalb komplett «ins Wasser». Aber auch im Juni ging es den Völkern von Miriam Rutz noch nicht viel besser. «Ich musste sogar zufüttern.» Entscheidet sich ein Imker, sein Volk mit Extra-Futter bzw. Zuckerwasser zu unterstützen, ist das auch ein Entscheid gegen den Honig. Denn vor dem Zufüttern muss der Honigraum abgenommen werden, und nach dem Absetzen des Extra-Futters darf mindestens zwei Wochen lang nicht wieder Aufgesetzt werden. Das bedeutet: kein Honig.  «In dem Moment war das sekundär. Die Gesundheit des Volks stand an erster Stelle», so Rutz. Unter dem Strich gab es zwar heuer nur wenig Honig zu ernten. Die zwölf Völker – vier davon sind «Honig-Lieferanten» – von Miriam Rutz sind aber gesund in die Winterpause gestartet. Bienenhaus zum Leben erweckt «Bienen faszinieren mich», erzählt Miriam Rutz. Ihr Ziel war es schon immer, im Garten des eigenen Hauses Bienen zu halten. Nachdem es mit dem Hauskauf schliesslich geklappt hatte, erhielt dieser Plan aber erst einmal einen Dämpfer. «Wir fanden heraus, dass unser Sohn auf Wespen und Bienen allergisch ist.» Im eigenen Garten Biene zu halten, kam also nicht in Frage. Während des Imker-Kurses in den Jahren 2015 und 2016 erhielt Miriam Rutz dann aber einen «heissen Tipp» von Teufner-Imker-Kollegen. Es ging um ein Bienenhaus im Garten von Hanspeter Spörri. Es stand damals schon in paar Jahre leer. «Ich dachte ehrlich gesagt, das sei schon zu heruntergekommen», erzählt Spörri. Miriam Rutz liess sich vom mitgenommenen Erscheinungsbild des Bienenhauses aber nicht abschrecken. Und brachte es in Eigenregie wieder in Schuss. «Ich selbst habe zu viel Respekt vor Bienen. Aber ich bin sehr froh, dass das Bienenhaus wieder in Betrieb ist», sagt Spörri. Und ausserdem, fügt er schmunzelnd an, seien die Völker von Miriam Rutz deutlich zahmer als die ihres Vorgängers. In dieses Häuschen brachte die Neu-Imkerin also im Jahr 2016 ihr erstes Volk. Mittlerweile hat sie auch eine Zucht-Ausbildung absolviert, ist «Mutter» von zwölf Völkern und Siegel-Imkerin. «Ich mache alles selbst. Von der Pflege und Zucht der Völker bis hin zur Ernte und zum Schleudern bzw. Abpacken des Honigs.» Trotz Allergie Als Imkerin ist man sich Bienenstiche gewohnt. Mit vier bis fünf pro Jahr muss man am Anfang rechnen. Das war auch bei Miriam Rutz der Fall. Bis vor Kurzem tat sie die Stiche noch verhältnismässig leichtfertig ab. Heute geht das nicht mehr. «Mein Honig ist jetzt wirklich Gold wert», sagt sie lachend. Der Grund: Als sie im vergangenen Jahr beim Imkern wieder einmal gestochen wurde, erlitt sie einen anaphylaktischen Schock. Für sie überraschend, für die Ärzte nicht. «Sie sagten mir, dass das bei einigen Neu-Imkern passiere. Der Körper entwickelt wegen der vielen über längere Zeit verteilten Stiche eine Allergie.» Die Ärzte rieten ihr, sich mindestens sechs Wochen von Bienen fern zu halten. «Ich sagte ihnen gleich, dass das nicht geht. Am nächsten Tag hatte ich schliesslich die Abschlussprüfung der Zucht-Ausbildung.» Und das Imkern komplett aufzugeben, kam für sie sowieso nicht in Frage. Stattdessen lässt sie sich heute regelmässig immunisieren, trägt stets einen Epi-Pen mit sich und geht dem Risiko eines Stichs möglichst aus dem Weg. «Ich trage jetzt immer Schutzkleidung. ‘Mal eben schnell ohne’, gibt es halt einfach nicht mehr.» Aber warum eigentlich Imkern? «Der Honig ist nicht mein Hauptziel. Auch wenn das natürlich immer eine sehr schöne Belohnung ist – ich liebe Honig. Nein, ich will der Natur auch einmal etwas zurückgeben. Gleichzeitig ist es immer sehr spannend, etwas Neues zu lernen.»

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