Immer wieder Doppelspur

29.09.2021 | Timo Züst
Korridorstudie_AB_MK_Doppelspur (1)
Ein Zug der Appenzeller Bahnen passiert die Schaulustigen der Teufner Viehschau vom 23. September. Fotos: tiz

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) präsentiert heute die Ergebnisse ihrer Korridorstudie. Dafür wurde das AB-Netz zwischen Trogen – St. Gallen – Gais – Appenzell analysiert. Ziel ist ein auf das nationale Bahnnetz abgestimmter Fahrplan und eine passende, zukunftsgerichtete Infrastruktur. Die verbindliche Studie kommt zum Schluss: In Teufen braucht es eine Doppelspur.

In aller Kürze



  • Die Korridorstudie orientiert sich in erster Linie am nationalen Netz bzw. an möglichst guten Anschlüssen in St. Gallen. Dabei spielt der nächste grosse Ausbauschritt per 2035 («AK2035») eine entscheidende Rolle. Die Untersuchung soll aufzeigen, welche «nachhaltigen und aufwärtskompatiblen» Infrastrukturausbauten dafür nötig sind.

  • Von den 26 geprüften Varianten (18 davon betreffen Teufen / 13 gehen von einem Tunnel aus) überzeugte nur diejenige mit einer Doppelspur vom Bahnhof Teufen bis Stofel. Die Studie kommt zum Schluss: Eine Tunnelvariante hat zu viele Nachteile (fehlende Kreuzungsstellen / wegfallende Haltestellen / massiv höhere Kosten).

  • Die Ergebnisse der BAV-Studie sind verbindlich. Die Bestvariante muss weiterverfolgt bzw. umgesetzt werden. Sowohl Kanton (Auftragsbesteller) als auch Appenzeller Bahnen unterstützen dieses Vorgehen vollumfänglich. Der Gemeinderat Teufen wird sich mit der Studie in einer ausserordentlichen Sitzung im Oktober beschäftigen. Ein Statement folgt.

  • Die Appenzeller Bahnen haben das Projekt Doppelspur auf Stufe Baueingabe nach wie vor «in der Schublade». Auf Grundlage dieser Korridorstudie wollen sie das Plangenehmigungsverfahren (Auflage / Baubewilligung) im Frühjahr 2022 starten.

  • Die IG Tüüfner Engpass will die Korridoruntersuchung eingehend studieren. Derzeit hat sie zwei Initiativen «in der Pipeline»: Bei der einen steht ein Bundesgerichtsentscheid, bei der anderen die materielle Prüfung durch den Gemeinderat aus. Wie die IG weiter vorgeht, hängt von der Studie ab. Falls diese den IG-Vorstand überzeugt, ist ein Rückzug der Initiativen denkbar.


Dieses Mal ist sie persönlich vor Ort: Anna Barbara Remund. Die Vizedirektorin des Bundesamtes für Verkehr (BAV) und Chefin der Abteilung Infrastruktur ist extra aus Bern angereist. Sie sitzt neben Landammann Dölf Biasotto, AB-Direktor Thomas Baumgartner und Studien-Autor Christian Omlin (sma und Partner AG) am Rednertisch im Lindensaal Teufen. Als sie sich das letzte Mal vor den Medien zum Netz der Appenzeller Bahnen (AB) und dem «Nadelöhr» in Teufen äusserte, war sie per Video-Chat zugeschaltet. Damals, am 18. Dezember 2020, wurde sie angekündigt: die Korridorstudie des BAV zur AB Strecke Trogen – St. Gallen – Gais – Appenzell. Mit grossen Versprechungen: Die Untersuchung zeige auf, wie die Anschlüsse ans nationale Bahnnetz in St. Gallen möglichst gut eingehalten werden. Und welche Infrastrukturbauten dafür nötig sind. Aus Teufner Sicht besonders spannend: Es werde endlich verbindlich geklärt, ob es hier eine Doppelspur braucht oder ob eine Tunnelvariante nicht doch Sinn macht. Heute hatte das Warten nun ein Ende.

Das BAV stellte den Studienautoren von der sma und Partner AG drei Hauptfragen

Erstens: Welche Angebote sind mit der vorhandenen Infrastruktur und einer Teufner Doppelspur möglich?

Zweitens: Welche Angebote sind mit der vorhandenen Infrastruktur und einem (einspurigen) Tunnel in Teufen möglich?

Drittens: Welche Infrastrukturergänzungen bräuchte es mit einem Tunnel, um die Anschlüsse in St. Gallen zu ermöglichen?

«Für die Beantwortung haben wir 26 Varianten geprüft. Die Resultate sind also breit abgestützt», sagt Mitautor Christian Omlin. Von diesen 26 Ansätzen betreffen 18 die Ortsdurchfahrt Teufen. 5 gehen von einer «Tramdoppelspur», 13 von einem Tunnel aus – die restlichen 8 beschäftigen sich mit der Linie St. Gallen – Trogen. Alle Varianten mussten für eine weitere Prüfung sechs Grundvoraussetzungen standhalten: Betrieb als Durchmesserlinie (Trogen bis Appenzell); Ausreichende Frequenz (Halbstundentakt S-Bahn / Viertelstundentakt Trogen – Teufen); Optimale Anschlüsse in St. Gallen; Gleiche Voraussetzungen für alle Reisenden (Richtung Trogen und Appenzell); Betrieb mit 11 Fahrzeugen (Stand heute); Appenzell bis St. Gallen in 30 Minuten.

«Nur sieben der 26 Ideen hielten einer ersten groben Prüfung stand. Am Ende kristallisierte sich eine eindeutige Bestvariante heraus», sagt Christian Omlin. Diese sieht eine neue Kreuzungsstelle im «Eggli», eine neue Linienführung beim Güterbahnhof inkl. neuer Haltestelle, eine Doppelspurverlängerung bei der Notkersegg, diverse «Gefällbeschleunigungen» – und eine Tramdoppelspur in Teufen von Bahnhof bis Stofel vor. «Die Tunnelvarianten brachten alle zu viele Nachteile mit sich», so Omlin. Dabei spielen verschiedene Bewertungspunkte eine Rolle:

Kosten


Zwar sind die Kostenschätzungen dieser Studie sehr grob (+ / – 40 %). Trotzdem ist klar: Eine Tunnelvariante würde viel mehr kosten als eine Doppelspur-Lösung. Das liegt nicht nur am teuren Tunnelbau selbst, sondern auch an den flankierenden Massnahmen, die ein Tunnel nötig macht. So bräuchte es laut der Korridorstudie bei einem Kurztunnel (Bahnhof bis Stofel) eine nachfolgende Doppelspur zwischen Stofel und Sternen, um die Fahrplanstabilität zu gewährleisten.

Angebots-Abbau


Bei jeder Tunnelvariante müssten mehrere Haltestellen aufgelöst werden – nicht nur beim Langtunnel (Stofel). Das liegt daran, dass die Fahrzeit durch den Tunnel nicht verkürzt, sondern verlängert würde. Der Grund sind Wartezeiten bei den Kreuzungsstellen. Sowohl BAV-Vizedirektorin Anna Barbara Remund als auch Landammann Dölf Biasotto sprachen sich dezidiert gegen diesen Abbau aus: «Wir wollen die Leute in den ÖV bringen, nicht umgekehrt.»

Fahrplanstabilität


Die Kreuzungsmöglichkeit im Dorfzentrum Teufen ist ein entscheidendes Puzzleteil im Fahrplan der AB. Hier können die Züge kreuzen ohne (allzu lange) aufeinander warten zu müssen. Fällt diese Option weg, wird das Erreichen der Anschlüsse in St. Gallen zu einer viel grösseren Herausforderung. Für AB-Direktor Thomas Baumgartner wäre ein Tunnel in Teufen ausserdem eine ständige Hypothek: «Ein Stück Infrastruktur zu bauen, das 90 Jahre hält und uns so unflexibel macht, wäre eine riesige Belastung.»

Ökologie


«Ein Tunnel bringt uns keinen Mehrwert – dafür mehr Bautätigkeit, mehr Emissionen, mehr Kosten. Das macht ökonomisch keinen Sinn. Ökologisch aber schon gar nicht», sagt Landammann Dölf Biasotto.

Bauliche Herausforderungen


Der Bau eines Tunnels – egal welche Variante – hätte massive bauliche Eingriffe zur Folge. Laut den Studienautoren müssten bei beiden Tunnelportalen mehrere Häuser abgerochen werden. Dazu kämen die oben erwähnten flankierenden Massnahmen.

Wie weiter?

«Die Idee der Korridorstudie war es, Klarheit zu schaffen», sagt Anna Barbara Remund. Das sei gelungen. Die Untersuchung mache deutlich, dass es in Teufen eine Doppelspur brauche und zeige auf, welche Anpassungen im AB-Netz weiter nötig sind – insbesondere im Hinblick auf den Ausbauschritt 2035. AB und Kanton zeigten sich erfreut ob des eindeutigen Befunds. «Wir sind erleichtert, dass sich mit dem BAV jemand Neutrales von übergeordneter Stelle dem Problem angenommen hat. Und wir sind froh, dass die Studie die Vorteile der Doppelspur bestätigt», sagt AB-Direktor Thomas Baumgartner. Landammann Dölf Biasotto fügt an: «Wir haben als Kanton in keiner Weise in diese Untersuchung eingegriffen. Wir wollten ein völlig objektives Resultat. Klar ist aber, dass wir als Auftragsbesteller und Mit-Kostenträger nur die Variante unterstützen, die konzeptionell, ökologisch und finanziell am meisten Sinn macht – also die Doppelspur.»

Die AB wollen im kommenden Frühjahr das Plangenehmigungsverfahren für das «pfannenfertige» Doppelspur-Projekt starten. Laut dem BAV bilden die hängigen Initiativen der IG Tüüfner Engpass (1. Initiative beim Bundesgericht / 2. Initiative beim Gemeinderat) diesbezüglich keine juristischen Hürden. Ob die IG gegen die Pläne der AB allenfalls politisch weiter vorgehen will, hängt vom Inhalt der Studie ab. Vorstandsmitglied Köbi Brunnschweiler sagt an der Medienkonferenz: «Wir haben hier heute eine Zusammenfassung der Ergebnisse gehört. Wir werden das 130-seitige Dokument nun erst einmal in Ruhe studieren und dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen. Ausgeschlossen ist nichts – auch nicht, dass wir die Ergebnisse akzeptieren.  tiz

In aller Kürze



  • Die Korridorstudie orientiert sich in erster Linie am nationalen Netz bzw. an möglichst guten Anschlüssen in St. Gallen. Dabei spielt der nächste grosse Ausbauschritt per 2035 («AK2035») eine entscheidende Rolle. Die Untersuchung soll aufzeigen, welche «nachhaltigen und aufwärtskompatiblen» Infrastrukturausbauten dafür nötig sind.

  • Von den 26 geprüften Varianten (18 davon betreffen Teufen / 13 gehen von einem Tunnel aus) überzeugte nur diejenige mit einer Doppelspur vom Bahnhof Teufen bis Stofel. Die Studie kommt zum Schluss: Eine Tunnelvariante hat zu viele Nachteile (fehlende Kreuzungsstellen / wegfallende Haltestellen / massiv höhere Kosten).

  • Die Ergebnisse der BAV-Studie sind verbindlich. Die Bestvariante muss weiterverfolgt bzw. umgesetzt werden. Sowohl Kanton (Auftragsbesteller) als auch Appenzeller Bahnen unterstützen dieses Vorgehen vollumfänglich. Der Gemeinderat Teufen wird sich mit der Studie in einer ausserordentlichen Sitzung im Oktober beschäftigen. Ein Statement folgt.

  • Die Appenzeller Bahnen haben das Projekt Doppelspur auf Stufe Baueingabe nach wie vor «in der Schublade». Auf Grundlage dieser Korridorstudie wollen sie das Plangenehmigungsverfahren (Auflage / Baubewilligung) im Frühjahr 2022 starten.

  • Die IG Tüüfner Engpass will die Korridoruntersuchung eingehend studieren. Derzeit hat sie zwei Initiativen «in der Pipeline»: Bei der einen steht ein Bundesgerichtsentscheid, bei der anderen die materielle Prüfung durch den Gemeinderat aus. Wie die IG weiter vorgeht, hängt von der Studie ab. Falls diese den IG-Vorstand überzeugt, ist ein Rückzug der Initiativen denkbar.

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