Bildbericht: Timo Züst
Am 4. November startet das Zeughaus in eine bewegte Winter-Saison. Dann wird die Skulptur «Der Grosse Schlitz» von Jürg Altherr eingeweiht. Gleichzeitig finden die Vernissagen für das neue Format «Stirnwand» und die Klanginstallation des Teufners Stefan Baumann statt. Wieso ein Wald klingt, verrät er im Interview.
Klangwald – ein Wald aus Klängen. Wie kamen Sie auf die Idee?
Vielleicht komme ich nicht so auf Ideen, sondern sie sind plötzlich da, manifestieren sich im Morgengrauen und plötzlich ist klar: So muss es sein. Die Geschichte des Klangwalds beginnt mit der Anfrage für eine Klangintervention an der Kulturlandsgemeinde Herisau. Und irgendwann war der Klangwald klingende Realität. Die Vorbereitung war riesig, der Klangwald nach zwei Tagen aber wieder abgebaut. Und mir war klar, dass das Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist. Deshalb entwickelte sich der Klangwald weiter. Im Zeughaus wird er jetzt als Klang- und Rauminstallation ausgestellt und als Instrument mit 384 Lautsprechern bespielt.
Wieviel Holz, Kabel und wie viele Lautsprecher haben Sie verbaut?
Es sind 384 Klangbäume. Ein Klangbaum besteht aus einem 220cm langen, 10cm breiten und 7mm dicken, Fichtenholz-Sperrholzstreifen. Darin ist ein 3W-Lautsprecher eingebaut. Am Schluss werden rund acht Kilometer Kabel verbaut sein. Dazu kommen 32 Verstärkerkanäle, eine speziell entwickelte 32*384-Kanal, Lautsprechersignal-Patchbay und eine selbst entwickelte Software, um das Ganze steuern zu können.
Wie werden alle diese Lautsprecher überhaupt gesteuert? Geben sie alle genau das Gleiche wieder? Oder ist das eine Art Multi-Dolby- Surround-System?
Vielleicht kann man es am besten mit einer Kirchenorgel vergleichen. Eine Orgel besteht aus einzelnen Pfeifen, die mit genug Abstand des Hörers einen Gesamtklang ergeben. Beim Klangwald haben wir 384 Lautsprecher, die mit 32 verschiedenen Signalen gefüttert werden können. Das Spezielle am Klangwald ist, dass man sich sozusagen in die Orgel begeben und den einzelnen Pfeifen zuhören kann. Der Klangwald wird während seiner viermonatigen Anwesenheit im Zeughaus auch zur Bühne.
Was für Musiker haben Sie eingeladen?
Die Idee ist, dass sich der Klangwald über die vier Monate mit neuen Klängen füllt. Goran Kovacevic macht mit dem Akkordeon den Anfang, Markus Bischof wird mit seinem Flügel zur «Neujahrs-Tat» der Lesegesellschaft den Klangwald verzaubern. Mit dem Jazzquartett Mørk kommt die junge Generation ins Zeughaus. Anahit Simonian, Pianistin und Komponistin aus Barcelona, improvisiert auf dem Flügel, und mit Christian Zehnder kommen der Atem und die Stimme in den Klangwald.
Sie selber tourten einst als Cellist mit den «dead brothers» durch ganz Europa. Was für musikalische Projekte beschäftigen Sie derzeit – abgesehen vom Klangwald?
Ich spiele seit 2015 auf einem für mich entwickelten und gebauten 6-saitigen Cello (ein «normales» Cello hat 4 Saiten). Dafür komponiere und übe ich, spiele im Trio «Formation 11» mit Töbi Tobler (Hackbrett) und Patrick Kessler (Kontrabass). Ausserdem komponiere und spiele ich Musik fürs Theater. Zuletzt in zwei Produktionen im Theater Konstanz.
Sie sind Teufner. Was bedeutet es für Sie, dass der Klangwald einen so prominenten Ausstellungsplatz im Zeughaus erhält?
Es ist ein wunderbares, wunderschönes Geschenk, dass der Klangwald im Zeughaus Teufen weiter reifen darf. Als Musiker ist man sehr oft unterwegs, und es ist ein grosses Privileg, dass ich die Möglichkeit habe, den Klangwald direkt vor der Haustür auszustellen. Wir selber wohnen im ehemaligen Wohnhaus von Ulrich Grubenmann. Vielleicht weht ja auch etwas Brückenbauergeist durch den Klangwald…
Zum Schluss noch ein paar Tipps an die Besucher: Wie nehme ich den Klangwald am besten wahr? Und darf ich ihn eigentlich betreten?
Am besten kommen Sie «gwundrig» und mit offenen Ohren! Selbstverständlich dürfen Sie durch den Wald spazieren, sich ihre Hörerfahrung erwandern, sich hinsetzen, weiterspazieren. Und wenn Sie vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen – etwas Abstand nehmen, zuhören, schauen und geniessen.