Im Graubereich der Fashion-Utopie

05.04.2023 | Nerina Keller
applied utopia 4

Nerina Keller

Vom 1. April bis am 4. Juni ist im Zeughaus «Applied Utopia» des Netzwerks NCCFN zu sehen. Die Installation dreht sich um Mode, Nachhaltigkeit, «Fast Fashion» und unser Kleider-Konsumverhalten. Es gibt aber nicht nur einiges zu sehen, sondern auch zu hören.

Beim Eingang der Ausstellung steht prominent ein Paar «Schlarpen». Grau, bunt bemalt mit den Logos vieler Modelabels. In einem Hauseingang zwischen anderen Schuhen liegend, würden sie nicht auffallen. Entdeckt wurden sie auf einem Markt in Kairo, als «Applied Utopia» bereits in der Planung war. «Kurz diskutierten wir die Idee, nur diese Schuhe zu zeigen», erklärt Lilia Glanzmann. Sie ist Co-Leiterin des Zeughauses. Die einsamen Schlarpen wären plakativ gewesen, ein Gegensatz zur Masse des Konsums, mit dem sich die Ausstellung kritisch auseinandersetzt. «Stattdessen ist es nun diese differenzierte Auseinandersetzung geworden», sagt sie und lädt zum Rundgang ein.

Preis mit sich selbst verhandeln

Der Raum ist bunt gestaltet. Beim Besuch der «Tüüfner Poscht» sind die Mitglieder von NCCFN dabei, der Installation den letzten Schliff zu geben. Themen der Ausstellung sind Kleidung, Mode, Nachhaltigkeit, Globalität. Und die Verantwortung, die jedes Individuum wortwörtlich «trägt» – denn Kleider brauchen alle. Darum ist trotz der vielen Farben, die Besuchende in den Raum locken, grau die Symbolfarbe von «Applied Utopia». Grau steht für die «shadiness», die Unklarheit, das Spannungsfeld, in dem sich Konsumenten bewegen.

Nina Jaun ist Teil von NCCFN. Die Modewelt kennt sie gut. Als gelernte Schneiderin und studierte Modedesignerin weiss sie, wie diese Branche funktioniert. «Ich habe gemerkt, dass ich diese Kultur nicht leben und mich damit nicht identifizieren kann.» Die Liebe zur Mode prägt ihr Schaffen trotzdem, aber mittlerweile auf ganz andere Weise. Sie erklärt, dass die Ausstellung dazu einladen möchte, über die eigene Haltung nachzudenken. Am spürbarsten soll das werden, wenn beim Kauf eines Kleidungsstücks von NCCFN der Preis selbst bestimmt werden kann. «Dann kommt keine Person an der Überlegung vorbei, wie viel ihr ein Kleidungsstück wert ist.»

Von Poloshirt zu Jupe

Das Netzwerk besteht aus Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen. Vielfältig sind auch die Interventionen des Kollektivs. Sie nähen nicht nur Kleider. Und wenn sie nähen, dann keine völlig neuen Stücke. Aus Kollektionen, die nicht mehr verkauft werden, kreieren sie Neues. Nina Jaun zeigt eins ihrer Teile und erklärt: «Hier haben wir einen Jupe aus einem Poloshirt gemacht. Auf beiden Seiten ist ein Stretch eingearbeitet, so passt er mehr Körpertypen.» Häufig arbeitet NCCFN mit grossen Modeunternehmen wie Adidas zusammen. Diese ziehen sie als beratende Instanz bei, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Nebst der Kleiderproduktion ist das Kollektiv auch künstlerisch tätig. Die Ausstellung im Zeughaus ist allerdings die erste grosse Einzelausstellung. «Das Ganze ist eine Art Resümee ihrer bisherigen Arbeit», sagt Lilia Glanzmann.

Die Gäste kommen mit dem Zug

Lilia Glanzmann und Nina Jaun freuen sich besonders auf die Konversationen zur Ausstellung. «Bewusst haben wir Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen eingeladen», erklärt Lilia Glanzmann. Es geht auch hier um Kompromissbereitschaft und den bewussten Entscheid dafür, dass es nicht nur eine Instanz gibt, die Bescheid weiss. «Alle Gäste kommen mit dem Zug», sagt Nina Jaun. Ein Teil der Ausstellung heisst «Global – Lokal» und thematisiert genau das. «Gerne hätten wir auch eine Frau eingeladen, die in Indien Kleider näht. Aber da wären wir nicht mehr ums Flugzeug herumgekommen.» Deswegen musste eine andere Lösung her. Nämlich die, die schon manche Distanzprobleme bezüglich Kommunikation lösen konnte: Sie wird einfach per Zoom nach Teufen geholt und kann ihr Erleben schildern. «Hinter all dem, hinter jedem Shirt, stehen Menschen. Das wollen wir greifbar machen.»

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