Alexandra Grüter-AxthammerRuth Gerner pflegt seit 27 Jahren die Schulanlage in Niederteufen. Bis vor sieben Jahren gemeinsam mit ihrem Ehemann Ruedi Gerner. Das Schulgelände ist Teil ihrer Familiengeschichte. Im Gespräch verrät sie uns, warum sie im Roten Schulhaus nicht gereinigt hat.
Es ist kurz vor Schulbeginn an einem Nachmittag im Mai. Noch ist es ruhig im renovierten Blauen Schulhaus in Niederteufen. Hier sorgt Ruth Gerner seit 27 Jahren für saubere Klassenzimmer und Toiletten. Mindestens so wichtig ist ihr der persönliche Kontakt zu den Kindern. Täglich vor Schulbeginn begrüsst sie die Unterstufenkinder an der Eingangstüre. 25 Jahre lang gab man sich die Hand; seit Corona wird per Fussschlag gegrüsst. Die Begrüssung ist zur Tradition geworden. Wenn die Schulglocke ertönt, reihen sich die Schülerinnen und Schüler ein und begrüssen Ruth Gerner persönlich: «Grüezi Frau Gerner.» Der Halt an der Eingangstüre bremst die Kinderschar ab. «So kommen sie etwas ruhiger ins Schulhaus.» Vor sieben Jahren ist das Ehepaar Gerner von der Schulhauswartwohnung ins Elternhaus von Ruedi Gerner in die Gählern gezogen. Ruth Gerner arbeitet rund sechzig Prozent an der Schule. Trotzdem steht sie täglich zu Schulbeginn an der Eingangstüre, bevor sie sich um die Sauberkeit im und ums Schulhaus kümmert.
Ein Traumzuhause
Aufgewachsen ist Ruth Gerner auf einem Bauernhof in der Hauteten, Lustmühle. Nach der Schulzeit arbeitete sie zwei Jahre in Uzwil in einem Haushalt mit vier Kindern und einer Metzgerei. Danach absolvierte sie in St. Gallen die Ausbildung zur Datatypistin bei der SBB. «Es war damals ein aktueller Beruf und wir haben mehrheitlich Frachtbriefe für die Bahn geschrieben. Ich mochte die Arbeit sehr.» Nach der Ausbildung blieb sie rund 10 Jahre im Betrieb und stieg zur Teamleiterin auf. «Ich fuhr gerne nach St. Gallen zur Arbeit und ich hatte tolle Kolleginnen.» Ihr Ehemann Ruedi Gerner wuchs auch in Teufen auf, aber in der Gählern. «Das war weit weg von der Lustmühle. Ausserdem ist er sieben Jahre älter als ich, so lernten wir uns erst kennen, als wir erwachsen waren.» Bis ihr erstes Kind, Miriam, auf die Welt kam, arbeitete Ruth Gerner bei der SBB in St. Gallen. 1995 bezog das Ehepaar Gerner gemeinsam mit den beiden Kindern, Miriam und Andreas, die Schulhauswart-Wohnung im Roten Schulhaus. «Das Leben hier auf dem Schulareal hatte viele Vorteile. Unsere Kinder hatten das ganze Schulareal zum Spielen, wie auch den Sportplatz – es war ein Traum hier.» Einige Arbeiten auf dem Gelände und in den Schulhäusern hätte die Familie auch früh morgens oder am Abend erledigen können. «Die Zeiteinteilung war sehr frei.» So habe Ruedi Gerner bereits frühmorgens begonnen mit den Unterhaltsarbeiten oder im Winter mit der Schneeräumung. Danach habe die Familie gemeinsam gefrühstückt. Wenn die Kinder in der Schule waren, kümmerten sich beide Eltern um die Schulhäuser und die Umgebung. «Allerdings haben Ruedi und ich stets darauf geachtet, dass wir während den Schulpausen, wenn die Kinder draussen spielten, nicht auf dem Schulhausplatz arbeiteten.» Wer als Ehepaar rund um die Uhr zusammen ist und den Arbeitsalltag teilt, weiss auch, dass es Situationen gibt, in denen man besser getrennt arbeitet. «Wir haben nie miteinander geputzt, das musste nicht sein», sagt Ruth Gerner bestimmt und auch gelassen. Darum habe Ruedi Gerner sich um das Rote Schulhaus gekümmert und sie seit jeher um das Blaue. Es habe auch Zeiten gegeben, in denen Schulkinder an der Wohnungstüre klingelten, weil sie die Schulsachen vergessen hatten. Das sei aber nicht wirklich ein Problem gewesen. Schwieriger sei es gewesen, wenn Jugendliche sich irgendwo auf dem Gelände trafen und Alkohol tranken, Flaschen zerschlugen oder Sachen beschädigten. «Das waren halt immer so Phasen. Die kamen und gingen auch wieder vorbei. Im Moment ist es angenehm ruhig.»
Bewegung und freie Zeit
Ruth Gerner ist kein Vereinsmensch. Weder musiziert sie, noch besucht sie einen Sportverein, aber sie ist gerne in Bewegung und das sieht man ihr auch an. Im Winter fährt sie Ski und im Sommer ist sie gerne mit dem Velo unterwegs. Weite Reisen braucht sie nicht unbedingt. Lieber verbringt sie die Zeit beim Wandern oder am Bodensee. Zuhause pflegen die Gerners einen grossen Garten mit Obstbäumen, Beeren, Gemüse und eigenen Bienen. «Den grünen Daumen habe ich von meinen Eltern geerbt und vieles mitbekommen in meiner Kindheit auf dem Bauernhof.» Wenn sie im Sommer pensioniert wird, freut sie sich vor allem auf mehr Zeit. «Nicht mehr zu einem bestimmten Termin irgendwo sein, darauf freue ich mich.» Vermissen werde sie aber sicherlich das gesamte Schulteam und natürlich die Kinder des Blauen Schulhauses.