Sabrina Huber mit einem AB-Erinnerungsstück: Ein Zahnrad-Stück des ehemaligen Trasse. Foto: tiz
Timo ZüstSabrina Huber ist die Frau, die auf alle Medien-Anfragen zu den neuen Tango-Zügen, dem Ruckhaldetunnel oder der Ortsdurchfahrt Teufen eine Antwort weiss. Diesen Freitag hat die Mediensprecherin der Appenzeller Bahnen (AB) nun ihren letzten Arbeitstag. Die TP hat die Chance genutzt und ihr noch einmal ein paar Fragen gestellt.Frau Huber, wann ist man eine gute Mediensprecherin?
Die Verfügbarkeit ist sicher wichtig. Es reicht nicht, wenn man montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr erreichbar ist. Insbesondere in unserem Unternehmen kann immer etwas passieren. Auch am Samstag oder Sonntag. Damit muss ich als Mediensprecherin umgehen können.
Immer auf Abruf. Das klingt belastend.
Naja, es passiert ja zum Glück selten etwas. Man darf sich von der Möglichkeit, dass etwas passieren könnte, einfach nicht stressen lassen.
Aber Sie können schon auch Mal in den Urlaub, oder?
Natürlich (lacht). Wir haben einen internen Führungsstab für Krisenfälle. Darin wird auch sichergestellt, dass es eine funktionierende Stellvertreterregelung gibt. Aber es ist natürlich so, dass ich als Mitglied der Geschäftsleitung und Kommunikationsverantwortliche eine etwas höhere Verfügbarkeit habe. Aber wenn man sich mit dem Unternehmen voll identifiziert, ist das keine Belastung.
Sondern?
Eine Möglichkeit, sehr viel zu lernen und eine spannende Aufgabe zu haben. Ich habe in den vergangenen Jahren hier bei den AB sehr viel technisches Hintergrundwissen angeeignet. Aber auch sehr viel über Kommunikation und die Medienarbeit gelernt. Theorie und Praxis sind zwei Paar Schuhe!
Was sind denn die häufigsten Anfragen der Medien? Lässt sich das thematisch benennen?
Kaum, das ist wirklich sehr unterschiedlich und häng meist mit einer Aktualität zusammen. Aber es gibt natürlich Themen, die immer Aufmerksamkeit generieren. Zum Beispiel der Fahrplanwechsel oder Baustellen auf unserem Streckennetz. Auch passiert es oft, dass nationale Themen auf uns Regionalbahnen heruntergebrochen werden.
Ich finde im Internet Ihren Kontakt – inklusive Handynummer. Kommt es eigentlich auch vor, dass sich Privatpersonen bei Ihnen melden?
Das ist wirklich extrem selten. Ich vermute, das hängt damit zusammen, dass die Menschen im Appenzellerland sehr anständig sind!
Sie müssen also Ihre Handynummer nach ihrem letzten Arbeitstag am Freitag nicht ändern?
Nein, ich denke nicht (lacht).
Die externe Kommunikation ist nur ein Teil Ihrer Arbeit. Was für einen prozentualen Anteil nimmt sie ungefähr ein?
Im letzten Jahr war der Anteil sehr gross. Das hat einerseits mit der intensiven Bautätigkeit zu tun. Andererseits mit der proaktiven Kommunikationsstrategie, für die sich die AB entschieden haben. Der Anteil lag 2018 wohl bei rund 25 Prozent. Normal wären wohl eher 10 bis 20 Prozent.
Proaktive Strategie?
Ja, wir sind oft von uns aus auf die Medien zugegangen. Wenn beispielsweise eine spannende Bautätigkeit begann oder ein Meilenstein wie die erste Durchfahrt des Ruckhaldetunnels anstand.
Das sind positive Beispiele. Sie mussten aber auch oft auf Kritik reagieren. Insbesondere in Teufen ist die Sache wegen der anstehenden Grossprojekte oft etwas kompliziert. Läuft es ihnen heute schon kalt den Rücken herunter, wenn Sie Teufen hören?
Nein. So etwas muss man objektiv betrachten können. Natürlich: Die aktuelle Situation in Teufen ist eine Herausforderung. Aber als Kommunikationsverantwortliche darf ich Kritik an meinem Unternehmen nicht persönlich nehmen. Mir ist immer bewusst, dass es mehrere Perspektiven gibt.
Und machten Sie sich bei heiklen Anfragen nie Sorgen, etwas Falsches zu sagen?
Nein. Ich weisss, dass bei uns im Hintergrund ein riesiges Fachwissen vorhanden ist. Das gab mir immer die Sicherheit zu wissen, dass ich in nützlicher Frist eine umfassende Antwort geben kann.
Gab es nie eine Medienanfrage, die sie «genervt» hat?
Naja, da war Mal dieses Leservideo von «20 Minuten». Darauf war ein Blech zu sehen, das sich aufgrund der Schneemassen von Zug gelöst hatte. Darum wurde dann unnötig viel Wirbel gemacht. Denn als der Artikel erschien, war der Zug schon lange in der Werkstatt. Aber: Ich las danach die Kommentarspalte und das hat gutgetan.
Echt? Gutgetan? Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich die Kommentarspalte antun …
Das ist auch nicht immer eine gut Idee (lacht). Aber in diesem Fall hat es geholfen. Viele Kommentare gingen in die Richtung: «Hab ihr nichts Wichtigeres zu berichten?». Übrigens: Ich verfolge auch die Kommentare auf tposcht.ch. Kommentare und Leserbriefe zu verfolgen, ist Teil meiner Arbeit. Sie helfen mir, ein Stimmungsbild zu erhalten.
Viele unserer Leserinnen und Leser kennen Ihren Namen. Auch deshalb, weil Sie oft als eine Art «Schild» für den Direktor Thomas Baumgartner fungieren. Wie eng ist die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit in der ganzen GL funktioniert sehr gut. Die Kommunikation – ob intern oder extern – ist in den AB in den letzten Jahren zu einer festen Grösse in der GL geworden. Das macht meine Arbeit angenehmer und effizienter. Aber am intensivsten arbeite ich schon mit dem Direktor zusammen, ja.
Ist es einfach einzuschätzen, wann Sie eine Anfrage direkt beantworten können und wann Sie sie an Herr Baumgartner weitergeben müssen?
Mit der Zeit entwickelt man dafür ein sehr gutes «Gspüri». Einige Themen sind klar Chefsache. Dennoch habe ich in den vergangenen Jahren auch selbst ein solides Fachwissen über unser Unternehmen aufgebaut. Das hilft sehr.
Sei sagten vorher noch etwas Wichtiges: Proaktive Kommunikation. Nun beinhaltet Transparenz ja auch Risiken. Kommuniziert man als Unternehmen immer sofort, kann man auch mal falsch liegen. Wie bei den Kostenschätzungen der ODT Teufen oder dem Baubeginn bei Bahnhof Teufen. Da musste sich die AB mehrmals korrigieren. Sind Sie auch heute noch für Transparenz?
Grundsätzlich finde ich Transparenz absolut wichtig und richtig. Aber ich muss auch sagen, dass ich in den vergangenen Jahren viel Erfahrung gesammelt habe. Und im Nachhinein ist man immer klüger. Insbesondere der Zeitpunkt einer Information ist immer entscheidend.
Was haben Sie gelernt?
Man darf nie unterschätzen, was für eine Dynamik eine Information entwickeln kann. Oft kommt so etwas auch vollkommen unerwartet. Man muss lernen, zu erahnen, was eine Information für Folgen haben kann. Und gleichzeitig für das Nicht-Vorhersehbare bereit sein. Das muss man mögen! Mir persönlich macht das Spass.
Dieser Freitag ist nun Ihr letzter Arbeitstag bei den AB. Hand aufs Herz: Es ist doch sicher eine Genugtuung, dass Sie den Baubeginn am Bahnhof Teufen noch erleben durften, oder?
Auf jeden Fall! Ich habe schon vor einem halben Jahr gesagt, dass ich das unbedingt noch erleben will.
Und wo geht es nun hin?
Ich werde einige Monate in Vancouver (CA) verbringen, dort mein Business-English vertiefen und eine neue Stadt mit neuen Menschen kennenlernen. Was ist danach mache, weiss ich noch nicht.
Ich wünsche ganz viel Spass! Möchten Sie noch etwas anfügen?
Ich habe sehr gerne für die Appenzeller Bahnen gearbeitet. Die umfassende Modernisierungsphase hat mich geprägt und erfüllt mich auch mit etwas Stolz. Wir dürfen uns sehen lassen und bieten unseren Fahrgästen ein echt tolles Produkt an. Ich kann auch voller Überzeugung sagen, dass ich persönlich immer zu 100 Prozent hinter unseren Botschaften stehen konnte.
Aus Ihnen wird in ein paar Wochen also keine AB-Whistleblowerin?
Haha nein, definitiv nicht.
Zur Person
Die 35-jährige Sabrina Huber hatte ursprünglich in Samedan (GR) an der Höheren Fachschule für Tourismus Graubünden (HFT) Tourismus und Marketing studiert. Durch ein Praktikum bei der Säntis-Schwebebahn lernte sie den damaligen Verwaltungsratspräsidenten Hans Höhener kennen. Aufgrund dieses Kontakts war sie später auch in die Gründung und den Aufbau der Sportschule Appenzellerland involviert. Dieses Engagement ging über ihre Studiums-Zeit hinaus, die im Jahr 2007 endete. Im Jahr 2009 wechselte sie in die Marketing-Abteilung des St. Galler Tagblatts. Seit Februar 2013 arbeitet sie nun als Leiterin Marketing und Verkauf bei der Appenzeller Bahnen AG. Seit Dezember 2017 verantwortet sie in dieser Position auch die interne und externe Kommunikation.