Lisa Tralci*
Vor zehn Jahren war sie eine von drei Gründerinnen des Hospizdienstes St.Gallen. Ihre vielfältigen Erfahrungen hat Gilly Horber beim Forum Palliative Care Teufen einfliessen lassen und den Hospizdienst Teufen mitbegründet.
«Ich habe meine soziale Einstellung mit der Muttermilch aufgesogen», sagt die im Tessin aufgewachsene und seit über dreissig Jahren in Teufen lebende Gilly Horber. Gilly heisst eigentlich Eleonora, doch das ist eine andere Geschichte.
Die Frau mit den wachen Augen wirkt offen, zugewandt und lebendig. Die an Gesellschaftsfragen Interessierte hat im aktiven Berufsleben ihr Engagement beim Schweizerischen Roten Kreuz St.Gallen stetig ausgeweitet. «Ich sah und spürte, was in der Betreuung oder Begleitung von kranken und sterbenden Menschen fehlte und suchte Lösungen.»
Ihr Hintergrund aus kaufmännischer, sozialer und pflegerischer Ausbildung zusammen mit den Lebenserfahrungen war ein guter Nährboden, aus dem langfristige, freiwillige Angebote wuchsen. Ein Glücksfall für das Forum Palliative Care Teufen, dass die inzwischen pensionierte Frau aktiv mitgeholfen hat, den Hospizdienst Teufen ins Leben zu rufen.
Freiwilligenarbeit ist nicht kostenlos
«Ein Hospizdienst, der funktionieren soll, benötigt eine Infrastruktur. Dazu gehören ein Büro und eine professionelle, bezahlte Einsatzleitung, regelmässige Schulungen, Weiterbildung und Supervision. Das kostet Geld!»
Die Erfahrungen, die Gilly Horber in St.Gallen gemacht hat, waren für die Teufner Gruppe zeit- und ressourcenschonend und sie führen neu zu einer Zusammenarbeit mit dem Hospizdienst St.Gallen.
«Die Gemeinde Teufen hat ein Label für Kinderfreundlichkeit. Toll wäre, wenn auch das Engagement für ein umsorgtes Sterben selbstverständlich würde, was auch finanzielle Mittel bedingt.»
«Zuhören können, ruhig da sein, das Gegenüber in seiner Eigenart respektieren und Zuwendung schenken, sind wichtige Fähigkeiten einer Begleitperson.»
Sie selbst aktiviert ihr grosses Beziehungsnetz, um organisatorisch zu wirken oder Geld zu sammeln. Professionell betteln, nennt sie es.
Freiwilligenarbeit ist der Teufnerin sehr wichtig. Sie arbeitet aktiv mit in der Kerngruppe der IG Freiwilligenarbeit, in der die Hospizdienste aus den Kantonen SG, AR, AI und dem Fürstentum Liechtenstein zusammenarbeiten. «Wer etwas gibt, traut sich auch eher, etwas zu nehmen. Da kommt etwas ins Fliessen, das wertvoller ist als Geld. Der Hospizdienst soll allen Menschen zugutekommen.»
Die Frauen, die Begleitungen machen, kommen aus allen Schichten, sind jünger oder älter. Ihnen gemeinsam ist, dass sie dem Thema Vergänglichkeit nahe sind, aus welchen Gründen auch immer.
«Zuhören können, ruhig da sein, das Gegenüber in seiner Eigenart respektieren und Zuwendung schenken», nennt Gilly Horber als wichtige Fähigkeiten einer Begleitperson.
Auch die Begleiterinnen brauchen Betreuung Die Begleiterinnen seien allesamt Menschen mit einer warmen, zugewandten Ausstrahlung. Nach einem Einsatz bei kranken und sterbenden Menschen erfolgt immer eine Nachfrage durch die Einsatzleiterin. «Die seelische Gesundheit unserer Begleiterinnen ist kostbar und wir wollen ihnen Sorge tragen. Viele haben eigene Familien und alle entscheiden immer selbst, ob und wie viele Einsätze sie leisten wollen.»
Es sind bisher nur wenige Männer, die sich für eine Mitarbeit beim Hospizdienst melden. Doch Gilly Horber sieht, dass sich jüngere Männer zunehmend sozial engagieren und familienbezogener sind. «Eine neue Ära ist angebrochen und das freut mich sehr. Die Gesellschaft ändert sich. Auch das Thema Sterben und Tod wird nicht mehr so verdrängt.»
Die grosse Dankbarkeit von sterbenden Menschen und ihren Angehörigen und das Gefühl, einem Menschen etwas Gutes geschenkt zu haben, bereichern das Leben der Begleiterinnen.
Gilly Horber macht selber keine Begleitungen von Sterbenden mehr. «Früher ergaben sie sich oftmals im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeiten, doch heute würden sie mir zu nahe gehen.»
Die lange und intensive Konfrontation mit dem Thema Sterben hat bei Gilly Horber dazu geführt, dass sie menschliche Begegnungen nicht aufschiebt. «Wer weiss, plötzlich ist es zu spät! Lieber jetzt zwei Stunden investieren, als später zwei Stunden weinen!»
*Lisa Tralci ist freie Autorin und lebt seit 3 Jahren in Teufen.